Überprüfung durch Luftfahrtbehörde Krise bei Boeing spitzt sich zu
Für Boeing sollte 2024 eigentlich ein gutes Jahr werden. Stattdessen gab es bisher jede Menge Pannen. Von der US-Flugsicherheitsbehörde gab es dafür jetzt ein miserables Zeugnis. Das Vertrauen in Boeing sinkt weiter.
Wie viel mehr er heute überlegen würde, bevor er ins Cockpit einer Boeing-Maschine steigt, verglichen mit letztem Jahr: Das wurde American-Airlines-Pilot Dennis Tajer bei CNBC gefragt. Mehr als jemals zuvor, war seine Antwort.
Boeing-Flugzeuge hätten ihm, als er noch beim Militär war, oft das Leben gerettet, erzählt Tajer. Da sei der Feind außerhalb der Maschine gewesen. Jetzt aber habe er das Gefühl, der Feind sitze mit im Flugzeug.
Wer häufig fliegt, hört das sicher nicht gern, noch dazu von einem Piloten. Doch der Flugzeugriese Boeing macht seit Januar immer wieder als Pannen-Konzern Schlagzeilen - seit dem Flug einer 737 Max 9, die ein Kabinenteil samt Fenster verlor.
"Sofort Maßnahmen ergriffen"
Nach dem Vorfall habe die FAA, die amerikanische Luftfahrtbehörde, sofort Maßnahmen ergriffen, sagt ihr Chef, Michael Whitaker, bei einer Pressekonferenz. Sicherheit werde weiterhin an erster Stelle stehen. Allerdings haben die letzten Überprüfungen von Boeings Produktionsprozessen gezeigt, dass ausgerechnet Boeings Bestseller, die Kurzstreckenflieger vom Typ 737 Max, bei mehr als einem Drittel der Tests durchfallen.
Auf die Frage von CBS, ob der Konzern trotzdem sichere Flugzeuge baue, sagte Whitaker, die FAA bescheinige den Flugzeugen, die unter ihrer Aufsicht hergestellt werden, dass sie sicher seien.
Probleme bei Zulieferer
Bei der Boeing-Überprüfung sind jedoch auch Probleme bei Arbeitsschritten eines Zulieferers deutlich geworden. Das meldet die "New York Times", die sich auf eine interne Präsentation der FAA beruft. Techniker von Spirit Aero Systems, dem Unternehmen, das den Rumpf der Boeing 737 herstellt, hätten beispielsweise die Abdichtung einer Flugzeugtür mit Hilfe einer Hotel-Schlüsselkarte kontrolliert. Wie schwerwiegend solche Auffälligkeiten sind, ist bisher noch unklar.
US-Verkehrsminister Pete Buttigieg fordert bei Fox News, dass die Vorgänge bei Boeing weiter sehr streng kontrolliert werden müssen. Gleichzeitig versucht aber auch er, etwas Druck von der Sache zu nehmen: Mit der gleichen Strenge solle es auch um die Sicherheit im Straßenverkehr gehen, meint Buttigieg. Da würden jeden Tag ungefähr so viele Amerikanerinnen und Amerikaner ihr Leben verlieren, wie in eine 737 passen.
Selbstmord von Ex-Manager
Für noch mehr Aufmerksamkeit rund um die Probleme bei Boeing sorgt in dieser Woche jedoch auch der Tod von John Barnett. Der 62-jährige ehemalige Boeing-Manager beging nach Polizeiangaben vermutlich Selbstmord. Er hatte seinen alten Arbeitgeber immer wieder öffentlich kritisiert - wegen angeblicher Sicherheitsmängel.
Vom ersten Tag an sei es nur um den Zeitplan gegangen, sagte Barnett etwa NBC im Jahr 2019. "Beeilt euch, werdet fertig, bringt Flugzeuge raus" - nur das sei wichtig gewesen. Zeit, sich um andere Probleme zu kümmern, hätten die Verantwortlichen bei Boeing nicht gehabt.
Am Tag seines Todes sollte Barnett Aussagen zu einem anderen Boeing-Whistleblower-Fall zu Protokoll geben. Ein Zusammenhang zwischen seinem Tod und der Situation bei Boeing ist nicht erwiesen. Der Flugzeughersteller hat Barnetts Familie und Freunden sein Beileid ausgesprochen.
Boeings Zukunft bleibt unabhängig davon ungewiss.