Produktion legt im Juni zu Wie steht es um die deutschen Hersteller?
Wenn es um die wirtschaftliche Lage der deutschen Produzenten geht, liefert der Indikator zur Industrieproduktion wichtige Hinweise. Nach einem Einbruch im Mai ging es im Juni wieder aufwärts. Ein Grund zur Erleichterung?
Aus der deutschen Wirtschaft gab es zuletzt wenig gute Nachrichten. Zum Abschluss des schwierigen ersten Halbjahres bleibt die Lage unübersichtlich, auch wenn es nun einen kleinen Lichtblick gab: denn Industrie, Bau und Energieversorger meldeten im Juni den kräftigsten Anstieg ihrer Produktion seit fast anderthalb Jahren.
Die Unternehmen stellten zusammen 1,4 Prozent mehr her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Analysten hatten nur mit einem Plus von einem Prozent gerechnet. Allerdings war die Fertigung im Mai um 3,1 Prozent gesunken.
Probleme in der wichtigen Autobranche
Die positive Entwicklung im Juni sei insbesondere auf den Anstieg in der Automobilindustrie zurückzuführen, hieß es von den Statistikern. Hier habe die Produktion um 7,5 Prozent im Monatsvergleich zugelegt.
Dabei kamen aus der so wichtigen Autobranche zuletzt viele Hiobsbotschaften. Die schwache Nachfrage am Markt belastete die Autohersteller. Der Datenspezialist Marklines hat in einer Auswertung für die Nachrichtenagentur dpa festgestellt, dass die deutschen Werke von Volkswagen, BMW oder Mercedes im vergangenen Jahr nur zu etwas mehr als zwei Dritteln ausgelastet waren. Danach wären zwar alle deutschen Standorte in der Lage 6,2 Millionen Autos im Jahr zu liefern - 2023 lieferten sie aber nur gut 4,1 Millionen Autos aus. Im Mai noch war die Produktion der Autoindustrie um 9,9 Prozent zurückgegangen.
Auch die Zulieferer sind von der schwächeren Nachfrage betroffen. Continental etwa stellt sich auf eine sinkende Autoproduktion ein und rechnet deswegen mit weniger Umsatz im Gesamtjahr. Das Unternehmen senkte heute seine Umsatzprognose. Einer der Gründe: In Europa schrumpfe der Automarkt stärker als zu Jahresanfang erwartet. Viele Autozulieferer ächzen unter dem Dilemma, dass die Stückzahlen und die Margen unter Druck geraten sind und sie zugleich in die E-Mobilität investieren müssen.
Wie geht es mit der Produktion weiter?
Wie sind die Zahlen zur Produktion unter diesen Umständen zu werten? "Die deutsche Industrieproduktion hat den Einbruch im Vormonat nur zur Hälfte aufholen können. Das spricht Bände", sagte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer zu den Zahlen. Die Schwäche der konjunkturellen Frühindikatoren legt aus seiner Sicht in den kommenden Monaten keine starke Erholung der Industriekonjunktur nahe.
Auch das Bundeswirtschaftsministerium sieht trotz der Produktionserholung im Juni keinen Grund zur Euphorie: "Auch wenn die Produktionsdaten zuletzt wieder besser ausgefallen sind, deuten die eingetrübten Geschäftserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe auf eine weiterhin verhaltene Industriekonjunktur hin." Eine breite konjunkturelle Belebung sei vorerst nicht zu erwarten.
Etwas Optimismus gab es dennoch. "Der gestrige Anstieg der Auftragseingänge in der Industrie sowie die Daten zur Industrieproduktion deuten darauf hin, dass eine gewisse Erholung noch möglich ist", sagte Chefvolkswirt Carsten Brzeski von der ING Bank. Gestern wurde gemeldet, dass auch der Auftragseingang in den deutschen Industriebetrieben war im Juni zum ersten Mal im laufenden Jahr wieder gestiegen war.
Industrie Top, Exporte Flop?
Während aus der Industrie heute entspannende Signale kamen, gab es für den Exportmeister Deutschland dagegen schlechte Nachrichten. So mussten die Exporteure überraschend den bislang stärksten Rückgang ihrer Ausfuhren in diesem Jahr verkraften, weil die Nachfrage aus den USA und aus der EU nachgelassen hat. Die Exporte schrumpften im Juni um ganze 3,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Es ist bereits das zweite deutliche Minus in Folge: Im Mai war es bereits um 3,1 Prozent nach unten gegangen.
"Die Exporte folgen den schwachen Auftragseingängen der jüngeren Vergangenheit", sagte Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg. "Das dürfte sich in den kommenden Monaten im Trend fortsetzen."
"Made in Germany" out
Die Nachfrage nach Waren "Made in Germany" sank im Juni gleich bei vielen wichtigen Handelspartnern. Die Lieferungen in die USA brachen um 7,7 Prozent zum Vormonat ein, die in die EU sanken um 3,4 Prozent. Das China-Geschäft wuchs dagegen um 3,4 Prozent auf 7,9 Milliarden Euro.
"Mit Blick auf die Zukunft besteht angesichts der nachlassenden Dynamik sowohl der US-amerikanischen als auch der chinesischen Wirtschaft und der neuen Handelsspannungen nur wenig Hoffnung auf eine starke exportgetriebene Erholung", sagte ING-Chefvolkswirt Brzeski.