Insolvenzen im Jahr 2023 Firmenpleiten um ein Fünftel gestiegen
Die Zahl der Firmenpleiten ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Historisch betrachtet bleibt das Niveau allerdings vergleichsweise niedrig. Experten rechnen indes mit einer weiteren Zunahme der Insolvenzen.
Konjunkturflaute, hohe Inflation und steigende Kreditkosten haben die Zahl der Firmenpleiten im vergangenen Jahr steigen lassen. Die Zahl der beantragten Unternehmens-Insolvenzen erhöhte sich um 22,1 Prozent auf 17.814, teilte das Statistische Bundesamt heute mit. 2022 war es zu einem Anstieg von 4,3 Prozent gekommen, demnach lag die Zahl damals nur leicht über dem niedrigen Niveau des von Corona-Sonderregelungen geprägten Jahres 2021.
Verglichen mit dem Vor-Corona-Jahr 2019 gab es diesmal sogar 5 Prozent weniger Pleiten. "Im historischen Vergleich war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen sehr niedrig", lautet deshalb das Fazit der Statistiker. Während der Finanzkrise 2009 etwa sei sie mit 32.687 weit höher ausgefallen.
"Durchgängig zweistellige Zuwachsraten"
Auf ein erneut schwieriges Jahr deutet auch die aktuelle Entwicklung bei den beantragten Regelinsolvenzen hin. Bei der monatlichen Betrachtung lag die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen im Februar nach vorläufigen Daten um 18,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im Januar 2024 hatte der Anstieg 26,2 Prozent betragen. Seit Juni 2023 seien somit durchgängig zweistellige Zuwachsraten im Vorjahresvergleich zu beobachten.
Die Verfahren fließen erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik ein. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt oft annähernd drei Monate davor.
"Normalisierung des Insolvenzgeschehens"
Eine "Pleitewelle" sehen Experten bislang nicht auf Europas größte Volkswirtschaft zurollen. Insolvenzverwalter Alexander Eggen von der Frankfurter Kanzlei Schultze & Braun etwa spricht aktuell von einer "Normalisierung des Insolvenzgeschehens".
Fachleute rechnen allerdings im laufenden Jahr mit einem weiteren Anstieg auf etwa 20.000 Firmenpleiten. Geschwächt von den Corona-Jahren, hohen Energiepreisen und gestiegenen Zinsen geraten immer mehr Unternehmen in Schieflage. Zudem sind Ausnahmeregelungen ausgelaufen, mit denen der Staat versucht hatte, eine Pleitewelle während der Pandemie abzuwenden.
Zahlungsschwierigkeiten nehmen zu
"Die großen konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen am Standort Deutschland setzen der Wirtschaft zu", sagte der DIHK-Mittelstandsexperte Marc Evers. "Daher ist leider auch für die kommenden Monate von einer weiteren Zunahme der Unternehmensinsolvenzen auszugehen. Denn immer mehr Unternehmen berichten von Zahlungsschwierigkeiten ihrer Kunden."
Besonders in der Gesundheitsbranche, in sozialen Dienste und auch bei Kfz-Handel- und Reparatur sei der Anteil der Betriebe, die von zunehmenden Forderungsausfällen betroffen seien, auf mittlerweile ein Viertel gestiegen, ergab eine DIHK-Umfrage.
Deutlicher Anstieg der Forderungen
Die Forderungen der Gläubiger aus den im vergangenen Jahr gemeldeten Konkursen bezifferten die Amtsgerichte auf rund 26,6 Milliarden Euro. 2022 waren es rund 14,8 Milliarden Euro. Ein Grund für den deutlichen Anstieg: Es wurden 138 Großinsolvenzen registriert mit Forderungen von mindestens 25 Millionen Euro - 38 Prozent mehr als 2022.
Zuletzt sorgten Insolvenzen bekannter Unternehmen vor allem im Modehandel für Schlagzeilen: Peek & Cloppenburg, Gerry Weber, Reno, Salamander, Görtz oder Signa Sports United.
Bezogen auf 10.000 Unternehmen gab es im vergangenen Jahr 52,5 Insolvenzen. Die meisten Pleiten entfielen dabei auf den Bereich Verkehr und Lagerei mit 106,5 Fällen. Danach folgten die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleister, etwa Zeitarbeitsfirmen, mit 84,9 Fällen, das Baugewerbe mit 79,9 Fällen, das Gastgewerbe mit 72,3 Fällen sowie das Verarbeitende Gewerbe mit 63,5 Fällen.
Besonders viele Pleiten im Gastgewerbe
Besonders schwierig ist der Auskunftei Creditreform zufolge die Lage in der Gastronomie. Dort sei die Zahl der Insolvenzen im vergangenen Jahr mit 27 Prozent überdurchschnittlich gestiegen. Etwa jedes zehnte Gastronomie-Unternehmen habe 2023 aufgegeben, das entspricht 14.000 Fällen. Besonders stark betroffen waren demnach unter anderem Caterer (plus 67 Prozent).
Die Aussichten für die Branche sind nach Einschätzung des Leiters der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch, alles andere als rosig: "Unsere Auswertungen lassen einen weiter anhaltenden Insolvenztrend im Gastgewerbe erwarten. Die Welle hat gerade erst begonnen."