Pünktlichkeitsstatistik der Bahn Verspätungen bei Fernzügen nehmen zu
Im vergangenen Jahr mussten sich Bahnreisende deutlich häufiger mit Verspätungen rumschlagen. Verantwortlich sind vor allem die marode Infrastruktur und die zahlreichen Baustellen. Und Entspannung ist vorerst nicht in Sicht.
Im vergangenen Jahr hat fast jeder Dritte Fernverkehrsreisende bei der Bahn sein Ziel mit mindestens 15 Minuten Verspätung erreicht. Nur 70,6 Prozent der Fahrgäste kamen mit weniger Verspätung an ihrem Zielort an, wie aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums an ein Abgeordnetenbüro hervorgeht.
Von 2021 zu 2022 hat sich die sogenannte Reisendenpünktlichkeit demnach um zehn Prozentpunkte verschlechtert. 2017 kamen noch gut 86 Prozent der Fahrgäste mit weniger als 15 Minuten Verspätung an ihrem Ziel an.
Pünktlichkeitswerte zeigen nicht das ganze Bild
Die Deutsche Bahn veröffentlicht monatlich Pünktlichkeitswerte, die angeben, wie viele Haltepunkte mit weniger als sechs Minuten Verspätung erreicht wurden. Im August 2023 lag diese Quote im Fernverkehr bei lediglich 63,4 Prozent. Allerdings vermitteln diese Zahlen nicht das vollständige Bild, da sie keine Auskunft darüber geben, wie oft Anschlüsse verpasst wurden oder Züge komplett ausgefallen sind.
Die Reisendenpünktlichkeit hingegen berücksichtigt diese Aspekte und kommt daher dem tatsächlichen Reisegefühl der Fahrgäste näher. Sie wird ebenfalls von der Bahn erfasst, aber nicht regelmäßig veröffentlicht.
Die Bahn in der Kritik
Die Bahn steht seit Monaten wegen der schlechten Pünktlichkeitswerte in der Kritik. 2022 stürzten die Werte ab, unter anderem weil viele Baustellen den Verkehr beeinträchtigten. Die Bahn-Infrastruktur gilt als marode und wurde in den vergangenen Jahren kaum erneuert, gleichzeitig stieg aber der Bedarf an Zugverkehr. Auf dem bestehenden Netz gibt es kaum Kapazitäten für weitere Züge.
Das zeigt sich auch in den Ursachen für die Verspätungen. Laut der Ministeriumsantwort lassen sich 60,9 Prozent der "Verspätungsereignisse" zwischen Januar und Juli 2023 auf "belastungsbedingte Verspätungen" zurückführen - im Vergleich zu 46,4 Prozent im Jahr 2015. Zu dieser Art der Verspätungen gehören insbesondere Zugfolgekonflikte. Weil die Bahn in den 1990er Jahren viele Schienen und Weichen abgebaut hat, können sich die Züge an vielen Stellen im Netz nicht überholen.
Forderung nach besserer Infrastruktur
"Die vielen betroffenen Fahrgäste leiden also unter einer Infrastruktur, die eine zunehmende Zahl an Zügen nicht mehr bewältigen kann", sagt dazu Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. "Angebotssteigerungen sind aktuell nur noch begrenzt möglich. Gerade im Nah- und Personenverkehr können bessere Angebote erst dann kommen, wenn zusätzliche Infrastruktur fertiggestellt wird", sagte Gastel. Für das Wohl der Fahrgäste sei es daher entscheidend, nicht nur zu sanieren und auszubauen, sondern auch neu zu bauen.
Die Bahn plant für die nächsten Jahre zahlreiche Generalsanierungen auf besonders wichtigen Strecken, um die Pünktlichkeit zu verbessern und die Kapazität des Netzes durch moderne Bahntechnik zu erhöhen. Der Neubau von Strecken spielt dabei vorerst eine untergeordnete Rolle.