Nach Einbruch im März Deutsche Industrie erneut mit Auftragsminus
Die deutsche Industrie ist unerwartet schwach ins zweite Quartal gestartet. Das sorgt bei Ökonomen mit Blick auf die weiteren konjunkturellen Perspektiven für Ernüchterung.
Die deutsche Industrie hat im April überraschend erneut sinkende Aufträge hinnehmen müssen. Die Bestellungen sanken zum Vormonat um 0,4 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Anstieg um 3,0 Prozent gerechnet. Der Rückgang folgt auf einen Einbruch im März, der mit 10,9 Prozent sogar noch etwas deutlicher ausfiel als bisher bekannt und das größte Auftragsminus seit der Corona-Pandemie im April 2020 darstellte. Zum Vorjahresmonat gingen die Auftragseingänge im April um 9,9 Prozent zurück.
"Trotz des Einbruchs im März haben sich die Auftragseingänge im April wider Erwarten nicht erholt", kommentierte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Das sei ein schlechtes Signal. "Die technische Rezession im Winterhalbjahr war kein Ausrutscher." Vieles spreche zusammen mit den weltweiten Zinserhöhungen für ein erneutes Schrumpfen der deutschen Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte.
Keine Impulse für die Industrieproduktion
"Die exportorientierte deutsche Wirtschaft leidet besonders unter der noch schwachen Weltwirtschaft und dem Rückgang der Bestellungen aus dem Euroraum", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Die Nachfrage im Inland halte sich dagegen vergleichsweise stabil. "Insgesamt deuten die schwachen Auftragseingänge aber noch nicht auf kurzfristige Wachstumsimpulse für die Industrieproduktion hin."
Im Detail stieg die Nachfrage aus dem Inland im April um 1,6 Prozent zum Vormonat, die Auslandsnachfrage gab hingegen um 1,8 Prozent nach. Investitions- und Konsumgüter wurden jeweils weniger geordert als im Vormonat. Die Bestellungen von Vorleistungsgütern zogen dagegen an. Für Belastung sorgten vor allem Großaufträge. Ohne diese schwankungsanfällige Komponente wären die Gesamtaufträge um 1,4 Prozent gestiegen.
Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank nannte den schwachen Start ins zweite Quartal eine Riesenenttäuschung. "Damit wird das Konjunkturgefühl immer mulmiger." In der Industrie laufe es weiter alles andere als rund. "Der Abwärtstrend ist jedenfalls intakt, er hält seit mehr als einem Jahr an." Die Schwächephase in den USA werde dies eher noch bestärken. Noch seien zwar Auftragspolster vorhanden, doch auch wegen der Klimapolitik werde "der Ritt für die Industrie ein harter bleiben".
Deutsche Dienstleister dagegen mit Umsatzplus
Die deutsche Wirtschaft ist Ende 2022 und Anfang 2023 jeweils geschrumpft und steckt damit in einer technischen Rezession. Mit den jüngsten Daten zeichne sich nun ab, dass sie auch im laufenden zweiten Quartal schrumpft, sagte Analyst Jörg Angele vom Vermögensverwalter Bantleon. "Deutschland steckt somit weiter in einer Rezession, deren Ende noch nicht absehbar ist." Deshalb dürfte die Wirtschaftsleistung auch im Gesamtjahr 2023 erkennbar sinken. "Die Hoffnungen auf einen bevorstehenden Aufschwung werden sich nicht erfüllen."
Das Wirtschaftsministerium wies allerdings darauf hin, dass die Entwicklung nicht in allen Bereichen schwach verlaufen sei. Zuwächse hätten die Bereiche Kraftfahrzeuge und Kfz-Teile sowie chemische Erzeugnisse verzeichnet. Rückgänge habe es dagegen vor allem in den Bereichen pharmazeutische Erzeugnisse und Maschinenbau gegeben.
Derweil konnten die deutschen Dienstleister ihren Umsatz leicht steigern. Die Erlöse kletterten im März inflationsbereinigt (real) um 0,9 Prozent zum Vormonat, hieß es heute vom Statistischen Bundesamt. Im Vergleich zum März 2022 gab es ein Plus von 7,0 Prozent. Den stärksten Umsatzzuwachs zum Vormonat verzeichnete der Bereich Information und Kommunikation mit plus 2,8 Prozent, gefolgt vom Bereich Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen wie etwa dem Vermitteln von Arbeitskräften mit plus 1,5 Prozent.