Ausgaben der Verbraucher Kann der Konsum die Wirtschaft noch stützen?
Auch wenn es ansonsten schlecht lief, hat zumindest der Konsum die Konjunktur oft angeschoben. Doch in Zeiten hoher Inflation halten sich Verbraucher zurück. Was heißt das für die deutsche Wirtschaft?
Die Zahlen sprechen für sich: Die Konsumlaune der Deutschen ist derzeit nicht gerade glänzend. Laut aktuellem Konsumklimaindex der Gesellschaft für Konsumforschung GfK hat sich die Verbraucherstimmung im August leicht verschlechtert.
Die sogenannte Anschaffungsneigung ist danach rückläufig, und zudem rechneten die Deutschen weder mit einer Verbesserung ihrer Einkommen, noch mit einem Aufhellen der konjunkturellen Lage. Für den kommenden Monat September sagen die GfK-Forscher dementsprechend einen Rückgang ihres Barometers um 0,9 auf minus 25,5 Punkte voraus.
Die Verbraucher spielen eine wichtige Rolle
Dabei kommt den Verbrauchern bei der Gesamtbetrachtung der Wirtschaftskraft des Landes eine zentrale Bedeutung zu. Zwar hat Deutschland zweifelsohne vor allem wegen der vielen Produkte "Made in Germany" eine so große wirtschaftliche Bedeutung: Autos werden in die ganze Welt exportiert, Gleiches gilt für Maschinen und Anlagen, aber auch Kunststoffe, und viele andere chemische Produkte sind gefragt.
Schaut man sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) aber ein bisschen genauer an - also den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen, die Wirtschaftskraft des Landes ausmachen - dann fällt auf: Es sind vor allem die Verbraucher, die mit ihren Ausgaben rund die Hälfte zum Wirtschaftswachstum beitragen.
Höhere Löhne im Wettstreit um Fachkräfte
Für Kleidung, Lebensmittel, Benzin, Urlaubsreisen oder Konzertbesuche wird viel Geld ausgegeben. Davon leben einzelne Unternehmen, ja ganze Branchen. Und dieser Bereich hat in den vergangenen 15 bis 20 Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen.
Das habe viel mit den Lohnsteigerungen zu tun, die in den vergangenen Jahren ausgehandelt worden sind, sagt Chris-Oliver Schickentanz von der Capitell AG. "Das heißt, die Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern immer mehr Lohn bezahlen, um sie überhaupt an Bord zu halten, um ihre Geschäftstätigkeit weiter aufrechterhalten zu können."
Die Kaufkraft ist gesunken
In den USA, aber auch in Teilen des europäischen Auslands haben die Verbraucher und ihre Konsumausgaben noch eine viel wichtigere Bedeutung als in Deutschland. Allerdings hat die Corona-Pandemie vieles verändert. Und dass in Folge davon die Inflation gestiegen und die Zinsen nach oben gegangen sind, habe ein Übriges getan, so Jörg Krämer, der Chefvolkswirt der Commerzbank.
Es seien deswegen die Realeinkommen, also die Kaufkraft der Menschen, "gefallen in einem Ausmaß, wie wir es in der Wirtschaftsgeschichte sehr, sehr selten sehen", sagt der Experte. "Und entsprechend halten sie sich beim Konsum zurück. Die inflationsbereinigten Einzelhandelsumsätze sinken schon seit einem Jahr."
Preise steigen nicht mehr so schnell
Wenn die Menschen weniger Geld ausgeben, bedeutet das, dass die Nachfrage zurückgeht, und das wiederum belastet die gesamte konjunkturelle Entwicklung im Land. Doch es gibt ein paar Lichtblicke. Zwar steigt die Inflation noch, aber in geringerem Tempo als bisher.
"Gleichzeitig haben wir sehr üppige Tariflohnabschlüsse gesehen, die den Haushalten mehr Einkommen zur Verfügung stellen und damit gewinnen die Haushalte Kaufkraft", so Andreas Scheuerle, Konjunkturexperte bei der DekaBank. "Die werden sie auch zu einem großen Teil konsumwirksam ausgeben."
Angst um den Arbeitsplatz
Das bedeutet aber nicht, dass das Portemonnaie gleich aufgemacht wird. Denn da kommt die Psychologie mit ins Spiel. "Zum Beispiel die Angst um den Arbeitsplatz, Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung und all solche Faktoren können dazu führen, dass man einfach nicht so viel Geld ausgibt wie man eigentlich könnte", so Scheuerle.
Es gibt also zwei gegenläufige Faktoren, die das Verbraucherverhalten beeinflussen: Perspektivisch gesehen werden viele Haushalte wieder mehr Geld zur Verfügung haben, weil die Inflation zurückgeht und weil bei den Tarifauseinandersetzungen höhere Löhne ausgehandelt werden.
Aber dann ist da noch die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Dieser Faktor ist nicht unbegründet, denn in den Betrieben ändert sich derzeit viel. Nachhaltiger zu wirtschaften bedeutet Produkte und Produktionsprozesse auf den Prüfstand zu stellen. Auch die zunehmende Digitalisierung bedeutet Veränderungen. Manch einer muss sich beruflich neu orientieren. Doch darin können auch Chancen liegen.