Elektromobilität Wie die Batterietechnik den E-Auto-Markt bremst
Die deutschen Autobauer stecken auch wegen der schwachen Nachfrage nach Elektroautos in der Krise. Ein Grund für die Zurückhaltung liegt auch an der Batterietechnik, die noch teuer und nicht ausgereift ist.
Werkschließungen beim größten Hersteller Volkswagen, der Wegfall Zehntausender Jobs bis 2035 und Gewinneinbrüche bei vielen Konzernen: Die deutsche Autobranche befindet sich in der Krise. Als Hauptursache nennen die Betroffenen die schwierige Transformation hin zur Elektromobilität. Neue Konkurrenten, hohe Kosten, Managementfehler und Unsicherheiten an mehreren Fronten erschweren die nötigen Veränderungen. Dazu kommt die eingebrochene Nachfrage nach Elektroautos.
Anschaffungskosten sind weiter hoch
Von Januar bis September wurden nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts lediglich 276.390 batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge (BEV) neu zugelassen. 2023 waren es in diesem Zeitraum noch mehr als 387.000. Damit beträgt das Minus satte 28,6 Prozent. Allein im August waren die Elektroauto-Neuzulassungen hierzulande um fast 70 Prozent abgestürzt. Zuletzt stiegen die Zahlen zwar wieder ein wenig an, doch wie schnell die Erholung einsetzt, ist fraglich.
Denn im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung zunächst die Kaufprämie für gewerbliche Elektroautos gestrichen und im Herbst dann überraschend auch die Förderung für private Käuferinnen und Käufer. Nun gibt es Pläne, erneut eine staatliche Unterstützung einzuführen - durch steuerliche Anreize, neue Boni oder eine Abwrackprämie für alte Verbrenner.
Die hohen Anschaffungskosten für E-Autos sind ein wesentlicher Bremsklotz für die Verkehrswende. Einer GfK-Umfrage im Auftrag der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) zufolge entscheiden sich 43 Prozent der Käufer von Verbrennern aus diesem Grund gegen einen Kauf. Nach Angaben des Instituts Center Automotive Research (CAR) sind die Elektroautos mit einem Durchschnittspreis von 39.800 Euro im Schnitt immer noch knapp 6.600 Euro teurer als vergleichbare Verbrenner.
Abwartende Haltung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern
"Grundsätzlich sind die Menschen vor dem Hintergrund der zunehmenden auch gesamtwirtschaftlichen Unsicherheiten weniger zu einer so großen Investitionsentscheidung bereit", erklärt der ADAC auf Anfrage von tagesschau.de. Das Angebot an bezahlbaren Elektro-Pkw, besonders Kleinwagen, sei begrenzt. "Diskussionen über mögliche neue staatliche Förderungen führen außerdem dazu, dass potenzielle Interessenten an E-Pkw mit der Kaufentscheidung warten", so die Fachleute weiter. Das erkläre auch den Anteil von Leasing-Fahrzeugen, denn die Festlegung auf die E-Mobilität sei damit deutlich kürzer.
Dazu kommen weitere Gründe für die Zurückhaltung bei E-Autos: "Konkret haben viele Verbraucher immer noch Sorge vor einer nicht ausreichenden Reichweite und ungenügenden Lademöglichkeiten", so der ADAC. Auch in der DAT-Umfrage nennen die Hälfte aller Befragten die begrenzte Reichweite der Batterie. Zusätzliche Gründe für die Ablehnung sind danach die unausgereifte Infrastruktur, zu lange Ladezeiten und die Haltbarkeit der Batterie.
E-Autos lassen sich nicht gut weiterverkaufen
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher zögerten noch mit dem Kauf eines E-Autos, meint auch Oliver Falck vom ifo-Institut: "Es gibt eine hohe Unsicherheit über die Strompreisentwicklung und die sichere Stromversorgung sowie eine Abwartehaltung in Bezug auf größere Modellvielfalt, bessere Technologien und sinkende Preise."
Außerdem spiele der geschätzte niedrigere Wiederverkaufswert eine Rolle, so der Experte. Zwischen August 2023 und August 2024 ist der durchschnittliche Wert eines gebrauchten E-Autos nach Angaben der amerikanischen Online-Auto-Verkaufsplattform iSeeCars um 25 Prozent gefallen - von umgerechnet 32.249 Euro auf 24.292 Euro. Die Preise für gebrauchte Benziner sanken lediglich um 4,4 Prozent.
Kosten für Batterieaustausch noch sehr hoch
Entscheidend für den Wert eines gebrauchten Elektroautos ist vor allem der Zustand des Akkus. Fachleute beziffern die Lebensdauer mittlerweile auf mindestens 200.000 Kilometer und damit auf einem Niveau mit der Batterie von Verbrenner-Fahrzeugen. ADAC-Tests hätten gezeigt, dass die Batterien neuerer Elektrofahrzeuge auch nach hohen Laufleistungen keine Schwächen zeigen, so der Automobilclub. Der Gesundheitszustand etwa eines VW ID.3 liege nach 100.000 Kilometern im erwartbaren Rahmen und bei über 90 Prozent.
