Neue Vorgaben für Länder geplant Bund macht Druck beim Windkraftausbau
Der Bund drückt beim Windkraftausbau an Land aufs Tempo und setzt die Bundesländer mit einem "Wind-an-Land-Gesetz" unter Druck. Zukünftig können sich die Länder nicht mehr hinter der Abstandsregel verstecken.
Auch wenn der Name "Wind-an-Land-Gesetz" an die in dieser Hinsicht kreative, ehemalige Bundesfamilienministerin Giffey erinnert - es kommt Bewegung in den Windenergieausbau. Der Bund packt den Instrumentenkasten für die Operation Windkraftausbau aus.
Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP auf das Ziel geeinigt, dass auf zwei Prozent der Landesfläche Windkraft ausgebaut werden soll. Bislang haben die meisten Bundesländer allerdings mit individuellen Abstandsregeln dafür gesorgt, dass Windkraftausbau eher verhindert als ermöglicht wurde.
Zu wenig Flächen ausgewiesen
Im Ergebnis führt das dazu, dass bundesweit 0,8 Prozent der Landesfläche für Windenergie an Land ausgewiesen sind. Nur 0,5 Prozent seien laut Bundesbauministerium tatsächlich verfügbar. Die Konsequenz ist weniger Windenergie als möglich.
Damit die Länder in Zukunft bei der Ausweisung der sogenannten Windvorrangflächen schneller vorankommen, macht der Bund nun auf mehreren Wegen Druck: Jedes Bundesland bekommt ein eigenes Ausbauziel, das es bis 2026 beziehungsweise bis 2032 erreicht haben und an dem es sich messen lassen muss. Das kann man je nach Sichtweise als öffentlichen Pranger ansehen oder als Hilfe, um ein klareres Ausbauziel zu haben. Je nach Windhäufigkeit im Bundesland oder Stadtstaat liegen diese Ziele zwischen 0,5 Prozent und 2,2 Prozent der Gesamtfläche.
Abstandsregel gilt nicht mehr als Ausrede
Die Länder hatten im Vorfeld befürchtet, dass im Baugesetzbuch die sogenannte Abstandsregel ganz gestrichen wird. Der Bund, hier vor allem das Bundesbauministerium von Klara Geywitz (SPD) macht das zwar nicht, dafür kommt aber eine Art Regeländerung, die fast genauso wirkt: Wenn bislang eine Fläche als Windvorrangfläche ausgewiesen war, konnte das Land mit dem "Joker" Abstandsregel einen Windradausbau verhindern.
Kommt das Gesetz, wie man es im Entwurf lesen kann, ist damit in Zukunft Schluss. Zwar können die Länder nach wie vor Abstandsregeln aufstellen, wenn sie damit aber das Flächenziel nicht erreichen, schlägt die "Trumpfkarte" Windvorrangfläche. Die Abstandsregel kann in diesem Fall einen Ausbau nicht verhindern, weil das höhere Ziel, Windenergie an Land auszubauen, mehr zählt. Das kann örtlich zu Klagen führen und die Landesregierungen werden mit mehr Protesten der Bevölkerung rechnen müssen.
Kooperation untereinander möglich
Eine kleine Hintertür hat der Bund den Ländern mit einer Kooperationsmöglichkeit eröffnet: Findet ein Land nicht genug Fläche, kann es mit einem anderen Bundesland kooperieren, so dass beide Länder ihre Flächen zusammenrechnen können. Also zum Beispiel könnte Berlin mit Brandenburg kooperieren, so dass in Brandenburg mehr Windräder stehen und in Berlin weniger. Ob sich einzelne Länder darauf einlassen, für andere mehr Windenergie auszubauen, darf angesichts von lokalen Widerständen beim Windkraftausbau allerdings bezweifelt werden.
Energiesicherheit vor Artenschutz
Dass ausgerechnet die von Parteimitgliedern der Grünen geführten Bundesministerien Umwelt und Wirtschaft einen Kompromiss bei der Veränderung im Naturschutzgesetz auf den Weg gebracht haben, ist durchaus bemerkenswert. Das zeigt, wie ernst die Lage beim Ausbau der Windenergie in Deutschland ist. Und es zeigt auch, dass Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck den Krach mit einem Teil der eigenen Wählerschaft nicht scheuen.
Auch wenn kompliziert zu berechnende Ausgleichszahlungen für Schäden, zum Beispiel bei Wildvögeln durch Windräder vorgesehen sind, wird mit der Anpassung des Naturschutzgesetzes beim Naturschutzbund sicherlich kein Jubel ausgelöst. Zumal Windräder zukünftig auch in Landschaftsschutzgebieten errichtet werden können, wenn diese als Windvorranggebiete ausgewiesen sind und es dafür eine Ausnahmegenehmigung gibt.
So oder so, die Länder müssen sich nun schnell auf die Suche nach geeigneten Flächen machen. Denn wer am Ende nicht genug Flächen ausgewiesen hat, muss damit rechnen, dass der Bund bestimmt, wo Windräder hingestellt werden. Das sollte als Drohkulisse die Suche doch beschleunigen.