Tarifstreit bei der Bahn Streik geht trotz neuen Angebots weiter
Die Lokführer führen den Streik bei der Deutschen Bahn fort. Seit dem Morgen wird nun auch der Personenverkehr bestreikt. Das neue Angebot der Deutschen Bahn wies GDL-Chef Weselsky mit deutlichen Worten zurück.
Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL geht weiter. Seit 2 Uhr stünden große Teile des Personenverkehrs still, teilte die Bahn auf ihrer Webseite mit. Im Fernverkehr werde erneut ein Grundangebot von rund einem Viertel des normalen Fahrplans unterwegs sein. Im Regionalverkehr sei das Ziel, etwa 40 Prozent des regulären Angebots zu fahren, es gebe starke regionale Unterschiede.
Sollte es in dem Tarifkonflikt weiterhin keine Bewegung geben, müssen sich Bahnkunden bis kommende Woche Dienstag auf weitgehende Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr einstellen. Bereits seit gestern wird auch der Güterverkehr bestreikt.
Die Bahn hatte kurz vor Beginn des Ausstands noch einmal ein neues Angebot vorgelegt. Es beinhalte eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro und eine Laufzeit des Tarifvertrags von 36 Monaten, wie Personalvorstand Martin Seiler mitteilte. Bislang hatte die Bahn eine Laufzeit von 40 Monaten angeboten und die Höhe der Prämie nicht beziffert. "Gleichzeitig bieten wir eine Lohnerhöhung von 3,2 Prozent - genau das fordert auch die GDL", so Seiler. Es gebe "jetzt erst recht keinen Grund mehr für einen fast einwöchigen Streik".
Weselsky: Ziel der Bahn ist "Existenzvernichtung der GDL"
GDL-Chef Claus Weselsky betonte jedoch im ARD-Morgenmagazin, der Streik werde trotzdem fortgesetzt. Das neue Angebot der Bahn sei "inhaltlich nicht hinnehmbar". "Dieses Angebot kann kein Mensch und vor allem keine Gewerkschaft auf dieser Welt annehmen", so der Gewerkschaftsvorsitzende. Gleichzeitig betonte Weselsky, seine Gewerkschaft werde "natürlich" weiter mit der Bahn verhandeln, man könne nur die Nullrunde für 2021 und die Wegnahme des Zusatzversorgungstarifvertrags bei der Betriebsrente nicht akzeptieren.
Zugleich warf Weselsky der Bahn vor, sie habe vor, die Gewerkschaft zu spalten, "und zwar in Mitglieder erster und zweiter Klasse: diejenigen, die einen Tarifvertrag bekommen, und diejenigen, die keinen Tarifvertrag bekommen". Weiter sagte er: "Das Ziel des Bahnvorstands ist die Existenzvernichtung der GDL." Dabei habe seine Gewerkschaft zuletzt etwa 4000 neue Mitglieder gewonnen.
Der Personalvorstand der Bahn, Martin Seiler, sagte ebenfalls im ARD-Morgenmagazin von ARD und ZDF, sein Unternehmen habe einer Lohnerhöhung um 3,2 Prozent und einer Corona-Prämie zugestimmt und damit zentrale Forderungen der GDL erfüllt. Deshalb erwarte er, dass nun weiter verhandelt werde.
Zu den Kritikpunkten der GDL, dass die Zahlungen erst 2022 erfolgen sollen und damit in diesem Jahr eine Nullrunde anstehe, sowie zu den Veränderungen bei der Betriebsrente sagte Seiler nichts. Auch warum die Bahn erst sehr kurz vor Beginn des Streiks das neue Angebot vorlegte, blieb unklar. Seiler betonte wie in den vergangenen Wochen erneut, die GDL müsse an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Streit über Laufzeit des Tarifvertrags
Die GDL fordert eine Laufzeit des Tarifvertrags von maximal 28 Monaten. Außerdem will sie, dass die erste Tarifstufe von 1,7 Prozent noch im laufenden Jahr gezahlt wird. Mit den gebotenen 600 Euro würde die Bahn die Forderung der GDL nach einer Corona-Prämie in voller Höhe erfüllen. Bereits vor der vorigen Streikrunde hatte sich die bundeseigene Bahn zur Auszahlung bereit erklärt, allerdings ohne eine konkrete Summe zu nennen.
Grüne fordern Ende des Tarifeinheitsgesetzes
Angesichts des aktuellen Bahnstreiks haben die Grünen gefordert, das Tarifeinheitsgesetz wieder abzuschaffen. Dieses wurde 2015 verabschiedet und sieht vor, dass in einem Unternehmen mit konkurrierenden Gewerkschaften nur noch der Tarifvertrag der größeren Arbeitnehmervertretung angewendet werden darf. So sollte die alte Regel wieder hergestellt werden: "Ein Betrieb - ein Tarifvertrag". Die Macht kleiner Spartengewerkschaften, wie von Lokführern oder Piloten, sollte eingedämmt werden.
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Anton Hofreiter, sagte im rbb, das Gegenteil sei jedoch der Fall: Die Regelung verschärfe die Auseinandersetzungen in Unternehmen wie der Bahn. "Das ist auch nicht überraschend. Das ist 2015 prophezeit worden, dass das glatte Gegenteil erreicht wird - nicht weniger Streiks, sondern mehr Streiks - und genau das ist passiert." Deshalb sollte man das Gesetz "einfach aufheben".