US-Chiphersteller Intel streicht mindestens 15.000 Jobs
Mit einem milliardenschweren Sparprogramm will Intel seine wirtschaftliche Talfahrt überwinden. Der Chip-Hersteller kündigte die Streichung von mehr als 15 Prozent der Stellen und der Dividende an.
Um möglichst schnell die Kosten zu senken, greift der kriselnde Halbleiter-Pionier Intel zu einem drastischen Stellenabbau. Rund 15.000 Arbeitsplätze - etwa 15 Prozent der Belegschaft - sollen wegfallen, wie Intel-Chef Pat Gelsinger an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schrieb. Insgesamt will er zum kommenden Jahr mehr als zehn Milliarden Dollar einsparen.
Keine Dividende und weniger Investitionen
Intels Pressemitteilung ließ sogar noch höhere Jobverluste vermuten. Denn dort war von einem Jobabbau von "mehr als" 15 Prozent die Rede. Die Zahl der Mitarbeiter wurde mit 116.500 bei Intel und gut 125.000 im Konzern samt Tochterunternehmen angegeben. "Ich brauche weniger Leute in der Zentrale und mehr Leute im Außendienst, die die Kunden betreuen", so Gelsinger in einem Interview.
Zu Intels Sparprogramm gehört auch, vom vierten Quartal an vorerst keine Dividende mehr zu zahlen. Die Kapitalausgaben sollen nun 20 Prozent niedriger als ursprünglich angepeilt sein. "Unser Ziel ist es, im Laufe der Zeit wieder eine wettbewerbsfähige Dividende zu zahlen", erläuterte der Intel-Chef. "Aber im Augenblick konzentrieren wir uns auf unsere Bilanz und den Schuldenabbau."
Dazu sollen außerdem Investitionen zurückgefahren werden. Für 2024 peilt er Ausgaben zwischen 25 und 27 Milliarden Dollar an. Im kommenden Jahr solle die Summe auf 20 bis 23 Milliarden Dollar zurückgehen. Es blieb zunächst unklar, welche Auswirkungen dies auf den geplanten Bau einer Chip-Fabrik in Magdeburg haben könnte. Der Konzern hatte ursprünglich angekündigt, für mehrere Dutzend Milliarden Dollar neue Werke in verschiedenen Ländern hochzuziehen.
Was passiert mit dem geplanten Werk in Magdeburg?
Zu Gelsingers Strategie für das Überleben von Intel gehört nämlich, stärker zum Auftragsfertiger für andere Chip-Entwickler zu werden. Dabei soll der Konzern modernste Produktionsverfahren meistern, um im Wettbewerb gegen etablierte Produzenten wie TSMC aus Taiwan zu bestehen. Zugleich positionierte Gelsinger Intel geschickt als Schlüsselelement der Pläne, wieder mehr Chip-Produktion aus Asien in den Westen zurückzuholen.
Zu den Plänen gehört eben auch der Bau des rund 30 Milliarden Euro teuren Werks in Magdeburg, in dem nach früheren Angaben die modernsten Produktionsverfahren zum Einsatz kommen. Intel wartet noch auf Genehmigungen unter anderem für die Milliardensubventionen, die die Kosten abfedern sollen. Der erste Spatenstich wurde bisher bis Ende des Jahres angepeilt - mit einem Produktionsbeginn ab 2027.
Gelsinger betonte, dass die Auftragsfertiger-Strategie grundsätzlich bleibe. Bis es jedoch feste Bestellungen gibt, werde Intel darauf achten, nicht zu hohe Kapazitäten aufzubauen. Man habe auch Investitionspläne an die nun erwartete Marktentwicklung angepasst, sagte der Intel-Chef, ohne nähere Details zu nennen. Der Konzern wolle zugleich schneller die Früchte der hohen Investitionen ernten. Intel will auch in den USA neue Fabriken bauen und dafür Milliarden an Förderung kassieren.
Druck bei PC-Prozessoren und KI
Intel dominierte einst die Chipbranche, fiel dann aber zurück. Ein entscheidender Moment war der verlorene Kampf um den Platz in den heute allgegenwärtigen Smartphones. Intel hatte gehofft, die Stärke im PC-Geschäft auf die Mobil-Geräte zu übertragen - doch bei den Computer-Handys setzten sich sparsamere Prozessoren mit Architekturen des britischen Chip-Designers Arm durch.
Inzwischen muss sich Intel auch um die Position im PC-Markt Sorgen machen. So stellte Apple die gesamte Modellpalette seiner Mac-Computer auf Arm-Chips aus eigener Entwicklung um. Eine Folge waren deutlich längere Batterielaufzeiten. Im Sommer setzte auch Microsoft bei neuen Windows-PCs mit KI-Funktionen zunächst auf Chips mit Arm-Architektur. Computer mit Intel-Prozessoren sollen zwar folgen - diese müssen aber zunächst einmal auf den Markt kommen.
Derweil musste Intel vom Spielfeldrand zusehen, wie der einst viel kleinere Konkurrent Nvidia dank Chipsystemen zum Training Künstlicher Intelligenz (KI) zur heißesten Adresse in der Branche wurde. Wegen des KI-Booms sinkt die Nachfrage nach klassischen Prozessoren für Rechenzentren. Intel versucht zwar auch, in dem Geschäft mitzumischen, liegt aber weit hinter Nvidia. Bislang fehlt ein konkurrenzfähiger KI-Chip, um dem Weltmarktführer Paroli bieten zu können.
"Kosten zu hoch, Margen zu niedrig"
Gelsinger klang in der E-Mail an die Mitarbeiter recht dramatisch. Intels Kostenstruktur sei "nicht wettbewerbsfähig", schrieb er unter anderem. "Unsere Kosten sind zu hoch, unsere Margen sind zu niedrig." Der Umsatz sei im vergangenen Jahr 24 Milliarden Dollar niedriger gewesen als 2020 - aber die Mitarbeiterzahl zehn Prozent höher. Entscheidungen dauerten zu lange und es gebe zu viele Reibungsverluste im System.
Im vergangenen Quartal verbuchte Intel einen Verlust von gut 1,6 Milliarden Dollar nach einem Gewinn von 1,48 Milliarden Dollar ein Jahr zuvor. Der Umsatz sank im Jahresvergleich um ein Prozent auf 12,8 Milliarden Dollar (11,9 Milliarden Euro) und verfehlte damit die Erwartungen der Analysten. Gelsinger nannte die Geschäftszahlen des vergangenen Quartals "enttäuschend". Und auch die Lage im zweiten Halbjahr werde schwieriger sein als bisher erwartet.
Der Intel-Chef hatte Anleger zuvor oft auf die zweite Jahreshälfte vertröstet, in der Besserung zu erwarten sei. Nun brachen die Aktien brachen nachbörslich um rund 20 Prozent ein - der stärkste Kursrutsch seit vier Jahren. "Das Sparprogramm zeigt, dass das Management bereit ist, drastische Maßnahmen zu ergreifen, um das Steuer herumzureißen und die Probleme zu lösen", sagte Michael Schulmann, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Running Point. "Aber wir fragen uns, ob das ausreicht." Außerdem komme die Entscheidung etwas spät.