Nach Quartalszahlen Wohin geht es für Deutschlands Autokonzerne?
Die deutschen Autobauer sind erfolgreich in das laufende Jahr gestartet. Während VW wegen der unsicheren Konjunktur seine Absatzprognose für das zweite Halbjahr senkt, blickt Mercedes optimistischer in die Zukunft.
Erfreuliche Signale von den deutschen Autobauern: Sowohl VW als auch Mercedes haben im ersten Halbjahr mehr verdient. Allerdings blicken die Stuttgarter deutlich optimistischer in die Zukunft als die Wolfsburger.
Denn VW senkte angesichts des mauen Wirtschaftsumfelds die Absatzziele. Statt wie bisher 9,5 Millionen Fahrzeuge geht VW davon aus, in diesem Jahr neun bis 9,5 Millionen ausliefern zu können. Volkswagen habe in der ersten Jahreshälfte ein solides Ergebnis erzielt und wichtige Schritte unternommen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, erklärte Finanzvorstand Arno Antlitz. "Wir konzentrieren uns in der zweiten Jahreshälfte nun auf die Verbesserung des Netto-Cashflows", fügte er hinzu.
Starke Konkurrenz aus China
Dabei lief es zuletzt gut für Deutschlands größten Autobauer: Im zweiten Quartal hatte der Konzern weltweit 2,3 Millionen Fahrzeuge verkauft. Das entspricht einem Plus von 18 Prozent - und das trotz der starken Konkurrenz aus China und den schleppenden Verkäufen von Elektroautos. Doch das deutliche Plus ist vor allem auf den Abbau der Aufträge des vergangenen Jahres zurückzuführen. Zu Beginn des Jahres waren die Bestellung bei VW deutlich eingebrochen.
Besonders auf dem europäischen Markt für Elektroautos sieht Oliver Blume, Vorstandschef von Volkswagen, insgesamt eine schwächere Entwicklung. Auch wenn wegen gekürzter Förderungen im europäischen Geschäft eine gewisse Abkühlung bei der Elektronachfrage zu verspüren gewesen sei, habe der Konzern seit Mai wieder eine Belebung bei den Bestellungen erfahren. Blume erwartet, dass sich die Lieferzeiten in dem Segment weiter verkürzen.
Kooperation mit Xpeng
Um sein schwächelndes Geschäft mit Elektrofahrzeugen anzukurbeln, will der Wolfsburger Autohersteller Elektromodelle für China gemeinsam mit dem chinesischen Hersteller Xpeng entwickeln. VW hatte am Mittwoch angekündigt, knapp fünf Prozent an Xpeng für 700 Millionen US-Dollar zu erwerben.
Gemeinsam mit Xpeng will Volkswagen zwei elektrische Mittelklasse-Modelle entwickeln. Sie sollen 2026 auf den chinesischen Markt kommen. Zu Jahresbeginn musste die Kernmarke VW ihre Marktführerschaft in China nach 40 Jahren an den chinesischen Konkurrenten BYD abgeben. Xpeng gehört in China zu den kleineren Herstellern und rangierte laut Branchenverband CPCA im ersten Quartal bei E-Autos auf Rang zwölf hinter Nio.
Finanzziele bestätigt
Die Finanzziele bestätigte VW indessen: Der Jahresumsatz soll nach wie vor um zehn bis 15 Prozent auf 307 bis 321 Milliarden Euro steigen. Die operative Gewinnmarge soll bei 7,5 bis 8,5 Prozent bleiben. Hier sollen sich im zweiten Halbjahr die Sparmaßnahmen bei den Volumenmarken bemerkbar machen. Der operative Gewinn von VW stieg um fast ein Viertel auf 5,6 Milliarden Euro. Der Umsatz legte um 15,2 Prozent auf 80 Milliarden zu.
An der Börse kamen die Zahlen und Prognosen von Volkswagen verhalten an. Die Aktie gehört am Morgen zu den größten Verlierern. Seit Jahresbeginn hat sie lediglich um gut zwei Prozent zugelegt.
Mercedes gibt sich optimistisch
Auch Mercedes kämpft mit der chinesischen Konkurrenz, doch Vorstandschef Ola Källenius gab sich gelassen: Mercedes-Benz müsse sich weder beim Antrieb noch bei den digitalen Angeboten hinter der Konkurrenz verstecken. In Europa komme es beim Übergang zu Elektroautos jetzt auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur an. Denn die Phase der Pionierkäufer sei vorüber, jetzt gelte es, die Masse der Käufer zu gewinnen.
Auch in China will Mercedes vom wachsenden E-Automarkt profitieren. Marktanteile sollen jedoch nicht mit hohen Rabatten erkauft werden, bekräftigte Källenius. Zudem plant man bei Mercedes einen Technologiesprung bei elektrischen Antrieben und Software: In den kommenden Jahren werde der elektrische Antrieb "von A bis Z" überholt, alles "neu, neu, neu". Einen Vorgeschmack soll es zur IAA im Herbst geben.
Fokus auf Luxus und höhere Preise
Im laufenden Jahr konnte der Konzern bereits von gestiegenen Verkaufszahlen, höheren Preisen und seiner Fokussierung auf das Luxus-Segment profitieren. Denn im Premiumsegment sei der Konkurrenzkampf bisher nicht so hart wie im Volumensegment. Mercedes hob seine Prognose für das Gesamtjahr nach einem kräftigen Gewinnanstieg im zweiten Quartal an und erwartet für 2023 ein bereinigtes operatives Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahres von gut 20 Milliarden Euro und nicht mehr etwas weniger, wie bisher kommuniziert.
Dank der Van-Sparte stieg der Umsatz um fünf Prozent auf 38,2 Milliarden Euro bei sechs Prozent mehr Auslieferungen. Der Konzerngewinn wuchs um 14 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro. "Das Finanzergebnis ist in erster Linie auf nachhaltiges Wachstum durch den Absatz begehrenswerter Pkw und Premium-Vans zurückzuführen, verbunden mit einer strikten Kostenkontrolle", erklärte Mercedes. Im kommenden Jahr dürften die Verkäufe nicht unterhalb des Niveaus von 2023 liegen, sagte Finanzvorstand Harald Wilhelm in einer Telefonkonferenz, vor allem, weil neue Modelle auf den Markt kommen.
Vertrag von Källenius vorzeitig um fünf Jahre verlängert
Der Aufsichtsrat verlängerte den Vertrag von Mercedes-Chef Källenius vorzeitig um fünf Jahre bis Mai 2029. "Ola Källenius hat Mercedes-Benz für die Zukunft sehr gut aufgestellt", begründete Aufsichtsratschef Bernd Pischetsrieder. Der Konzern sei "fokussierter, resilienter und effizienter." Der derzeitige Vertrag wäre im Mai nächsten Jahres ausgelaufen. Der Aufsichtsrat verlängerte außerdem den Vertrag von Technikvorstand Markus Schäfer bis Mai 2026.
An der Börse reagieren Anleger allerdings verhalten auf den optimistischen Ausblick des Konzerns. Mercedes-Aktien legen moderat zu, sie sind in diesem Jahr allerdings bereits um rund zehn Prozent teurer geworden. RoboMarkets-Stratege Jürgen Molnar zog ein positives Fazit mit Blick auf die Bilanzen: Mit den deutschen Autobauern gehe es wieder bergauf, konstatierte der Analyst. Allerdings hinkten die Aktienkurse den guten Nachrichten hinterher. "Die Anleger scheinen dem Braten noch nicht ganz zu trauen."