Das liegt auch daran, dass die in E-Autos eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien immer effizienter werden. "Bei den Batterien sind weiterhin große Technologiesprünge zu erwarten", erklärt ifo-Experte Falck im Gespräch mit tagesschau.de. In den kommenden Jahren rechnen Fachleute beispielsweise mit der Einführung des Feststoffakkus. Die noch nicht ausgereifte Technologie ist der Hoffnungsträger in der Branche. Frank Blome, Batteriechef bei Volkswagen, schwärmt bereits von einem Reichweitenplus von 30 Prozent und einer Halbierung der Ladezeit.
Gebrauchtwagenmarkt für Stromer noch schwierig
Deshalb stelle sich für viele Verbraucherinnen und Verbraucher die Frage, ob sie derzeit einen Gebrauchtwagen kaufen sollten, dessen Technologie in ein paar Jahren überholt sein könnte. Man könne die Batterie zwar austauschen. "Aktuell sind die Kosten aber noch sehr hoch", so der Leiter des ifo-Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien.
Ähnlich denken offenbar auch viele Verbraucher. Laut der DAT-Umfrage kommt nur für lediglich 13 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer ein E-Auto infrage. Drei Viertel aller Pkw-Halter sagen demnach, die Fahrzeuge seien bezogen auf die Technologie noch nicht ausgereift.
Akkus in der Praxis gar nicht so schlecht
"Generell ist derzeit bei Elektroautos eine gewisse Kaufzurückhaltung zu spüren, auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt", bestätigt der ADAC. Grundsätzlich entwickele sich dieser aber positiv, "weil zunehmend Leasing-Rückläufer in den Markt kommen und damit das Angebot deutlich steigt". Außerdem gebe es mittlerweile sehr häufig den Hinweis, dass ein Batteriezertifikat für das angebotene Fahrzeug vorhanden ist. "Dies ist gut und wichtig, denn dies schafft Vertrauen beim Verbraucher", so die Experten. Es sei davon auszugehen, dass die Technologiesprünge künftig geringer ausfallen.
Darüber hinaus gibt es dem ADAC zufolge in der Regel Reparaturmöglichkeiten für schwächelnde oder defekte Antriebsbatterien. "Oftmals muss nicht die komplette Batterie getauscht werden, da meist nur vereinzelte Module defekt sind. Vereinzelt fangen freie Werkstätten an, Defekte an Hochvoltbatterien zu reparieren."
Aus dem Verkauf kommen ähnliche Signale. Im Autohaus Roth in Daaden im Westerwald überprüfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufwendig die Akkus von E-Autos und lassen die Ergebnisse unabhängig vom TÜV Rheinland bestätigen, wie Chef Mike Heirman kürzlich dem SWR erklärte. Sie seien in der Lage, gebrauchte Akkus sehr genau "durchmessen" können. "Die Ergebnisse sind eigentlich erstaunlich gut." Käufer und Fachleute trauten den Akkus deutlich weniger zu, als es tatsächlich der Realität entspreche.
Recycling macht Fortschritte
Welcher Akku in welchem Fahrzeug in Zukunft angeboten wird, dürfte laut dem ADAC vor allem von den konkreten Anforderungen und der Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden abhängen. "Allein schon die Materialknappheit und Preisschwankungen werden für eine breite Palette verschiedener Akku-Varianten sorgen", so die Experten. Kritiker befürchten jedoch, dass durch immer bessere Technik ein Wegwerfproblem entstehe - ähnlich wie bei Smartphones.
Der ADAC bezweifelt das: "Der Vergleich mit einem Handy hinkt schon deshalb, weil der Anschaffungswert eines Pkw deutlich höher ist. Das Elektroauto hat darüber hinaus inzwischen Alltagstauglichkeit erreicht und kann einen großen Teil der Fahrprofile von Verbrauchern abdecken." ifo-Experte Falck vermutet, dass sich außerdem viel beim Tausch der Batterien und beim Thema Recycling tun wird - nicht nur wegen der Nachhaltigkeit. "Die Kreislaufwirtschaft wird ja zum Dreh- und Angelpunkt, um unabhängiger von kritischen Rohstoffimporten zu werden."
Auch andere Fachleute sind optimistisch, dass es nicht zu einer Verschwendung kommt, weil Gesetze wie die EU-Batterieverordnung mit hohen Recycling- und Wiederverwendungsquoten einen sehr guten Rahmen schaffen. An der Optimierung des Recyclings arbeiten zahlreiche Firmen, darunter Mercedes, BASF und VW. Schon bis 2035 könnten 30 Prozent des Lithium, Nickel und Kobalt in den Batterien aus recyceltem Material kommen, schätzt eine Studie der RWTH Aachen und des Beratungsunternehmens PwC. Die Studienautoren prognostizieren, dass das Recycling-Geschäft ab 2030 in Europa rentabel werden könnte - auch weil dann genug Altbatterien im Umlauf sind.