Rettung der Meyer Werft Jetzt baut der Staat Kreuzfahrtschiffe
Nun ist es offiziell: Der Staat fängt die angeschlagene Meyer Werft auf, die Verträge sind unterzeichnet. Der Bund und das Land Niedersachsen übernehmen die Werft zu rund 80 Prozent. Wann sie wieder aussteigen, ist unklar.
Die weitgehende Verstaatlichung der finanziell angeschlagenen Meyer Werft ist besiegelt. Die Verträge für die milliardenschwere Rettung und den Einstieg von Bund und Land Niedersachsen sind unterzeichnet worden. "Die Zukunft der Werft ist damit stabilisiert und jetzt gehen wir fest davon aus, dass wir auch eine positive weitere Entwicklung der Standorte erleben werden", sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies heute nach einer Betriebsversammlung auf der Werft in Papenburg im Emsland.
"Harte Sanierungsphase" steht bevor
Vergangene Woche hatten sowohl der Haushaltsausschuss des Bundestags als auch der Haushaltsausschuss des niedersächsischen Landtags grünes Licht für die Staatshilfen gegeben. Am Freitag waren laut Lies noch vertragliche Details verhandelt worden, an deren Ende dann die Vertragsunterzeichnung stand. An der Rettung der Werft, die vor allem für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannt ist, sei eine "Vielzahl von Banken" beteiligt, sagte er.
Klar sei, dass vor der Werft nun vor einer "harte Sanierungsphase" stehe, so der SPD-Politiker weiter. Unter anderem sollen rund 340 Arbeitsplätze wegfallen. Viele Details, wie genau der Betrieb nun weiterlaufen wird, blieben vorerst offen. Dazu zählen etwa die Besetzung des Aufsichtsrats oder die Zusammenarbeit mit dem Werftstandort im finnischen Turku. Die Werft kündigte eine weitere Pressekonferenz für den Lauf dieser Woche an.
Unternehmenschef Bernd Eikens dankte in einem Statement für die Unterstützung von Bund, Land und Banken. "Jetzt liegt es an uns, das Vertrauen, was in uns gesteckt wurde, zu rechtfertigen. Wir werden alles daran tun, dass die Meyer Werft eine erfolgreiche Zukunft hat", sagte Eikens. Dazu zähle der Bau von Kreuzfahrtschiffen ebenso wie der Spezialschiffbau und der Bau von Konverterplattformen für die Offshore-Windenergie. "Ich glaube, wir alle sehnen uns nach ein wenig Normalität wieder zurück nach den letzten Monaten, sodass wir uns wieder auf das operative Geschäft konzentrieren können."
Gewerkschaft und Betriebsrat erleichtert
Vertreter der Gewerkschaft IG Metall sprachen nach der Betriebsversammlung, an der rund 2.500 Beschäftigte teilnahmen, von einem Neustart für die Werft. "Es stand mehrfach auf Messers Schneide", sagte Heiko Messerschmidt vom IG-Metall-Bezirk Küste. Die Lage der Werft sei äußerst kritisch gewesen. Eine Einigung musste bis zum 15. September stehen, sonst wäre das Geld ausgegangen.
"Aber es ist geschafft, es geht weiter hier auf der Meyer Werft und, was uns sehr wichtig ist, es geht weiter mit Tarifverträgen", so Messerschmidt. Das bedeute, dass auch die nun beginnende Tarifrunde für die Beschäftigten der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie im Bezirk Küste für die Beschäftigten der Meyer Werft gelte.
Der erste Test für einen neuen Umgang auf der Werft seien die Verhandlungen über den schon angekündigten Abbau von 340 Arbeitsplätzen. Dieser solle sozialverträglich und möglichst mit einem Freiwilligenprogramm erfolgen, sagte Messerschmidt. Die Werft hat Standorte in Papenburg, Rostock und im finnischen Turku. Insgesamt arbeiten rund 7.000 Menschen für die Meyer-Gruppe.
Zeitplan für Rückzug des Staates unklar
Die Werft war zuletzt in finanzielle Schieflage geraten. Zwar sind die Auftragsbücher gut gefüllt. Einige Verträge für Kreuzfahrtschiffe, die noch vor der Corona-Pandemie geschlossen worden waren, sehen jedoch keine Anpassung an die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise vor. Hinzu kommt, dass im Schiffbau üblicherweise 80 Prozent des Baupreises erst bei Ablieferung des Schiffes gezahlt werden. So muss die Meyer Werft zur Finanzierung von Schiffsneubauten bis Ende 2027 fast 2,8 Milliarden Euro aufbringen.
Bund und Land hatten deshalb vereinbart, vorübergehend bei dem Unternehmen einzusteigen. Das Rettungspaket sieht vor, dass sie zusammen mit 400 Millionen Euro Eigenkapital einsteigen und vorübergehend rund 80 Prozent der Anteile an der Werft übernehmen. Zudem gewähren sie Bürgschaften von jeweils rund einer Milliarde Euro, um Kredite von Banken abzusichern. Die Eignerfamilie Meyer hält in den kommenden Jahren etwa 20 Prozent und hat eine Art Rückkaufoption.
Offen ist noch, wie der Zeitplan für den Rückzug des Staates aussieht. "Für Bund und Land steht fest: Wir wollen uns dort nicht auf Dauer engagieren, sondern das Unternehmen nach einem gewissen Zeitraum in private Hände geben. Bis dahin muss das Unternehmen wieder flott gemacht werden", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil der Nachrichtenagentur dpa. Etwa müsse Vertrauen bei Banken zurückgewonnen werden. Anschließend werde es auch wesentlich leichter sein, private Investoren zu gewinnen, so Weil. "Ob das im Jahr 2027, '28, '29 oder wann auch immer sein wird, kann ich nicht sagen. Die Bedingungen müssen stimmen."