Laut Analyse von NGO Zuckerzusatz in Babynahrung von Nestlé festgestellt
Wieder Kritik an Nestlé: Der Konzern soll verschiedener Babynahrung Zucker zusetzen. Betroffen sind vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer. Nestlé streitet die Vorwürfe nicht ab.
Nestlé steht so viel in der Kritik wie kaum ein anderer Lebensmittelkonzern. Ob wegen des Handels mit Russland, seinem Geschäft mit Trinkwasser oder - wie aktuell wieder - wegen seiner Babynahrung. Laut einer Analyse der Schweizer Nichtregierungsorganisation Public Eye, setzt der Konzern Babynahrung in manchen Ländern Zucker zu.
Nach den Analysen von Public Eye und dem Internationalen Aktionsnetzwerk zur Säuglingsnahrung (IBFAN) enthielt ein Großteil der untersuchten Getreideprodukte wie Brei oder Instant-Müsli und der Milchpulver für Kleinkinder zwischen einem und drei Jahren zugesetzten Zucker.
Betroffen seien vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer, die großen europäischen Märkte wie Deutschland dagegen nicht. "Nestlé macht Babys und Kleinkinder in einkommensärmeren Ländern zuckersüchtig", so der Vorwurf von Public Eye im Bericht, den die Organisation vor der heutigen Generalversammlung der Nestlé-Aktionäre veröffentlichte. Public Eye forderte Nestlé auf, die "Doppelmoral" zu beenden.
Mehr als ein Stück Würfelzucker pro Portion
Laut der Laborergebnisse enthielten Proben bestimmter Folgemilchprodukte für Kleinkinder aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien keinen Zuckerzusatz. In Proben aus Ländern wie Bangladesch, Indien, Pakistan, Südafrika, Äthiopien und Thailand sei aber zwischen 1,6 und über fünf Gramm Zucker pro Portion zugesetzt gewesen. Das entspricht teilweise mehr als einem Stück Würfelzucker, das vier Gramm wiegt.
Auch in Getreideprodukten für Babys fand das Labor viel Zucker - darunter auch solche, die in Europa verkauft werden. Dazu erklärte der Konzern: In manchen Ländern in Europa gebe es Produkte ohne Zuckerzusatz, zusätzlich zu den herkömmlichen Produkten mit Zuckerzusatz. Die mit über sieben Gramm höchste Menge an Zucker pro Portion wurde laut Analyse in einem philippinischen Produkt nachgewiesen.
Nestlé streitet Vorwurf nicht ab
Nestlé stritt die Ergebnisse der Analysen auf Nachfrage nicht ab. "Wir entwickeln und reformulieren unsere Getreideprodukte für Säuglinge weiter, um den Gehalt an zugesetzten Zuckern weiter zu reduzieren, ohne Kompromisse bei Qualität, Sicherheit und Geschmack einzugehen", heißt es in einem Statement.
Ernährungsexperten sagen, wenn Kinder früh an den Zuckergeschmack gewöhnt werden, greifen sie meist auch später vermehrt zu zuckerhaltigen Produkten. Das könne zu Fettleibigkeit führen oder Krankheiten wie Diabetes begünstigen. Die WHO spricht sich gegen Werbung und für eine klare Kennzeichnung von Baby- und Kleinkindnahrung mit Zuckerzusatz aus.
Skandal um Milchpulver-Werbung von Nestlé in den 70ern
Nestlé war in den 1970er-Jahren schon wegen seiner Babynahrung in der Kritik, weil es in Entwicklungsländern für Milchpulver warb. Viele Mütter dachten, dies sei gesünder als ihre eigene Muttermilch. Weil vielerorts kein sauberes Wasser zur Verfügung stand, brachte es Babys aber in Gefahr. Seit Langem betont das Unternehmen aber: "Wir unterstützen die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), für die ersten sechs Lebensmonate eines Babys ausschließlich zu stillen."