Schwierige Bargeldbeschaffung Wenn Geldautomaten verschwinden
Weniger Filialen, weniger Geldautomaten: Das Abheben von Bargeld ist gerade auf dem Land schwieriger geworden und teils mit langen Wegen verbunden. Denn nicht allen bieten sich nahe Alternativen zum Geldautomaten.
Es gab Zeiten, in denen es in so gut wie jedem noch so kleinen Ort in Deutschland eine Bankfiliale gab. Doch der Weg zum nächsten Schalter wird für viele Menschen immer länger. Gerade im ländlichen Raum sind selbst Geldautomaten nicht mehr überall zu finden.
"Wir bemerken durch das, was die Verbraucher uns berichten, dass es weniger Bankautomaten gibt", sagt Katharina Lawrence von der Verbraucherzentrale Hessen im Gespräch mit tagesschau.de. "Der Trend geht dahin, dass neben Filialen auch einige Geldautomaten verschwinden", meint auch David Riechmann, Referent für Bank- und Kapitalmarktrecht bei Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Filialsterben geht weiter
Durch die Schließung vieler Filialen fallen neben der persönlichen Beratung bei Bankgeschäften auch immer mehr Automaten weg, an denen Geld abgehoben, eingezahlt oder teils auch überwiesen werden kann. Nach Angaben des Bankenverbands und der Deutschen Bundesbank schrumpfte die Zahl der Geldautomaten deutscher Zahlungsdienstleister im Jahr 2020 auf 56.868. Das bedeutet, dass innerhalb von zwölf Monaten etwa 1500 Geldautomaten verschwanden, nachdem sich die Zahl zuvor jahrelang mit geringen Schwankungen zwischen 58.000 und 59.000 Automaten bewegte.
Häufiger noch als die Automaten werden ganze Filialen geschlossen. Das zeigen unter anderem die Pläne der Branchenriesen hierzulande: Fast die Hälfte ihrer Zweigstellen will die Commerzbank bis Ende 2022 dicht machen, beim größten Geldhaus Deutsche Bank sind es rund 100. Auch bei der Postbank stehen derzeit jährlich 50 Filialen vor dem Aus, die Standorte der Sparkassen und Landesbanken hatten sich bereits 2020 um 679 verringert.
Ende des vergangenen Jahres zählte die Deutsche Bundesbank insgesamt 24.100 Bank- oder Sparkassenfilialen. Vor 15 Jahren waren es noch doppelt so viele. Allein im vergangenen Jahr betrug der Rückgang 9,6 Prozent. Und der Trend könnte weitergehen: Die Beratungsfirma Investors Marketing rechnet damit, dass die Zahl der Niederlassungen bis 2025 um ein weiteres Drittel auf 16.000 sinkt.
Veränderte Bedürfnisse der Kunden?
Diese Entwicklung hat insbesondere zwei Gründe. Zum einen mussten die Banken aufgrund der niedrigen Profitabilität und hohen Konkurrenz durch neue Anbieter von Finanzdienstleistungen auf Sparkurs gehen. Auf der anderen Seite konzentrieren sie sich stärker auf die Digitalisierung. Denn viele Filialen werden laut Branchenvertretern kaum noch besucht.
Eine Umfrage des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) bestätigt den Eindruck, der sich durch die Corona-Krise offenbar noch verstärkt hat: Wer die Filiale aufsucht, tut das oft nur noch, um einen Geldautomaten oder Kontoauszugsdrucker anzusteuern. Doch vor allem ältere Menschen haben weiterhin ein hohes Misstrauen gegenüber Online-Banking. Weniger als die Hälfte der Befragten über 60 Jahren hält es demnach für sicher oder sehr sicher.
Alltägliche Bargeldversorgung noch nicht gefährdet
"Viele Menschen wollen noch die persönliche Beratung haben oder ihr Geld vor Ort verwalten. Das wird natürlich durch die Filialschließungen schwieriger", erklärt Experte Riechmann von der Verbraucherzentrale NRW gegenüber tagesschau.de. Das treffe besonders die ältere Generation, die nicht so mobil und weniger technikaffin ist. Jüngere, die zum Teil lediglich zur Kontoeröffnung eine Filiale betreten, seien davon kaum bis gar nicht betroffen.
Dennoch seien fehlende Automaten oder Gebäude nicht nur für Senioren ein Problem, sagt Referentin Lawrence. "Für jeden, der noch mit Bargeld einkaufen gehen will, ist das einfach ärgerlich." Viele Menschen besuchten zum Beispiel Wochenmärkte, wo oft keine EC-Karten genutzt werden können. "Jeder Bankautomat, der wegfällt, ist für diejenigen, die dort vorher hingegangen sind, ein Verlust."
"Für den einzelnen Kunden ist die Ausdünnung der Filialnetze erst einmal eine Einschränkung", betont auch Riechmann. "Wenn man eine halbe Stunde Bus fahren muss zur nächsten Bank oder zum nächsten Geldautomaten, ist das unpraktisch." Eine Gefährdung der Bargeldversorgung für den alltäglichen Bedarf befürchtet der Rechtsanwalt dagegen derzeit noch nicht. Denn es gebe Alternativen - wie etwa Busse, die für ein paar Tage auf Marktplätzen stehen und auch persönliche Beratung anbieten.
Bankwechsel kann sinnvoll sein
Dazu kommt das sogenannte Cash-Back, das mittlerweile fast alle Supermärkte, Drogerien wie Rossmann oder dm sowie Shell-Tankstellen anbieten. An der Ladenkasse können die Kunden den Mitarbeitern ab einem Mindesteinkaufswert die gewünschte Summe nennen und der Betrag wird gemeinsam abgerechnet und ausgezahlt.
Die Zahl der Verbraucher, die sich beim Einkaufen mit Bargeld versorgen, ist zuletzt sprunghaft gestiegen, wie eine Umfrage im Auftrag der Postbank zeigt. Während 2019 noch jeder vierte Deutsche (27 Prozent) an der Kasse Geld abhob, nutzen heute bereits 41 Prozent gelegentlich oder regelmäßig diesen Service.
Doch es gibt auch Verbesserungsbedarf. So gebe es auf dem Land nicht immer einen Supermarkt, so Lawrence. Und man wolle nicht immer für ein Eis auf die Hand in einer langen Schlange stehen, um an Bargeld zu kommen.
Im letzten Schritt könnten die Verbraucher nach Ansicht von Riechmann auch darüber nachdenken, ihre Bank zu wechseln. "Wenn die Filiale vor Ort schließt, ist ein Bankwechsel manchmal die beste Option", sagt der Verbraucherschützer. Das Konto zu wechseln, sei inklusive Preisvergleich zwar zunächst ein gewisser Aufwand, aber die Kunden müssten sich nicht mehr ärgern - über hohe Kontoführungsgebühren oder die nächste geschlossene Filiale vor der Haustür.