Boeing-Chef vor US-Senat "Sie sparen am falschen Ende"
Boeing-Chef Calhoun muss im US-Senat für die Pannen seiner Flugzeuge Rede und Antwort stehen. Vor den Angehörigen der Absturz-Toten weist er Profitgier-Vorwürfe zurück. Die Abgeordneten nehmen ihm die Läuterung nicht ab.
Nach diversen Pannen, Sicherheitsmängeln und zwei Abstürzen von Boeing-Maschinen 2018 und 2019 musste sich Boeing-Chef Dave Calhoun den Fragen von US-Senatoren stellen. Zu Anfang der Anhörung entschuldigte sich der CEO bei den Familien der Opfer der beiden Abstürze mit Boeing-Maschinen des Typs 737 Max.
"Ich entschuldige mich für das Leid, das wir zugefügt haben", sagte Calhoun und drehte sich zu den Hinterbliebenen der Absturzopfer um, die im Senatssaal im US-Kapitol anwesend waren.
Insgesamt 346 Menschen waren bei den beiden Abstürzen ums Leben gekommen. Schuld an den Unglücken war ein Fehler in der Software MCAS, einem System, das die Piloten eigentlich bei der Steuerung des Flugzeugs unterstützen sollte. Damals drückte die Software die Nase der Flugzeuge herunter und die Piloten konnten nicht eingreifen.
"Sie sind verantwortlich für 346 Tote"
Die Familien der Absturzopfer verlangen schon lange, dass der Flugzeugbauer strafrechtlich verfolgt wird. Vor der Anhörung waren Hinterbliebene vor die Presse getreten und hatten Fotos der Absturzopfer hochgehalten.
"Es ist wichtig, die Sicherheit der fliegenden Öffentlichkeit zu erhöhen. Aber die Leute ganz oben in den Führungsetagen müssen strafrechtlich angeklagt werden", sagt Adnaan Stumo, einer der Angehörigen. "Sie sind verantwortlich für 346 Tote, unter anderem für den Tod meiner Schwester und jedes Gesichts, das sie hier sehen."
Angehörige der Toten beider Boeing-Flugzeugabstürze 2019 und 2018 im US-Senat halten Bilder der Verstorbenen in die Höhe.
Calhoun gelobt Besserung
Boeing steckt seit den Abstürzen in der Dauerkrise. Vor fünf Monaten war bei einer neuen Maschine des Typs Boeing 737-9 Max kurz nach dem Start ein Teil der Kabinenwand herausgeflogen. Ermittler fanden heraus, dass vier Befestigungsbolzen gefehlt hatten. Im März verlor eine Boeing beim Start in San Francisco einen Reifen. Zusätzlich hatte vor kurzem ein Whistleblower - ein ehemaliger Boeing-Ingenieur - dem Unternehmen Produktionsfehler bei dem Modell 787 Dreamliner vorgeworfen.
Boeing-CEO Calhoun wies Vorwürfe zurück, dass dem Konzern im Wettbewerb mit seinem Rivalen Airbus Profit wichtiger sei als Sicherheit.
Viel wurde über die Kultur bei Boeing gesagt. Wir haben das laut und deutlich vernommen. Unsere Kultur ist alles andere als perfekt. Aber wir unternehmen etwas und wir machen Fortschritte.
"Das Problem liegt bei Ihnen"
Senatoren beider Parteien reagierten skeptisch auf seine Beteuerungen. Josh Hawley, Republikaner aus Missouri, nahm Calhoun regelrecht in die Mangel.
"Sie konzentrieren sich auf das, wofür Sie angeheuert wurden. Sie sparen am falschen Ende. Sie verzichten auf Sicherheitsmechanismen. Sie sparen Jobs ein, weil sie jedes Stückchen Profit aus dem Unternehmen pressen wollen", warf er dem Boeing-Chef vor. "Ich glaube nicht, dass das Problem bei den Angestellten liegt, ich glaube, das Problem liegt bei Ihnen."
Immer wieder fragte Senator Hawley Calhoun, wofür er so viel Gehalt bekomme. Der Boeing-Chef verdiente im vergangenen Jahr insgesamt 32,8 Millionen Dollar. Der 67-Jährige hat zum Jahresende seinen Rücktritt angekündigt. Noch ist nicht klar, wer ihm nachfolgen wird. Doch fest steht schon jetzt: Sein Nachfolger wird keinen leichten Job haben.