Schuldenkrise in Spanien Spanien spart Milliarden - und gibt mehr aus
Spanien kämpft weiter gegen die Schuldenkrise. Für 2013 will die Regierung neue Einsparungen in Rekordhöhe vornehmen. Der Budgetentwurf für das Jahr 2013 sieht laut spanischen Medien Entlastungen von 40 Milliarden Euro vor - teilweise durch drastische Einsparungen. Die Staatsausgaben steigen dennoch weiter.
Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid
Die meisten Beobachter hatten fest damit gerechnet, dass im Sparhaushalt der Inflationsausgleich für die Renten wegfallen würde. Doch in Galicien, dem Baskenland und Katalonien stehen Regionalwahlen an, da wollte Ministerpräsident Mariano Rajoy offenbar nicht schon wieder ein Wahlversprechen brechen.
Die Regierung behält aber nicht nur den Inflationsausgleich bei, sie hebt die Renten sogar um ein Prozent an. Das alles kostet richtig Geld, rund vier Milliarden Euro. Ziemlich kontraproduktiv, wenn man eigentlich 20 Milliarden zusätzlich rausgeben will, um das Defizitziel zu erreichen.
43 Gesetzesvorhaben für Strukturreformen
Doch es gibt ja die Rentenreserve. Sie wird jetzt zum ersten Mal in der Geschichte Spaniens angegriffen. Die Minister bemühten sich nach Kräften, bei der Vorstellung des neuen Sparhaushaltes und des so genannten "nationalen Reformplans" die guten Nachrichten hervor zu heben. Mit 43 Gesetzesvorhaben will die Regierung Strukturreformen auf den Weg bringen und Wachstumsimpulse setzen. Zum Beispiel mit einer neuen Abwrackprämie.
"Das Ziel ist, mehr als zwölf Jahre alte Pkw und mehr als zehn Jahre alte Kleintransporter durch Fahrzeuge zu ersetzen, die weniger verbrauchen und weniger Schadstoffe ausstoßen", sagt Vize-Ministerpräsidentin Soraya de Santamaria. Entscheidender als der Umweltschutzaspekt dürften für die Einführung allerdings die Probleme der extrem gebeutelten spanischen Autoindustrie sein. Sie rollt seit Monaten von einem Minus-Verkaufsrekord zum nächsten den Berg hinunter.
Die Talsohle soll 2013 durchschritten werden
Die Regierung will außerdem den Energie-, den Dienstleistungs- und den Telekommunikationssektor liberalisieren, um für mehr Wettbewerb und zugleich mehr Wettbewerbsfähigkeit zu sorgen. Im kommenden Jahr werde man die Talsohle durchschreiten, versprach Finanzminister Cristóbal Montoro: "Wir gehen davon aus, dass das laufende Haushaltsjahr das letzte ist, in dem Arbeitsplätze verloren gehen und dass sich die Arbeitslosenquote im kommenden Jahr in ähnlichen Bereichen bewegen wird wie jetzt."
Dass der Finanzminister eine geschätzte Arbeitslosenquote von rund 25 Prozent im kommenden Jahr als gute Nachricht verkauft ist Beleg dafür, wie groß die Wirtschaftsprobleme sind, derer sich die Regierung mit dem "nationalen Reformplan" annehmen will.
Um die Probleme bei den Ausgaben besser in den Griff zu bekommen, folgt die Regierung einer Empfehlung der EU-Kommission: Eine neue Institution soll in Zukunft darüber wachen, dass beschlossene Budgets auf allen Verwaltungsebenen auch eingehalten werden. Dafür und für die anderen beschlossenen Reformen gab es sogar schon Lob aus Brüssel. Die neuen Maßnahmen seien wichtige Schritte, die auf bereits erreichten Erfolgen aufbauten, ließ EU-Vize-Kommissionpräsident Olli Rehn in einem Statement verlauten.
Neue Steuern auf Lotteriegewinne
Das Schwergewicht des Haushaltes selbst liegt trotz allem bei Einsparungen. Das zeige, dass die Regierung es ernst damit meine, die Staatsfinanzen grundlegend neu zu ordnen, betonte in Madrid Vize-Ministerpräsidentin de Santamaria. So werden die Budgets der Ministerien im kommenden Jahr im Schnitt um 12 Prozent kleiner ausfallen als in diesem Jahr.
Woran im Einzelnen gespart wird, führten die Minister bei ihrer Pressekonferenz zwar nicht im Detail aus, schon vorab war aber beispielsweise bekannt geworden, dass es große Einschnitte im Kultursektor geben wird - unter anderem bei den staatlichen Mitteln für den Prado und das Reina Sofia Museum.
Ganz ohne Steigerung der Einnahmen ist der Haushalt für 2013 allerdings nicht zu stemmen. Es werde eine neue Steuer eingeführt, erklärte Finanzminister Montoro: "Sie betrifft Lotteriegewinne von mehr als 2500 Euro, und damit etwa 40 Prozent der derzeit ausgeschütteten Gewinne der staatlichen und anderer, grundsätzlich steuerbefreiter Lotterien. Die Steuer wird 20 Prozent betragen."
Angesichts der Spiellust der Spanier, von denen viele in Krisenzeiten ganz besonders hoffen, das große Los zu ziehen, ist das eine lohnende Geldquelle. Fast eine Milliarde Euro will die Regierung auf diese Weise einnehmen. Und sollte das Geld trotzdem knapp werden: Die Regionalwahlen finden ja schon im Oktober und November statt. "Die Renten sind sicher" - möglicherweise gilt das schon bald danach doch nicht mehr.