Pegelstände am Rhein Niedrigwasser belastet deutsche Wirtschaft
Hitze und ausbleibender Regen lassen die Pegelstände am Rhein sinken. Das Niedrigwasser könnte dramatische Folgen für die Wirtschaft haben, denn der Fluss gehört zu den wichtigsten Transportwegen hierzulande.
Trockenheit und Hitze lassen den Pegelstand des Rheins sinken. Dadurch ist der Kohlenachschub für die Kraftwerke Staudinger in Hessen und Datteln in Nordrhein-Westfalen gefährdet; der Energiekonzern Uniper muss in den nächsten Wochen möglicherweise seine Stromproduktion in diesen Anlagen drosseln. Bis zum 7. September könne es zu Unregelmäßigkeiten in der Stromproduktion kommen, teilte der Versorger in dieser Woche mit.
An mehreren Stellen ist der Rhein bereits unter einen Meter gefallen, obwohl der Fluss um diese Jahreszeit im Schnitt zwei Meter tief ist. Damit führt der mehr als 1000 Kilometer lange Fluss zwar noch mehr Wasser als vor drei Jahren: Im Oktober 2018 wurden am Rhein die niedrigsten jemals gemessenen Wasserstände verzeichnet. Dennoch sind auch die Tiefststände in diesen Jahr bereits jetzt problematisch - auch weil sie sich mittlerweile in die Richtung der Pegelstände von 2018 bewegen.
Besonders betroffen ist die Engstelle Kaub bei Koblenz: Der Pegelstand liegt dort nur noch bei 56 Zentimetern. Um voll beladen durch diese Engstelle zu fahren, brauchen die Schiffe eine Wassertiefe von 1,5 Metern. Für die Binnenschifffahrt ist die dortige Engstelle wichtig, besonders für die Strecke zwischen Koblenz und Bingen.
Preise haben sich fast verfünfacht
Der Rhein gehört zu den wichtigsten Schifffahrtswegen in Deutschland. Auf ihm werden Rohstoffe wie Getreide, Chemikalien, Mineralien, Kohle und Ölprodukte per Frachtschiff transportiert. Wie lange die Frachter noch auf dem Rhein unterwegs sind, ist unklar. Denn die Behörden machen den Fluss bei Niedrigwasser - anders als bei Hochwasser - nicht dicht; sie überlassen es den Reedereien, ob diese den Fluss weiter befahren wollen oder nicht.
"Wir fahren weiter, können aber nur etwa 25 bis 35 Prozent der Schiffskapazität beladen", sagte der Direktor der Schifffahrtsgenossenschaft DTG, Roberto Spranzi. Die DTG betreibt rund 100 Schiffe auf dem Rhein. "Das bedeutet, dass Kunden oft drei Schiffe benötigen, um ihre Fracht zu transportieren - statt nur einem."
Für Firmen, die auf den Transport via Schiff angewiesen sind, bedeutet das erheblich steigende Kosten: Die Spotpreise für ein Flüssigtankschiff von Rotterdam nach Karlsruhe, südlich von Kaub, stiegen auf etwa 94 Euro pro Tonne. Noch im Juni lag der Preis pro Tonne bei rund 20 Euro.
Pegelstände sollen weiter sinken
Und es könnte noch dramatischer werden. Denn in Kaub werden in den nächsten Wochen Pegelstände zwischen 30 und 35 Zentimetern erwartet. Einige Schiffstypen können die Engstelle dann gar nicht mehr passieren. Die Firmen entlang des Transportweges sind deshalb in Alarmbereitschaft: Der Stahlkonzern Thyssenkrupp hat nach eigenen Angaben wegen des Niedrigwassers verschiedene Maßnahmen ergriffen. "Unsere Rohstoffbedarfe sind auf dieser Basis derzeit gesichert", so der Konzern.
Der Chemiekonzern Evonik erklärte, die Produktion laufe: "Gegenwärtig bestehen bei Evonik durch Rhein-Niedrigwasser keine signifikanten Einschränkungen für unsere Logistikketten." Wo sinnvoll und technisch möglich, sorge Evonik etwa durch Lagerbestände von Rohstoffen vor.
Atomkraftwerke in der Schweiz betroffen
Problematisch ist die Lage bereits in der Schweiz. Dort beeinträchtigen der niedrige Wasserstand und die damit steigenden Temperaturen der Aare, einem Nebenfluss des Rhein, bereits die Stromproduktion in den Kernkraftwerken. Denn die Anlagen entnehmen den Flüssen eigentlich Kühlwasser, das nun aber schon so warm ist, dass das Ökosystem beeinträchtigt wird. Deshalb darf der Fluss durch den Betrieb des AKW nicht zusätzlich aufgeheizt werden. Das Energieunternehmen Axpo muss daher die Produktion im Kernkraftwerk Beznau um die Hälfte drosseln.
Die geringen Pegelstände im Rhein haben aber nicht nur Auswirkungen auf Wirtschaft, sondern auch auf die Umwelt. Die Schadstoffkonzentration steigt und die Temperatur des Rheins erhöht sich. Vor allem für heimische Fischarten kann das lebensbedrohlich werden.