Düstere Konjunkturaussichten "Die Wirtschaftsflaute ist zum Teil hausgemacht"
Die deutsche Wirtschaft schwächelt, Experten und Wirtschaftsinstitute rechnen mit einer neuen Rezession. Die Gründe sehen sie im Ausland - aber die meisten in Deutschland selbst.
In der deutschen Wirtschaft herrscht Flaute. Und die aktuellen Daten deuten es an: Ein belebendes Lüftchen ist nicht zu erwarten. Die Industrieproduktion ist im Juli um knapp zwei Prozent gegenüber Juli 2022 gesunken. Gestern kam die Nachricht vom Auftragseinbruch: Die Bestellungen an die Industrie sind um zwölf Prozent gefallen.
"Die Auftragsbücher sind leer, die Vorratslager sind voll, und das war noch nie ein gutes Zeichen für die Industrieproduktion in den kommenden Monaten", sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt bei der ING-Bank.
Prognosen herabgesetzt
Entsprechend negativ fallen die Prognosen für die deutsche Wirtschaft aus. So rechnet das ifo-Institut mit einem Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent in diesem Jahr.
Noch pessimistischer ist das RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, das mit einer um 0,6 Prozent schrumpfenden Wirtschaft rechnet. Im kommenden Jahr soll es dann wieder aufwärts gehen.
Es fehlen die Abnehmer
Doch woher soll das Wachstum kommen? Das deutsche Wirtschaftsmodell wackelt. "Wir haben 20 Jahre ein exportorientiertes Geschäftsmodell gehabt", sagt Brzeski. "Wir haben immer den Vorteil gehabt, dass es irgendwo auf der Welt immer wieder ein Land gab, dass einen Aufholprozess durchgemacht hat und deshalb hohe Nachfrage nach Investitionsgütern hatte."
Ein solches Wachstumsland gibt es momentan nicht. China ist sehr viel schwächer durch die Krise gekommen als gedacht und hat sich langsamer wieder erholt als erwartet.
Andere Länder arbeiten konsequent daran, ihre Wirtschaft zu stärken. Die USA sorgt mit ihrem "Inflation Reduction Act" für einen Investitionsboom in die Energiewende. Steuersenkungen sollen zudem ausländische Unternehmen anlocken.
Planungssicherheit würde helfen
Die deutsche Wirtschaft hört diesen Ruf wohl und könnte ihm auch in Teilen erliegen, befürchten Experten. Es sei also Zeit, sich um die heimische Wirtschaft zu kümmern, sagt ING-Analyst Brzeski.
"Wir haben in den letzten zehn, 15 Jahren zu wenig investiert in Infrastruktur, Bildung", beklagt er. Es liege weder an der Pandemie, noch am Krieg in der Ukraine, dass die deutsche Wirtschaft stagniere, "sondern das ist auch selbstgemacht, hausgemacht".
Einen "Deutschland-Pakt", wie ihn Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagen hat, hält der Ökonom durchaus für sinnvoll, doch müsse dieser für die kommenden Jahre geschmiedet werdet. Es reiche nicht aus, die Wirtschaft mit Subventionen durch den Winter zu bekommen. Eine der wichtigsten Subventionen, so hört man immer wieder, sei Planungssicherheit.