Investitionen des Essener Konzerns RWE steckt Milliarden in Erneuerbare Energien
RWE investiert alleine im ersten Quartal acht Milliarden Euro in Erneuerbare Energien. Eine wichtige Rolle spielen dabei die USA. Mit dem Ausstieg aus Kohle und Atom sucht der Konzern nach Geschäft außerhalb des Heimatmarkts.
Wie heißt es gleich nochmal? Jede Krise hat auch ihre Gewinner. In puncto Inflation waren das auch die Energiekonzerne. Knappheiten ließen die Strompreise steigen, die Konzernkassen füllten sich milliardenschwer. Auch beim Essener Versorger RWE, der inzwischen einen Großteil seines Geschäfts mit Erneuerbaren Energien macht - zuletzt investierte der Konzern acht Milliarden Euro in diesen Bereich. Mehr als sechs Milliarden Euro macht dabei alleine der Kauf der US-Solarfirma Con Edison Clean Energy Businesses aus.
"In den USA ist es deutlich lukrativer"
Das letzte Atomkraftwerk ist bereits abgeschaltet, einen früheren Ausstieg aus der Braunkohle schließt der Energieriese auch nicht mehr aus. Chris-Oliver Schickentanz, Anlagestratege beim Vermögensmanager Capitell, hält das für eine glaubwürdige Nachhaltigkeitsstrategie: "Aber wie das eben bei Unternehmen so ist, man muss ökonomisch denken. Und das führt dazu, dass man regional die Verschiebung in die USA bekommt, weil es dort momentan zumindest deutlich lukrativer ist, in Erneuerbare Energien zu investieren, als das derzeit in Deutschland der Fall ist."
RWE setzt stark auf die USA, ist dort nach eigenen Angaben mittlerweile zum zweitgrößten Eigentümer und Betreiber von Solarparks aufgestiegen. Der "Inflation Reduction Act", ein milliardenschweres Investitionspaket der US-Regierung, soll den Klimaschutz vorantreiben - und macht das Land auch für deutsche Unternehmen finanziell attraktiv.
Wer ist Vorreiter der Energiewende?
Eigentlich aber habe es die große Hoffnung gegeben, sagt Schickentanz, dass Deutschland eine Vorreiterrolle bei der Energiewende spiele. "Dass wir das, was wir bei der Digitalisierung so ein Stück weit an die USA verloren haben, beim Thema Umwelttechnologien und Kampf gegen den Klimawandel wieder zurückgewinnen können. Da bin ich aktuell etwas skeptisch, denn man muss sagen, dass uns da tatsächlich sowohl unsere Nachbarländer als auch die USA ein Stück weit den Boden abgreifen."
Energiewende also ja, aber eben woanders? Der Energie-Experte Volker Quaschning sieht zwei Probleme für Energiekonzerne. Investierten diese einerseits zu schnell im Heimatmarkt in neue Technologien, dann gefährdeten sie ihr Geschäft mit den alten Kraftwerken. Zudem sei der deutsche Energiemarkt hart umkämpft - im Ausland mache man sich selbst eben keine Konkurrenz, so Quaschning.
"Wenn man als großes Unternehmen seine Vorteile ausspielen will, dann sollten es natürlich vor allen Dingen sehr große Projekte sein, die dann finanziell so groß sind, dass kleinere Unternehmen damit überfordert sind" so der Experte. "Sehr große Windparks lassen sich in Deutschland an Land nicht mehr so einfach realisieren, weil die Standorte knapp sind. Bei Solaranlagen ist auch der Kampf um die Standorte relativ groß."
Langwierige Genehmigungsverfahren
Erneuerbare Energien werden in Deutschland ausgebaut - aber bis eine Anlage mal steht, geht viel Zeit ins Land. Zwar versucht die Bundesregierung, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen; in der Praxis kommt das aber so noch nicht überall an. Energie-Experte Quaschning sieht aber weiteren Nachholbedarf: "Die andere Sache ist auch, dass solche Anlagen in Deutschland hergestellt werden. Und da ist Europa sehr, sehr schlecht momentan aufgestellt, weil wir in Europa die Energiewende viel langsamer durchgezogen haben als China zum Beispiel."
Wolle man die Technologie in Europa halten, müsse man "sich auch dazu bekennen, ein bisschen Geld anzufassen". Das US-Investitionspaket hat zu einigen Spannungen mit der Europäischen Union geführt. Und es zieht auch deutsche Unternehmen an - mit der Gefahr, dass die Energiewende vielleicht am Ende woanders stattfindet.