Hauptversammlung Aktionäre kritisieren Lufthansa-Strategie
Auf der diesjährigen Hauptversammlung der Lufthansa herrscht dicke Luft. Deutliche Kritik äußern die Aktionäre am strategischen Kurs und dem Qualitätsmanagement der Fluggesellschaft.
Auch dieses Jahr findet die Hauptversammlung der Lufthansa virtuell statt. Dieses Mal schlägt dem Management der größten deutschen Fluggesellschaft viel Kritik von Aktionären entgegen. Die großen Fondsgesellschaften Deka und Union Investment stören sich vor allem an der Strategie des Luftfahrtkonzerns.
Die Premium-Marke Lufthansa werde durch Abwicklung ihrer Flüge durch die Töchter Eurowings und Eurowings Discover sowie externe Leasing-Airlines verwässert. Zudem sei der Konzern mit elf Flugbetrieben zu komplex. "Der Markendschungel verwirrt die Kunden und birgt erhebliche Reputationsrisiken", sagte Deka-Nachhaltigkeitschef Ingo Speich.
"Keine klare Strategie"
Konzernchef Carsten Spohr habe "keine klare Strategie", kritisierte Henrik Pontzen, Leiter Nachhaltigkeit bei Union Investment. Eine Vereinfachung der komplexen Konzernstruktur sei nicht in Sicht. "Und es ist unklar, ob die Lufthansa sich nun als Billigflieger oder als Premium-Airline positionieren will."
Auch die geplante Übernahme der italienischen ITA Airways, die sanierte Nachfolgerin der gestrauchelten Alitalia, sehen die institutionellen Anleger kritisch. Ein Drehkreuz in Südeuropa sei zwar sinnvoll, eine Expansion im vom Billigflieger Ryanair dominierten inneritalienischen Markt aber nicht, sagte Speich. Es sei fraglich, warum Lufthansa an einen geschäftlichen Erfolg von ITA glaube, während frühere Eigentümer den Niedergang der Airline nicht hätten stoppen können. "Wir glauben nicht, dass sich die Übernahme der defizitären italienischen ITA für die Aktionäre auszahlen wird", warnte Pontzen. "Mehr Komplexität frisst Rendite."
Sprachrohr für Kleinaktionäre
Die beiden Fondsgesellschaften haben mit ihren Lufthansa-Anteilen von unter einem Prozent zwar keinen großen Einfluss bei Abstimmungen. Doch sie sind traditionell ein Sprachrohr für die Kritik von Kleinaktionären.
Diese beklagen auch Qualitätsmängel bei der Premium-Airline - von vielen Flugausfällen und -verspätungen vor allem im Chaossommer letzten Jahres bis hin zur Betreuung in der Lounge oder dem Essen an Bord. "Aktuell ist die Airline in vielen Bereichen aus qualitativer Sicht enttäuschend", monierte etwa Bernardo Loewenstein, Inhaber einer Reiseagentur. So werden schlechte Erreichbarkeit der Service-Hotlines, zu hohe Ticketpreise, technische Probleme bei Umbuchungen auf der Lufthansa-App oder langes Warten auf Erstattungen angeprangert.
"Premium-Qualität liegt in der DNA"
Die Lufthansa gelobte Besserung durch mehr Personal, eine neue App, mehr Automatisierung und Self-Service oder die umfangreiche Erneuerung der Ausstattung in der Business Class in den kommenden Jahren. Premium-Qualität anzubieten liege in der DNA der Lufthansa Group, erklärte Spohr. Der Unternehmenschef verteidigte zudem die eingeschlagene Strategie und warb erneut für den geplanten ITA-Einstieg.
Wie in den drei Vorjahren schlägt das Management den Aktionären auch diesmal vor, auf eine Dividende für das abgelaufene Jahr zu verzichten. Die Lufthansa hat für 2022 zwar nach überwundener Corona-Krise einen Gewinn von 791 Millionen Euro ausgewiesen. Entscheidend für eine Dividendenzahlung ist aber der Abschluss der Aktiengesellschaft nach dem deutschen Handelsgesetzbuch, der vor allem wegen anders zu bewertender Pensionslasten mit einem Verlust von 2,7 Milliarden Euro festgestellt wurde. Erst für das laufende Geschäftsjahr stellt der Konzern wieder eine Dividende in Aussicht.