Pegelstände erschweren Gütertransporte Niedrigwasser im Rhein gefährdet die Konjunktur
Noch früher als im vergangenen Jahr: Im Rhein, einem der wichtigsten Transportwege für Güter in Deutschland, sinken die Wasserstände. Experten erwarten wirtschaftliche Auswirkungen, sollte sich die Lage verschärfen.
Auf Deutschlands wichtigster Wasserstraße gerät der Güterverkehr bereits ins Stocken. Sollten die Pegelstände im Rhein weiter sinken, ist sogar die Erholung von der Rezession in Deutschland in Gefahr, warnen Expertinnen und Experten.
An der Engstelle in Kaub bei Koblenz zeigt der Rheinpegel derzeit nur noch einen Stand von 126 Zentimetern. Im Mai lag der Pegel noch bei 350 Zentimetern. Dies geht aus aktuellen Daten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hervor.
Früherer Rückgang der Pegelstände als 2022
Damit ist der Stand des Rheins zwar noch nicht so niedrig wie im vergangenen August und dem Jahr 2018. Doch im vergangenen Jahr wurden die Krisenfolgen der Wasserknappheit erst im August zum Problem. In diesem Jahr steht der Sommer mit möglichen ausgeprägten Trockenphasen erst noch bevor.
Durch die Engstelle Kaub kommen große Containerschiffe bereits jetzt nur mit reduzierter Ladung. Dies ist bereits bei Wasserständen von unter 135 Zentimeter der Fall.
Gegenwind für die Erholung
Die Situation auf Deutschland wichtigster Wasserstraßen erschwert laut Ökonomen die Erholung der deutschen Wirtschaft von der Rezession. Auch den erhofften Rückgang der hohen Inflation könnte die Entwicklung behindern. "Sollten die Pegelstände im Jahresverlauf ähnlich niedrig ausfallen wie 2018 oder 2022, würde das die Konjunkturerholung beeinträchtigen", sagte Ökonom Marc Schattenberg von Deutsche Bank Research der Nachrichtenagentur Reuters. "Das wäre Gegenwind für die erwartete Erholung nach der technischen Rezession."
Viele Vorleistungsgüter und Rohstoffe, dazu gehören etwa von Chemieprodukte, aber auch Baustoffe werden über Binnenwasserstraßen transportiert. Fehlen sie, gerät die Produktion ins Stocken. Der Rhein ist auch ein wichtiger Transportweg für Güter wie Getreide, Kohle, Benzin und Heizöl. Flaches Wasser führt zu Zuschlägen auf die Frachtraten und damit zu höheren Kosten.
Der Chemiekonzern BASF betreibt sein größtes Werk am Stammsitz in Ludwigshafen und erhält rund 40 Prozent der Rohstoffe über den Fluss. Zusätzlich nutzt er das Rheinwasser zur Kühlung. BASF hat sich nach dem Niedrigwasser im Jahr 2018 mit speziellen Niedrigwasser-Schiffen gegen niedrige Flußpegel gewappnet.
Hohe Frachtkosten können allgemeine Teuerung beeinflussen
Ökonom Schattenberg sieht zudem einen Einfluss höherer Frachtraten und Transportkosten auf die Teuerung in Deutschland: "Die allgemeine erwartete Entspannung bei der Inflation könnte dadurch in vielen Bereichen etwas gebremst werden."
Deutschland steuert laut Expertinnen und Experten ohnehin auf eine mögliche Rezession auch im Gesamtjahr 2023 hin. So erwartet etwa das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 0,3 Prozent und revidiert damit seine Frühjahrsprognose (+0,5 Prozent) nach unten. Das deckt sich mit den Annahmen von Deutsche Bank Research, die ebenfalls einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent voraussagen. Für das zu Ende gehende zweite Quartal erwarten die Ökonomen ein Mini-Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,2 Prozent.