Leinwand-Foto der britischen Sängerin Adele

Hunderte Euro pro Karte Warum Konzerttickets so teuer sind

Stand: 06.10.2024 09:05 Uhr

Die Preise für Konzerttickets explodieren. Tickets der Sängerin Adele kosteten zuletzt bis zu 600 Euro. Fans greifen dennoch tief in die Tasche. Was rechtfertigt diese Preise?

Von Anne-Catherine Beck, ARD-Finanzredaktion

Einige Konzertbesuche sind inzwischen so teuer wie Kurzurlaube. Fans der Sängerin Adele gaben für die Auftritte der Pop-Ikone im Sommer in München alleine für Tickets zwischen 180 und 600 Euro aus. Dazu kommen weitere Ausgaben für Anreise, Verpflegung, oft auch Hotelkosten. Seit der Corona-Pandemie sind die Ticketpreise im Schnitt um 30 Prozent gestiegen, erklärt der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft.

Ein wichtiger Grund: "Künstlerhonorare sind im Festivalbereich teilweise sogar um das Dreifache gestiegen. Grund dafür ist unter anderem, dass die Konzerte für die allermeisten Künstler zur Haupteinnahmequelle geworden sind, weil vom Streaming nur wenige stark profitieren", sagt Johannes Everke, Chef des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft. So soll Taylor Swift an einem Konzert-Abend laut Branchen-Insidern umgerechnet mehr als zwölf Millionen Euro einnehmen. Hinzu kommt, dass Konzerte in der Umsetzung aufwendiger und damit auch teurer geworden sind.

Die Ansprüche steigen - die Kosten auch

"Das bedeutet, dass wir bei den Konzerten schon lange nicht mehr nur die Musik verkaufen. Die gibt es ja kostenlos woanders. Sondern wir verkaufen das Erlebnis, die Identifikation und die Gemeinschaft", sagt Everke. Außerdem hätten sich die Ansprüche sowohl des Publikums als auch der Künstler verändert: "220 Meter LED-Wand, Feuerwerk und alles mögliche, Pyrotechnik bei Adele - das war vor 20 Jahren nicht nötig."

Auch die Personalkosten treiben die Ticketpreise nach oben. Bei den Konzerten der Sängerin Adele waren 700 Mitarbeiter am Aufbau des Konzertstadions in München beteiligt, welches Medienberichten zufolge 140 Millionen Euro gekostet hat. Dazu sei Technik teurer geworden. Auch hätten gestiegene Risiken, wie beispielsweise Wetterrisiken, die Versicherungsprämien verteuert. Unter dem Strich seien die Produktionskosten der Veranstalter in den vergangenen zwei Jahren um 40 Prozent gestiegen.  

Ticketverkäufer mit Einfluss auf Preisgestaltung

Einfluss auf die Konzertpreise haben auch die Ticketverkäufer. Der größte Ticketverkäufer und Veranstalter in den USA ist das Unternehmen Live Nation, das auch hinter den Adele- oder Coldplay-Konzerten steckt. Live Nation ist mit seiner Tochterfirma Ticketmaster zwar auch in Deutschland und Europa aktiv, allerdings weniger stark als in den USA. Denn mit dem Ticketverkäufer und Veranstalter CTS Eventim gibt es hier nennenswerte Konkurrenz.

Sowohl Live Nation als auch Eventim verkaufen nicht nur Konzert-Tickets, sie treten gleichzeitig selbst oder über Tochterfirmen auch als Veranstalter auf. Außerdem betreiben sie teilweise auch die Locations, in denen die Konzerte stattfinden und sichern sich damit eine enorme Marktmacht. Für Kunden bedeutet das oftmals höhere Preise.

USA: Höhere Nachfrage - höhere Preise

Offenbar passen einige Unternehmen die Preise auch an die jeweilige Nachfrage an und beobachten diese sehr genau. Die Rede ist von "Dynamic Pricing" - also einer dynamischen Preisanpassung von Tickets, je nach Nachfrage. Wie Recherchen zeigen, nutzt Live Nation in den USA Algorithmen, die den Ticketverkauf regelmäßig beobachten und die Preise entsprechend anpassen. Der Chef von Live Nation, Michael Rapino, hat selbst in einem Interview kein Geheimnis daraus gemacht.

Doch wie sieht das hierzulande aus? Während dieses System in Deutschland bei Flugreisen oder Mietwagen längst Praxis ist, scheint es im deutschen Musikgeschäft noch keine große Rolle zu spielen. Auf Nachfrage von des ARD-Magazins plusminus erklärt CTS Eventim: "Algorithmen zur dynamischen Preisgestaltung kommen in Deutschland zurzeit nur in Ausnahmefällen zum Einsatz und auf eventim.de überhaupt nicht. Die Entscheidung hierüber liegt ausschließlich bei den Veranstaltern." Auch der Bundesverband das Konzert- und Veranstaltungswirtschaft sagt: "Wir wissen von keinem 'Dynamic Pricing' in Deutschland."

Platin-Tickets auch teils dynamisch

Neben "Dynamic Pricing" mit Algorithmen gibt es auch andere Möglichkeiten, die Preise an die Nachfrage anzupassen. Ein Beispiel sind sogenannte Platin-Tickets. Das sind Ticket-Sonderkontingente, meist bei beliebten Konzerte, deren Preis sich nach dem Andrang nach Karten richtet. Ticketmaster erklärt seine Platin-Tickets gegenüber plusminus so: "Ticketmaster Platin ermöglicht dabei eine marktgerechte Preisgestaltung für Live-Events." In der Theorie soll es dadurch möglich sein, bei geringer Nachfrage auch mal ein Schnäppchen zu machen.

An Live Nation und dessen Preisgestaltung gibt es in den USA immer wieder Kritik. Im Mai 2024 hat die US-Regierung eine Kartellklage gegen Live Nation Entertainment und dessen Tochterfirma Ticketmaster eingereicht. Der Vorwurf: Diese hätten die Preise für Konzertkarten illegal in die Höhe getrieben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Thüringen am 16. Mai 2024 um 14:09 Uhr.