Erster Anstieg in 2024 Industrie überrascht mit mehr Aufträgen
Die Rezessionssorgen haben die deutsche Industrie in diesem Jahr getroffen und zu einem Auftragsrückgang geführt. Doch nun gab es erstmals in 2024 wieder mehr Aufträge. Die Erwartungen wurden übertroffen.
Das kam selbst für Expertinnen und Experten überraschend: Die angeschlagene Industrie in Deutschland hat im Juni zum ersten Mal mehr Aufträge erhalten. Diese haben im Vergleich zum Vormonat um 3,9 Prozent zulegt. Das teilte das Statistische Bundesamt mit.
Das ist ein kleiner Lichtblick, denn zuvor war der Auftragseingang in Industriebetrieben fünf Monate in Folge gefallen. Analystinnen und Analysten hatten zwar eine Erholung im Juni erwartet, aber keine so starke. Sie waren im Schnitt von einem Anstieg um 0,5 Prozent ausgegangen.
Stärkere Nachfrage im Inland
Im Vergleich zum Juni 2023 fällt das Ergebnis dennoch schwach aus. Im Vergleich meldete das Bundesamt einen Rückgang um 11,8 Prozent. Ohne Großaufträge wären die Gesamtbestellungen im Juni 2024 um 3,3 Prozent im Monatsvergleich gestiegen, hieß es weiter. Im weniger schwankenden Dreimonatsvergleich gingen die Bestellungen bis Juni um 1,4 Prozent zurück.
Grund für den Anstieg der Aufträge in diesem Juni war eine deutlich stärkere Nachfrage im Inland. Sie nahmen um 9,1 Prozent zu. Die Industrieaufträge aus dem Ausland erhöhten sich nur leicht um 0,4 Prozent. Dabei stiegen die Aufträge von außerhalb der Eurozone um 0,9 Prozent, während sie aus der Eurozone um 0,3 Prozent fielen.
Deutlicher Anstieg im Fahrzeugbau
Die positive Entwicklung ist vor allem auf den deutlichen Anstieg in der Automobilindustrie zurückzuführen. Die Aufträge legten dort um 9,3 Prozent zu. Noch besser lief es bei der Herstellung von Metallerzeugnissen. Hier verbesserte sich der Auftragseingang um 9,8 Prozent. Im sonstigen Fahrzeugbau, zum Beispiel von Schiffen, Flugzeugen oder Bahnen, nahmen die Aufträge sogar um 11,7 Prozent zu.
Dagegen sind die Zahlen unter anderem im Bereich Metallerzeugung und -bearbeitung und in der pharmazeutischen Industrie gesunken. Die jüngste Entwicklung der Inlandsbestellungen könnte zusammen mit jüngsten Umfrageergebnissen der Europäischen Zentralbank (EZB) auf "gestiegene Investitionsabsichten und eine Erholung der Anlageinvestitionen im zweiten Halbjahr hindeuten", kommentierten Experten des Ministeriums.
"Abwärtstrend ist nicht gebrochen"
"Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Der Auftragszuwachs im Juni übertraf alle Erwartungen, und das selbst ohne Großaufträge", sagte auch Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Aber im aktuell dunkelgrauen Mosaik der Konjunkturzahlen sei das bloß ein einzelnes hellgrünes Steinchen. Um mehr Zuversicht für die Industrie zu schöpfen, müsse noch mehr zusammenkommen. "Der Abwärtstrend ist damit nicht gebrochen", analysierte er.
"Eine starke Zahl, die den langen Abwärtstrend unterbricht", kommentierte auch Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser die Industrieaufträge. Das sei angesichts der Eintrübung wichtiger globaler Stimmungsindikatoren ein Lichtblick. "Allerdings muss sich zeigen, ob das nur eine Eintagsfliege ist", so Hepperle. Große Hoffnung auf eine Wende zum Besseren bestehe noch nicht.