Zahlen für den Fernverkehr Deutsche Bahn verpasst ihr Pünktlichkeitsziel
Zu Jahresbeginn hatte sich die Deutsche Bahn eine Pünktlichkeit im Fernverkehr von 70 Prozent zum Ziel gesetzt. Diese Marke wird sie nicht einhalten können. Und auch in den kommenden Jahren müssen Fahrgäste viel warten.
Fahrgäste der Deutschen Bahn müssen im laufenden Jahr noch deutlich häufiger auf ihren verspäteten Fernverkehrszug warten als schon in den Vorjahren. "Mit einer Pünktlichkeit von rund 66 Prozent in den ersten zehn Monaten ist klar, dass die angestrebte Pünktlichkeit von rund 70 Prozent für 2023 nicht mehr zu erreichen ist", teilte ein Sprecher nun mit.
Nicht zuletzt wegen vieler Baustellen erreichten die ICE- und IC-Züge im Oktober lediglich 58,6 Prozent ihrer Halte ohne große Verzögerung, erklärte der Konzern. Als pünktlich gilt ein Zug mit weniger als sechs Minuten Verspätung. Ausgefallene Züge werden in der Statistik nicht berücksichtigt. Auch verpasste Anschlüsse gehen aus ihr nicht hervor.
Probleme verschärften sich über Jahre
Dass die Bahn vor allem im internationalen Vergleich ein Problem mit der Pünktlichkeit hat, ist seit Jahren bekannt. Zuletzt hat sich das Problem noch mal deutlich verschärft: Von 75,2 Prozent im Jahr 2021 fiel der Pünktlichkeitswert auf 65,2 Prozent im vergangenen Jahr.
Zur Einordnung hilft ein Blick in die Schweiz, auch wenn das Netz dort kleiner ist. Von Januar bis Oktober 2023 waren 90,6 Prozent der SBB-Züge im Fernverkehr pünktlich. In der Schweiz bedeutet pünktlich, dass die Züge weniger als drei Minuten Verspätung hatten.
Infrastruktur kollabiert regelrecht
Ein Hauptgrund für die schlechten Werte in Deutschland ist die marode Infrastruktur, auf der die Bahn zwar schon seit Jahren fährt, die aber jetzt regelrecht kollabiert. Nach Angaben des Konzerns waren im Oktober fast drei Viertel der Fernverkehrszüge auf ihrer Fahrt von mindestens einer Baustelle betroffen. Auf der für den bundesweiten Fernverkehr besonders wichtigen Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim kommt es laut DB täglich zu mindestens einer Störung.
Der Konzern setzt deshalb auf das Konzept der Generalsanierungen. Das sieht vor, dass eine Strecke für mehrere Monate komplett gesperrt wird, um dann alles auf einmal zu reparieren. Auch zahlreiche Bahnhöfe entlang der Strecken sollen dabei renoviert werden. Nach einer Generalsanierung hofft die Bahn auf acht bis zehn Jahre Baufreiheit auf dem jeweiligen Streckenabschnitt. Die erste große Runderneuerung steht im zweiten Halbjahr 2024 auf der bereits erwähnten Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim an. Danach sollen Dutzende weitere, besonders wichtige Strecken folgen.
Pro Bahn: Situation bis in die 30er-Jahre
Detlef Neuß vom Fahrgastverband Pro Bahn hofft, dass die Umbauarbeiten die Bahn langfristig wieder zuverlässiger und pünktlicher machen. Die aktuelle Situation bezeichnet er als "nicht mehr akzeptabel". Gerade wenn die schlechte Leistung bei der Pünktlichkeit mit schlechter Kundeninformation gepaart werde, sei der Ärger bei den Fahrgästen verständlicherweise groß. "Und leider Gottes muss man sagen: Kurzfristig wird sich nichts verbessern", sagt er.
Während die Bahn vor allem auf die vielen Baustellen als Gründe verweist, zählt Neuß auch weitere Aspekte auf: "Aus meiner Sicht liegt es auch am Mangel an Wagen, am Mangel an Personal. Dann kommt der Verschleiß an den Strecken dazu, die vielen Langsamfahrstrecken."
Es folge ein problematischer Kreislauf: "Viele Fahrgäste sind dann verärgert und lassen das leider auch am Zugpersonal aus. Dann erhöht sich wiederum der Krankenstand", sagt Neuß. Bei der DB fielen nicht nur viele Mitarbeiter wegen Infektionskrankheiten aus, sondern aufgrund der Belastung auch wegen Burnout. "Wir werden mit der Situation bis in die 30er-Jahre leben müssen", prognostiziert Neuß.