Nordsee-Gipfel in Esbjerg Dänemark hat mit dem Wind große Pläne
Dänemark deckt mit Windenergie bereits 80 Prozent seines eigenen Strombedarfs - und will weitere Länder versorgen. Zum Windenergie-Gipfel in Esbjerg reisen auch Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck.
Wenn heute EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sowie die Regierungschefs der Niederlande und Belgiens nach Esbjerg in Dänemark kommen, dann geht es um die Windenergie. Dänemark hat diese Form der Energiegewinnung in den vergangenen 20 Jahren massiv ausgebaut - und hat große Pläne.
Esbjerg an der Nordsee ist die einzige Stadt an Jütlands Küste mit einem Überseehafen. Er ist inzwischen der wichtigste europäische Hafen für Windenergie. Von hier aus werden bis zu 70 Meter lange Turmteile oder ebenso lange Rotorblätter, Generatorgehäuse und Ersatzteile in alle Welt verschifft - oder zu einer der drei großen Offshore-Windkraftparks gut 20 Kilometer vor der Küste gebracht.
Eine Million Haushalte versorgt - bei starkem Wind
Uffe Lundgaard steht vor einer Offshore-Testturbine eines großen dänischen Herstellers, mit neun Megawatt Leistung: "Wir hören den Rotor, wie er sich dreht. Derzeit läuft die Anlage unter Vollast - dabei scheint der Wind im Moment gar nicht so stark zu sein. Aber oben am Generator in 150 Metern Höhe bläst er sicher doppelt so stark - und die Kraft nutzt man ja schließlich zu Energieproduktion."
Lundgaard ist einer von Esbjergs Windenergieexperten. Er betreut für die Kommune die Entwicklung des Hafens und sieht beim Wind enormes Wachstumspotenzial. Dutzende solcher Turbinen stehen vor Esbjergs Küste in den Windparks, die schon in den vergangenen 20 Jahren errichtet wurden und mittlerweile bald eine Million Haushalte mit Strom versorgen können - wenn der Wind stark genug ist.
Dänemark hat gewaltige Pläne
Das reicht noch nicht ganz, um Dänemarks Gesamtbedarf an Strom zu decken, aber bis 2028 soll das so sein. Doch die Pläne sind noch viel größer. Und sie reichen weit über den kleinen skandinavischen Staat hinaus. Dänemark Energieminister Dan Jörgensen sagt: "Wir werden unglaubliche Mengen erneuerbarer Energie brauchen. Und dazu werden wir die Offshore-Windkraftwerke massiv ausbauen müssen."
Und in Dänemark mache man genau das. In den kommenden zehn Jahren soll eine Windenergieinsel in der Nordsee entstehen. Nicht mehr 20, sondern gut 100 Kilometer entfernt von der Küste, also tatsächlich auf hoher See: mit hunderten Windrädern und zehn Gigawatt Leistung. In Deutschland werden aus allen Offshore-Windkraftanlagen derzeit gut sieben Gigawatt produziert.
Die Energieinsel wird das größte Infrastrukturprojekt in der dänischen Geschichte. Man will damit sehr viel Energie erzeugen, auch grünen Wasserstoff. Nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern auch für andere Staaten.
"Müssen uns auf sehr ambitionierte Ziele einigen"
Das sei beispielhaft, sagt Karsten Rieder, Chef von Esbjergs Wirtschaftsvereinigung. Und genau deshalb sei es auch so wichtig, dass die Chefin der EU-Kommission und die Regierungschefs Deutschlands, der Niederlanden und Belgiens der Einladung von Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen zum Nordsee-Gipfel heute in Esbjerg gefolgt seien.
Dieser Gipfel sei enorm wichtig für Esbjerg, Dänemark und für ganz Europa, sagt er. "Wir müssen uns deshalb auf sehr ambitionierte Ziele einigen, wo wir mit der Windenergie in den nächsten Jahren hinwollen." Und gerade angesichts des Ukraine-Kriegs und der drohenden Energieknappheit "wäre es doch phantastisch, wenn Europa hier zusammenarbeitet und so eine grüne Zukunft für uns alle sichert".
Man hofft darauf, dass andere Staaten sich an dem Projekt der Energieinsel beteiligen - oder - noch besser: selbst in solche Nordsee-Windraftparks investieren und das Potential dieser Energie ausschöpfen - gerne mit dänischer Technik, die zu den Weltmarktführern gehört. Dass sich die einzelnen Länder dabei in die Quere kommen könnten, glaubt Rieder nicht. "Die Nordsee ist so groß und das Potenzial an Windenergie dort ist so groß, dass genug Platz für alle da ist."
Und dabei könnten alle von den Dänen lernen. Schließlich hätten schon die Wikinger gewusst, wie man den Wind optimal nutzt. An dem Prinzip habe sich im Grunde nichts geändert. Damals war es die Seefahrt, heute ist es die Stromproduktion.