Einsatz der Gen-Schere Einzelhandel gegen lockerere Regeln
Discounter und Bioketten haben sich gemeinsam gegen lockerere Regeln für neue Gentechnikverfahren in der Lebensmittelproduktion ausgesprochen - im Gegensatz zur EU-Kommission, die dafür offen ist.
Dass Discounter wie Aldi und Lidl und Bio-Händler wie Alnatura und Dennree gemeinsam an einem Strang ziehen, kommt selten vor - es sei denn, es geht um Themen wie die Kennzeichnung neuer Gentechnik-Verfahren. So haben sich die Einzelhändler in einer gemeinsamen Resolution dagegen ausgesprochen, dass Pflanzen, die mit einer sogenannten Gen-Schere bearbeitet wurden, nicht mehr als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden. Das fordert die Agrarindustrie. Doch die Händler wollen, dass die neue Gentechnik genauso reguliert wird wie herkömmliche gentechnische Verfahren.
Die bestehenden EU-Regeln hätten sich bewährt und garantierten Wahlfreiheit für die Konsumentinnen und Konsumenten, weil Gentechnikprodukte oft klar gekennzeichnet sein müssen, heißt es in dem Schreiben, das auch von Tegut, der österreichischen Rewe und der luxemburgischen Biokette Natura unterzeichnet wurde. Wo es Lücken bei der Auszeichnung gebe, seien private "Keine Gentechnik"-Siegel verfügbar.
Bald neue Regulierung in der EU?
Tatsächlich haben Biotech- und Saatguthersteller neue und aus ihrer Sicht effizientere Verfahren entwickelt, um Pflanzen gentechnisch zu verändern. So erlaubt das unter dem Begriff Genome Editing entwickelte Verfahren, nur bestimmte Teile der Pflanzen-DNA zu manipulieren - anders als bei früheren gentechnisch veränderten Organismen (GVO). Dank dieser genaueren, auch Gen-Schere genannten Methode dauere die Entwicklung neuer Pflanzen nur halb so lange wie bei herkömmlichen GVOs. Auch sei es möglich, mit dieser Methode klimaresistentere Pflanzen zu entwickeln, argumentieren die Saatguthersteller wie Bayer.
Die Nutzung und Regulierung von neuen Verfahren wie der Gen-Schere sind umstritten. 2018 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die neuen Techniken den GVOs gleichzusetzen sind, somit auch als Gentechnik gelten, die entsprechend gekennzeichnet sein müsse. Genau diese Regel will die Agrarindustrie zu Fall bringen. Die Einzelhändler befürchten nun, dass die EU-Kommission der Lobby-Arbeit der Agrarkonzerne nachgeben könnte. Ende April hatte sich die Kommission bereits dafür ausgesprochen, die Regulierung von Gentechnik in der EU zu überarbeiten.