Zahl offener Stellen wächst Der Energiewende fehlen weiterhin die Fachkräfte
In der Solar- und Windindustrie fehlen Fachkräfte. Der zunehmende Mangel an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern könnte die Energiewende ausbremsen, so eine aktuelle Studie.
Der Fachkräftemangel in Deutschland geht auch zulasten des Ausbaus der Erneuerbaren Energien. Vor allem in der Solarbranche werden Techniker händeringend gesucht, aber auch in der Windkraft steigt die Zahl der offenen Stellen. Das hat der Jobmonitor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung ergeben.
Besonders kritisch ist danach die Situation in der Solarbranche. Dort lag die Zahl der Online-Stellenanzeigen für Jobs im vergangenen Jahr 2022 bei 52.000 und hat sich damit im Vergleich zu 2019 mehr als verdoppelt. In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres wurden danach bereits 36.000 Jobanzeigen für den Solarbereich geschaltet, was auf ein neues Rekordjahr hindeutet. Für die Studie analysierten die Forschenden eigenen Angaben zufolge 14 Millionen Online-Stellenanzeigen der Jahre 2019 bis Juni 2023 für 190 Berufe in der Wind- und Solarbranche.
Dachdecker verzweifelt gesucht
Die meistgesuchten Berufe in der Solarbranche sind danach Fachkräfte für Sanitär, Heizung und Klima, Bauelektriker und Projektleiter. Den größten Anstieg an Stellenangeboten gab es aber inzwischen für Dachdecker: Fast jede vierte Stelle für eine Dachdeckerin oder einen Dachdecker kommt laut Studie mittlerweile von Solarunternehmen, 2019 war es knapp jede zehnte Stelle.
In der Solarenergie gibt es laut der Auswertung den meisten Ausbau im Süden Deutschlands, aber auch der Osten legt zu. Folglich gab es die meisten offenen Stellen 2022 in Sachsen, Brandenburg, Berlin und Bayern.
Spezialisten europaweit gesucht
Auch europaweit meldet die Solarbranche laut einem Bericht des europäischen Dachverbands Solar Power Europe (SPE) vom Oktober einen enormen Bedarf an zusätzlichen Fachkräften. Danach sind in dem Sektor bis zum vergangenen Jahr bereits 648.000 "Vollzeitäquivalente" geschaffen worden, bis 2027 könnten es bereits 1,2 Millionen sein. Den größten Fachkräftebedarf gibt es laut SPE in Deutschland.
Aber auch in der Windkraft werden Fachkräfte gesucht, die Dynamik ist hier aber weniger ausgeprägt. In der Windbranche gebe es nur einen leichten Anstieg der Angebote - die Zahl der Jobangebote in Online-Stellenanzeigen im Solarbereich dagegen habe sich in den vergangenen Jahren verdoppelt, heißt es in der Studie.
Mehr Investitionen gefordert
In der Windbranche arbeiten laut Studie in Deutschland derzeit rund 130.000 Menschen, im Solarbereich 58.500. Laut Bertelsmann-Arbeitsmarktexpertin Jana Fingerhut zeigt "die stark steigende Nachfrage in den Bereichen Wind und Solar zeigt vor allem eines: Um den Ausbau der regenerativen Energien zu schaffen, müssen wir deutlich mehr in die Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften investieren".
Nach Bundesländern gab es 2022 in der Windbranche die meisten Stellenausschreibungen in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein. Von den 401 Landkreisen in Deutschland gab es zwölf ohne ein einziges Stellenangebot von 2019 bis 2022 - sieben davon lagen in Bayern, wo der Ausbau der Windenergie zwischenzeitlich zum Erliegen gekommen war.
Der am häufigsten gesuchte Beruf ist der Techniker oder die Technikerin. Die Nachfrage habe sich in den vergangenen vier Jahren beinahe verdoppelt, heißt es in der Studie. Dahinter folgen Ausschreibungen für Projektleiter und Bauelektriker.
Konkurrenz auf gesamtem Arbeitsmarkt verschärft sich
Die hohe Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften im Wind- und Solarsektor strahlt auf den gesamten Arbeitsmarkt in Deutschland aus. Dort verschärft sich laut den Studien-Autoren die Konkurrenz um die ohnehin knappen Fachkräfte. Deswegen müssten die Jobs im Bereich der Erneuerbaren Energien bekannter und attraktiver gemacht werden.