Hersteller Nordex Verluste bei Windkraftanlagenbauer
Erneuerbare Energien sind gefragt wie nie, trotzdem haben Solar- und Windkraftfirmen wie der Anlagenbauer Nordex Probleme. Woran liegt das - und gibt es noch Hoffnung für die angeschlagene Branche?
Mehr als 22 Monate dauert im Schnitt die Genehmigung für eine Windkraftanlage in Deutschland. Oft aber sogar noch länger - vier bis fünf Jahre sind keine Seltenheit in einigen Bundesländern. Das soll sich ändern: Mehr Tempo bei der Energiewende, auch wegen des Ukraine-Krieges - das ist ein Ziel der Bundesregierung. Anlagenhersteller sollten in Feierstimmung sein, bessere Aussichten kann es eigentlich nicht geben. Aber Fehlanzeige: Der Windkraftanlagenbauer Nordex aus Hamburg meldet hohe Verluste im ersten Quartal.
Harter Wettbewerb und Kostendruck
Unterm Strich steht ein Minus von rund 150 Millionen Euro. Der Aktienkurs von Nordex fiel zeitweise auf ein Zwei-Jahres-Tief. Probleme habe aber die gesamte Branche, erklärt Stefan Riße, Kapitalmarktstratege vom Vermögensverwalter Acatis: "Wir sehen an den Zahlen von Nordex, dass ein Unternehmen, das nicht top aufgestellt ist, was das Kostenmanagement betrifft - doch in große Probleme kommt, weil es Wettbewerber gibt, wie die amerikanische General Electric, wie die Vestas aus Dänemark, aber auch Unternehmen aus China, die günstig produzieren."
Starker Wettbewerb auf der einen Seite, Kostendruck auf der anderen Seite. Gestiegen sind insbesondere die Materialkosten wegen gestörter Lieferketten. Weil Verträge aber zu festen Preisen verhandelt wurden, kommen Windanlagenbauer jetzt in Bedrängnis. Das spürt auch die spanische Siemens-Tochter Siemens Gamesa. Seit Jahren macht der Konzern Verluste, will deshalb Werke schließen und Stellen abbauen.
Rotorblatt-Fertigung in Rostock wird eingestellt
Genauso wie Nordex. Das Unternehmen wird die Rotorblatt-Fertigung Ende Juni an seinem Standort in Rostock einstellen. Betroffen sind rund 600 Mitarbeiter. In den vergangenen zehn Jahren wurden laut Schätzungen bereits 60.000 Stellen in der Windindustrie ins Ausland verlagert. Damit geht auch Forschungs- und Entwicklungskompetenz verloren.
Das erinnert an den Zusammenbruch der deutschen Solarbranche. "Der deutschen Windkraftindustrie droht ein ähnliches Schicksal", sagt Mauricio Vargas, Volkswirt bei Greenpeace. "Statt die Windkraft weiter zu fördern und auszubauen, hat man sie ausgebremst. Es herrscht ein harter Preiskampf, und wenn die Bundesregierung hier nicht schnell günstigere Rahmenbedingungen schafft, wäre es auch kein Wunder, wenn die Windkraft aus Deutschland abwandern würde."
Das will die Bundesregierung vermeiden und gibt jetzt klare Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien vor: Bis 2030 soll etwa die Windenergie auf See, sogenannte Offshore-Windenergie, mehr als verdreifacht werden, darüber hinaus sollen Genehmigungsverfahren vereinfacht und genaue Flächenvorgaben gemacht werden.
Anleger bevorzugen Betreiber-Aktien
Die Windkraftanlagen-Unternehmen jedenfalls zeigen sich zuversichtlich - trotz der aktuell sehr schwierigen Lage. "Wenn jetzt unsere Bundesregierung loslegt, klare Grundlagen schafft, Investitionspläne ermöglicht und perspektivisch wieder das Vertrauen in die Regierung besteht, dass man das auch wirklich umsetzen will gemeinsam, dann sehe ich, dass wir das schaffen können", sagt Heike Winkler, vom Windenergie-Branchennetzwerk WAB.
Die Chancen stehen nicht schlecht, dass die Windbranche langfristig zu einem Konjunkturmotor wird, sagen Börsen-Profis - auch wenn sich die Aktienkurse der Windkraftanlagen-Hersteller gerade auf Talfahrt befinden. Anleger, die in grüne Aktien investieren, weichen lieber auf Windanlagen-Betreiber wie Encavis aus. Hier gehen die Kurse nach oben, dank viel Wind an Land und auf See.