Erstmals seit 2020 Erzeugerpreise in der Eurozone sinken
Erstmals seit 2020 sind die Erzeugerpreise in der Eurozone im Jahresvergleich wieder gesunken. Im Mai gingen sie um 1,5 Prozent zurück. Das stärkt die Hoffnungen auf eine weiter rückläufige Inflation.
Die Erzeugerpreise in der Eurozone sind erstmals seit Ende 2020 im Jahresvergleich wieder gesunken. Wie das Statistikamt Eurostat in Luxemburg mitteilte, gingen die Produzentenpreise im Mai verglichen mit dem Vorjahresmonat um 1,5 Prozent zurück. Im Vergleich zum April ergab sich ein Rückgang von 1,9 Prozent.
Im vergangenen Sommer waren die Preise der Hersteller in der Industrie um mehr als 40 Prozent in die Höhe geschossen. Auslöser waren die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. In den vergangenen Monaten hatten die Erzeuger die hohen Preise schrittweise gesenkt. Im Monatsvergleich gingen diese zum fünften Mal in Folge zurück.
Wichtiger Indikator für Inflationsentwicklung
Besonders entlastend wirkte, dass die Energiepreise im Jahresvergleich um 13,3 Prozent zurückgingen. Im Vergleich zum April verbilligte sich Energie um 5,0 Prozent. Klammert man den Energiebereich aus, kletterten die Erzeugerpreise binnen Jahresfrist um 3,4 Prozent. Im April lag dieser Wert bei 5,1 Prozent.
Die Entwicklung der Erzeugerpreise gilt als wichtiger Indikator der Verbraucherpreise. Allerdings ist der Zusammenhang keineswegs linear. Während die Preisspitzen des vergangenen Sommers nicht voll auf die Inflation durchschlugen, sind andererseits rückläufige Verbraucherpreise im Jahresvergleich noch lange nicht in Sicht.
Inflationserwartungen sinken
Dank der sinkenden Energiepreise schwächt sich die Inflation im Euroraum mehr und mehr ab. Die Verbraucherpreise lagen im Juni nur noch um 5,5 Prozent über dem Vorjahresniveau. Im Mai hatte die Teuerung noch bei 6,1 Prozent gelegen, nach 7,0 Prozent im April.
Nach einer aktuellen Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) rechnen die Verbraucher mit einem weiteren Nachlassen des Inflationsdrucks. Im Mittel gingen sie im Mai davon aus, dass die Teuerungsrate in den kommenden zwölf Monaten bei 3,9 Prozent liegen. Im April hatten sie noch 4,1 Prozent erwartet. In drei Jahren wird ein Wert von unverändert 2,5 Prozent angenommen. Damit würde die EZB allerdings ihr Inflationsziel von zwei Prozent noch immer verfehlen.
Visco: Inflation kann auch ohne Zinserhöhungen sinken
Nach den Worten des EZB-Ratsmitglieds Ignazio Visco kann die Teuerung auch ohne weitere Zinserhöhungen sinken. Dies könne gelingen, indem die Zinssätze für einen ausreichenden Zeitraum auf einem angemessenen Niveau gehalten werden, so der italienische Zentralbankchef. Die Zinssätze hätten bereits einen restriktiven Bereich erreicht. Eine sorgfältige Festlegung der Dauer der geldpolitischen Straffung anstelle weiterer Erhöhungen hätte den Vorteil, dass die EZB die Folgen ihrer bisherigen Zinserhöhungen bewerten könnte, so Visco.
Die EZB hat ihren Leitzins im Kampf gegen die Inflation bereits acht Mal in Folge um insgesamt 4,00 Prozentpunkte angehoben. Für die nächste Zinssitzung in diesem Monat rechnen viele Experten mit einer weiteren Erhöhung um einen viertel Prozentpunkt auf dann 4,25 Prozent.