Anhörung zu Boeing-Pannen "De facto stellen sie fehlerhafte Flugzeuge her"
In einer Anhörung vor dem US-Senat hat ein Boeing-Ingenieur auf erhebliche Sicherheitsmängel hingewiesen. Die Senatoren forderten von dem US-Flugzeugbauer ein verbessertes Sicherheitskonzept.
Mal ist es eine Triebwerksabdeckung, mal eine herausgerissene Kabinentür. Die technischen Probleme häuften sich zuletzt bei Boeing - und beschäftigten am Mittwoch auch den US-Senat in Washington.
Boeing-Ingenieur Sam Salehpour wiederholte vor Senatoren seine massiven Anschuldigungen gegen den Flugzeugbauer. "De facto stellen sie fehlerhafte Flugzeuge her", so der Whistleblower. Unter anderem, um die Produktion zu beschleunigen, seien bei der Montage von Rumpfteilen des Langstreckenfliegers 787 Dreamliner erhebliche Fehler toleriert worden. "Ich war Zeuge von schweren Montagefehlern beim Zusammenbau des Flugzeugs. Ich habe gesehen, wie Monteure auf den Flugzeugen herumsprangen, um Teile passend zu machen. Das war nur eine von vielen unsachgemäßen Methoden."
"Keine Kultur der Sicherheit"
Salehpour erklärte, dass Abstände zwischen Flugzeugteilen, die größer als 0,127 mm seien, gemäß den Vorgaben geschlossen werden müssten. An knapp 1.500 Flugzeugen seien diese Lücken jedoch nicht geschlossen worden. Dies könnte zu frühzeitiger Materialermüdung und somit zu einer Katastrophe führen, so Salehpour.
"Ich habe im Unternehmen wiederholt meine Sorge geäußert. Ich wurde ins Abseits gedrängt, mir wurde gesagt, ich solle den Mund halten, ich wurde körperlich bedroht", sagte der Whistleblower. "Dies ist keine Kultur der Sicherheit", wenn man bedroht werde, weil man Sicherheitsbedenken habe, sagte Sahlepour weiter.
Auch ein ehemaliger Ingenieur von Boeing sagte vor dem Senatsausschuss aus. Ed Pierson schied bereits 2018 aus dem Konzern aus, kurz bevor zwei Boeing-Maschinen vom Typ 737 Max abstürzten. Damals kamen 346 Menschen ums Leben. "Die Welt ist schockiert über die aktuellen Probleme mit der Produktionsqualität von Boeing. Ich bin nicht überrascht, weil sich nach den beiden Abstürzen nichts geändert hat. Es gab keine Rechenschaftspflicht, kein einziger Boeing-Mitarbeiter wurde ins Gefängnis gesteckt."
Boeing weist Vorwürfe zurück
Boeing wies die aktuellen Vorwürfe zum 787 Dreamliner zurück. Man habe die Maschinen gründlich gecheckt und dabei keinerlei Mängel entdeckt. Und auch die Flugaufsichtsbehörde FAA erklärte, die Flugzeuge entsprächen den vorgeschriebenen Sicherheitsstandards.
US-Senatoren forderten, dass der Flugzeugbauer dringend seine Sicherheitskultur verbessern müsse. "Das bestätigt, dass wir uns ansehen müssen, was Boeing tut, und nicht nur, was es behauptet zu tun. Boeing sagt, dass Sicherheit für das Unternehmen oberste Priorität hat. Doch als es aufgefordert wurde, Beweise dafür vorzulegen, lieferte Boeing - ich zitiere - keine objektiven Beweise für eine grundsätzliche Verpflichtung zur Sicherheit", erklärte die demokratische Senatorin Tammy Duckworth aus Illinois.
Wegen der nicht abreißenden Pannen gerät Boeing immer mehr unter Druck. Das Unternehmen zog bereits personelle Konsequenzen. Konzernchef David Calhoun kündigte an, bis zum Jahresende abtreten zu wollen.