Balkon-Solaranlagen Mini-Kraftwerk für jedermann
Balkonkraftwerke sind für viele Privathaushalte der Einstieg in die Solarstrom-Produktion. In Zeiten hoher Strompreise werden die Mini-Anlagen immer beliebter - trotz bürokratischer Hürden.
Für eine große Solaranlage ist das Dach von Udo Meyer nicht geeignet, Kosten und Aufwand seien zu hoch. Aber es geht auch kleiner: Seit einem halben Jahr hat der Darmstädter zwei Mini-Solarzellen auf seinem Gartenhaus. "Von morgens bis abends scheint hier die Sonne", sagt er. Die Anlage ist direkt ans Stromnetz angeschlossen. 180 Kilowattstunden hat er nach eigenen Angaben schon gesammelt.
Erstmal klein anfangen
Solarpanels auf Hausdächern sind ein gewohnter Anblick, doch auch an Balkonen oder auf Garagen lassen sich Photovoltaik-Module montieren. Jede zehnte neue Anlage ist eine sogenannte Mini-PV-Anlage mit einer Leistung von maximal 600 Watt. Damit können auch Bewohner ohne große Flächen Strom erzeugen.
Auch Joschka Claar aus Marburg ist zufrieden mit seinem Balkonkraftwerk. Zwar würde sich sein Dach für eine große Anlage eignen; die Investition war ihm aber bisher zu hoch. Da er mit der kleinen Anlage allerdings nur etwa zehn Prozent seines gesamten Stromverbrauchs produziere, denke er mehr und mehr über eine große Anlage nach.
Ein Schnäppchen dank Förderung
Und genau das möchten viele Städte und Gemeinden in Deutschland erreichen: "Das Balkonkraftwerk soll als 'Einstiegsdroge' dienen, um irgendwann dann doch auf eine große Anlage umzusteigen", sagt Patrick Voos vom Amt für Klimaschutz in Darmstadt. Damit die Kosten keine Hürde sind, zahlen immer mehr Städte und Gemeinden in Deutschland teilweise sehr hohe Zuschüsse zur Balkon-Solaranlage. Außerdem gibt es von einzelnen Bundesländern Förderprogramme.
Die Anlagen bestehen aus ein oder zwei Solarpanelen, einem sogenannten Wechselrichter, der den produzierten Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt, und einem Stecksystem für den Anschluss ans häusliche Stromnetz. Maximal werden 600 Watt erzeugt.
Auch wenn keine offizielle Genehmigung erteilt werden muss: Kleine Solaranlagen müssen bei der Bundesnetzagentur angemeldet werden, und auch das örtliche Versorgungsunternehmen sollte Bescheid wissen. In Darmstadt haben sie das Ziel ausgerufen, möglichst jedem Bewohner die Teilhabe an der Energiewende zu ermöglichen.
Hürden für Mieter und Mehrfamilienhäuser
Die Nachfrage nach der Förderung ist hoch, doch gerade mal zehn Prozent aller Anmeldungen sind bisher von Mietern eingegangen. Das habe einen einfachen Grund, sagt Behördenvertreter Voos, denn Mieter brauchen das Einverständnis der Vermieter und darüber hinaus eine Einverständniserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Es muss also nicht nur das Einverständnis des Vermieters gegeben sein, sondern auch eine Mehrheit der Wohnungseigentümer in einem Gebäude insgesamt muss einverstanden sein, denn die Fassade gehört zum Gemeinschaftseigentum.
Bernd Kreuzberger, Vorsitzender einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit 284 Wohneinheiten in Offenbach, erklärt, dass bei ihm mindestens 142 Eigentümer zustimmen müssen - ein schier unerreichbares Unterfangen. Er wünscht sich, dass diese Hürden vom Gesetzgeber aufgehoben werden, indem das Wohnungseigentümergesetz dahingehend geändert wird, dass jeder Eigentümer selbst über seinen Balkon entscheiden dürfe.
Kreuzberger rechnet vor: Wenn nur 100 Einheiten mitmachten, könnte das große Haus durchschnittlich 200 Kilowattstunden Strom pro Tag erzeugen. Doch unter den Eigentümern gibt es viele Bedenken; manche stören sich an der Optik, andere befürchten, dass die Anlagen nicht sicher genug angebracht werden.
Ein Flickenteppich in Deutschland
Und genau dieses Beispiel spiegelt das Bild in Deutschland wider: Was die Genehmigungen für die Mini-PV-Anlagen betrifft, gleicht Deutschland einem Flickenteppich. Zum Beispiel müssen Mieter in Berlin, die in einem Hochhaus wohnen, einen kostenpflichtigen Bauantrag stellen. In Brandenburg dürfen solche Anlagen bisher nur von Elektrofachbetrieben angeschlossen werden. Und in einer Gemeinde in Bayern sind Solar- und PV-Anlagen nur auf Dächern zulässig. Balkonkraftwerke verschandelten das Ortsbild und brächten auch nicht viel, argumentieren die Gemeinderäte.
Ein paar bürokratische Hürden müssen also noch abgebaut werden, bis jeder seinen Teil zur Energiewende beitragen kann.