VW-Chef Blume bei der Jahrespressekonferenz
analyse

Elektro-Geschäft eingebrochen Warum VW bei E-Autos hinterherhinkt

Stand: 13.03.2024 16:23 Uhr

Der Volkswagen-Konzern hat im vergangenen Jahr rund 770.000 E-Autos verkauft, so viele wie nie zuvor. Aktuell steckt die Elektromobilität allerdings in der Krise. VW fordert Hilfe vom Staat.

Die Zahlen, die Volkswagen heute vorgestellt hat, zeigen es - VW muss weiterhin den Spagat schaffen: Die Verbrennermodelle "pflegen", wie es Finanzvorstand Arno Antlitz formuliert - und parallel dazu die Elektromobilität hochfahren.

Bisher ist das weitgehend gelungen, der Autobauer aus Wolfsburg hat im vergangenen Jahr vor allem Dank seiner Verbrenner gut verdient - unter dem Strich blieben knapp 18 Milliarden Euro Gewinn. Gleichzeitig hat VW so viele Elektroautos verkauft wie nie zuvor. Aktuell allerdings ist der Absatz von E-Autos eingebrochen.

VW fordert Unterstützung von der Politik

Im NDR-Interview fordert Konzernchef Oliver Blume daher eine "vielseitige Unterstützung" von Seiten der Politik: "Das sind verbindliche Regelungen, das sind angemessene CO2-Ziele, das ist Unterstützung der Ladeinfrastruktur. Und das sind auch Förderungen gerade im niedrigen Preissegment, um den Anreiz für Elektromobilität zu erhöhen."

Verbrenner schlägt E-Auto: E-Krise bei VW

Hilke Janssen, NDR, tagesthemen, 13.03.2024 22:15 Uhr

Eine solche Förderung gab es, sie wurde allerdings von der Bundesregierung Ende des Jahres relativ abrupt beendet. Die Nachfrage nach E-Autos ging daraufhin massiv zurück. Die Folge: In Zwickau und Emden - den Werken, die bereits auf Elektromobilität umgerüstet wurden - herrscht Flaute. Schichten wurden gestrichen, Besserung ist zumindest kurzfristig nicht in Sicht. Anderen Herstellern ergeht es ähnlich.

"Prämien verderben das Geschäft"

Und das, obwohl der Elektromobilität doch die Zukunft gehören soll. Automobilexperten sagen, die Bundesregierung habe mit ihrer E-Auto-Prämie den Absatz zunächst befeuert - und ihn dann durch das kurzfristige Ende der Förderung einbrechen lassen. "Die politischen Rahmenbedingungen in Deutschland sind gerade nicht so positiv", formuliert es Helena Wisbert, Professorin für Automobilwirtschaft an der Ostfalia Hochschule in Wolfsburg, vorsichtig.

"Die Kunden sind verunsichert", resümiert Felix Kuhnert von der Beratungsgesellschaft PwC. Frank Schwope, Lehrbeauftragter für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands in Hannover, wird noch deutlicher: "Prämien verderben das Geschäft. Sie kurbeln die Nachfrage erst an und lassen sie dann einbrechen."

Günstiges E-Modell soll 2026 kommen

Einer der Hauptgründe, warum viele Autofahrerinnen und Autofahrer nach wie vor lieber Verbrenner als E-Autos kaufen: Sie sind deutlich billiger. Und so ist es für VW zwar einerseits ein Segen, dass der Konzern noch gutes Geld mit seinen Verbrenner-Modellen verdient - aber es fehlt nach wie vor ein günstiges E-Auto in der Angebotspalette.

Erst Anfang 2026 soll es ein E-Modell geben, das um die 25.000 Euro kostet. "Wir machen uns sehr tiefgehende Gedanken, auch ein Produkt auf den Markt zu bringen, das um die 20.000 Euro liegt", so Blume. "Weil wir als Volkswagen auch gerade dieses Segment für besonders wichtig halten, um junge Leute an die Marke heranzuführen."

Batterien als größter Kostenfaktor

Noch sind die Batterien der größte Kostenfaktor - auch wenn der technologische Fortschritt sie nach und nach günstiger mache, so PwC-Experte Kuhnert. "Wir sehen da viel Potenzial." Er warnt davor, den Wandel zur Elektromobilität generell in Frage zu stellen. "Wir brauchen einen Konsens in der Gesellschaft, dass wir den Weg zum emissionsfreien Fahren weiter beschreiten wollen."

Auch Blume sieht die "Elektromobilität als die richtige Technologie. Sie wird den Verbrennungsmotoren in kurzer Zeit überlegen sein." Blume warnt daher auch davor, das geplante EU-weite Verbrenner-Aus ab 2035 in Frage zu stellen. Und hat dabei den einflussreichen VW-Betriebsrat hinter sich. Alle Pläne für die Entwicklung neuer Modelle seien auf den Wendepunkt 2035 ausgerichtet, heißt es von Seiten der Arbeitnehmervertretung. Wenn die Politik von diesen Plänen abrücke, hätte das gravierende Folgen - auch für die Arbeitsplätze.

Chinesische Modelle drängen auf den Markt

Klar scheint: VW muss so schnell wie möglich ein günstiges E-Auto auf den Markt bringen. Sonst könnte der große alte Autobauer von neuen Unternehmen - vor allem aus China - abgehängt werden. 20 bis 30 neue E-Auto-Marken werden in den europäischen Markt drängen, schätzt Automobilexperte Schwope. Bei weitem nicht alle würden den Konkurrenzkampf überleben, "aber fünf bis acht am Ende wahrscheinlich schon."

Das weiß auch VW-Chef Blume. Man werde jetzt "alle Kraft reinsetzen, um die richtigen Produkte anzubieten. Und wenn das ganze Umfeld passt, dann wird die Elektromobilität Erfolg haben."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. März 2024 um 13:35 Uhr.