Spanien will nicht unter Rettungsschirm Angst vor der Apokalypse
Spanien kämpft gegen die Folgen der hohen Verschuldung. Doch Hilfen des Euro-Rettungsschirms lehnt die Regierung ab und malt ein düsteres Bild möglicher Konsequenzen. Nur vereinzelte Stimmen sehen ein mögliches Rettungspaket deutlich positiver.
Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid
In Sachen Eurokrise und Bewältigung derselben scheint keiner mehr so richtig durchzublicken, was wirklich Sache ist - nicht mal in Brüssel. Da erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso Mitte vergangener Woche, man könne notleidenden Banken ja direkten Zugang zu EU-Hilfe verschaffen, während Wirtschaftskommissar Olli Rehn eine halbe Stunde später klar stellte: Das ist im ESM nicht vorgesehen.
"Rettung wäre eine Eselei"
Nicht vorgesehen ist im Wortschatz der spanischen Regierung andererseits das Wort "Rettung" oder gar "Intervention" - höchstens, um sie kategorisch auszuschließen. "Eine Rettung wäre eine Eselei", sagte Wirtschaftsminister Luis de Guindos. "Sie würde zu völligem Misstrauen führen, zu einem Dominoeffekt." Er warnte davor, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Fall nicht einfach um zwei oder drei Prozent zurückgehen werde. "Die Rettung bedeutet in Wirklichkeit große Depression", stellte er klar.
Rettung kommt nicht in die Tüte - das ist seit Wochen die klare Botschaft der Regierung. Blöd, dass ein Parteifreund, immerhin außenpolitischer Sprecher der Regierungspartei, ausgerechnet jetzt ein Lapsus unterläuft. "Wenn es am Ende - und natürlich kann man das nicht ausschließen - zur Intervention kommt, dann ist das nicht die Apokalypse", sagte Beneyto Perez. "Dann muss man damit leben. Portugal lebt recht friedlich damit und in Irland geht es wieder aufwärts."
Kritik an Merkels Politik
Das sei nur eine Privatmeinung, natürlich, stellten Parteisprecher inzwischen klar. Trotzdem ist für immer mehr Spanier das Thema "Rettung" ein Thema - und dabei der Eindruck, dass vor allem die ultra-starrköpfige Politik Angela Merkels bezüglich Sparpolitik und Geld für die Bankenrettung Spanien immer weiter in die Krise hineinreitet. Im Online-Forum der Tageszeitung "El Pais" werden die User da schon mal drastisch: Angela Merkel sei ein Fall für den Hirnchirurgen, schreibt da jemand. Allerdings kommt die eigene Regierung in der Antwort eines anderen Users auch nicht gut weg: "Gute Zeiten für Hirnchirurgen, die müssten nämlich auch mal bei Rajoy, de Guindos und Regierungssprecherin Saenz de Santamaria ran."
Die Stimmung war alles andere als entspannt an diesem Wochenende in Spanien. Da kommen die kleinen guten Nachrichten von heute wie gerufen: Die Arbeitslosigkeit ist leicht gesunken, der Schuldenstand der Privathaushalte auch. Und angeblich höhlt der stete spanische Tropfen inzwischen auch in Deutschland den Stein. Noch in diesem Monat könne eine Formel gefunden werden, wie Banken - natürlich nicht nur spanische - direkt auf EU-Hilfsmittel zurückgreifen können, behaupten spanische Medien.
"Es gibt Turbulenzen"
Fehlt nur ein Schlusswort. Es kommt, angemessen blumig, von Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy. "Wir wandeln zwar nicht auf Rosen, aber es ist auch nicht der Vorabend der Apokalypse", sagte er. "Noch haben wir uns nicht von den Bedrohungen befreien können, doch wir werden ihnen nicht erliegen. Der Sturm ist nicht abgezogen, aber wir werden nicht kentern. Es gibt Turbulenzen, aber wir können ihnen widerstehen und sie erfolgreich überstehen."