Referendum in Griechenland hat begonnen "Oxi" oder "Nai"?
Die Bedeutung des Referendums könnte für Griechenland und die EU kaum größer sein. Seit dem Morgen stimmen die Griechen ab: Unterstützen sie ihre Regierung mit einem "Oxi" oder die Reformvorschläge der Geldgeber mit einem "Nai"?
Kurz war der Wahlkampf. Knapp eine Woche nur hat er gedauert. Nie stand für das demokratische Griechenland mehr auf dem Spiel. "Nein zum Spardiktat, nein zur Fremdbestimmung, nein zu weiteren Demütigungen": Das sagen die Anhänger von Regierungschef Alexis Tsipras. Er hatte Ende vergangener Woche die Volksbefragung angesetzt.
Er habe eine Kabinettssitzung einberufen und ein Referendum vorgeschlagen, damit das griechische Volk souverän entscheiden könne. Sein Vorschlag sei einstimmig angenommen worden, sagte Tsipras damals.
"Kurz vor zwölf hat Tsipras das Referendum angesetzt, um über Vorschläge abstimmen zu lassen, die von den Geldgebern nicht einmal unterzeichnet waren. Die Menschen sollen über Vorlagen abstimmen, die von den Kreditgebern zurückgezogen worden sind. Tsipras sagt, ein Nein würde seine Verhandlungsposition mit den Gläubigern stärken", erklärt der Politikwissenschaftler Nikos Skoutaris.
Das sehen die Ja-Sager anders. Ein Nein berge die Gefahr, aus dem Euro oder gar aus der EU zu fliegen. Sie stimme mit ja, bekräftigt Kiki Kiziridou. "Ich unterstütze Europa. Ich will in Europa bleiben und meine Kinder sollen Europäer sein, nicht nur dem Namen, sondern dem Wesen nach", sagt die Griechin.
Varoufakis verspricht ein Ende der Erniedrigungen
Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat den Gläubigern seines Landes Terrorismus vorgeworfen. "Was sie mit Griechenland machen, hat einen Namen: Terrorismus", sagte Varoufakis der spanischen Zeitung "El Mundo". Brüssel und die Troika wollten, dass die Wähler bei dem Referendum mit ja votierten, damit "sie die Griechen weiter erniedrigen können." Durch ein klares Nein beim Referendum werde das aufhören, verspricht Varoufakis.
"Wir werden mit dem Prozess zur Schaffung von Stabilität beginnen und auch damit, die Folgen der Entscheidungen durch die Eurogruppe auf den Alltag der griechischen Bevölkerung zu minimieren. Das griechische Volk wird zeigen, dass es die Kraft dazu hat, eigene Entscheidungen gegenüber den Kreditgebern zu treffen", so Varoufakis.
Andreas Sikounopolis wird mit Nein stimmen. Er glaubt den Worten seines Finanzministers. "Ich möchte, dass mein Land eine andere Richtung einschlägt. In all den Jahren haben Politiker geklaut und gelogen. Es gab keinen Wandel. Wir sagen nein, weil wir einen Richtungswechsel wollen. Die Sparmaßnahmen bringen überhaupt kein Wachstum.
Fast 20.000 Wahllokale
Etwa 9,5 Millionen Wählerinnen und Wähler sind aufgerufen, davon knapp acht Millionen in Griechenland selbst. Gut 100.000 Helfer sollen in 19.450 Wahllokalen für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Die Wahllokale sind von 7 Uhr bis 19 Uhr Ortszeit (6 Uhr bis 18 Uhr deutscher Zeit) geöffnet.
"Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit schwierigem Ausgang", sagt der Politikwissenschaftler Skoutari. "Bei einem Ja wird es für Tsipras sehr, sehr schwer nach Brüssel zurück zu gehen und einen neuen Deal auszuhandeln. Ein Ja wäre ein Misstrauensvotum gegen seine Regierung. Die Unterhändler werden in ihm keinen glaubwürdigen Verhandlungspartner mehr sehen. Stimmen die Griechen mit Nein, könnten die Kreditgeber sagen, die wollen ja gar nicht mehr Teil der Eurozone sein.
Rund 100 Millionen Euro kostet der Urnengang, spekuliert die griechische Presse. Erste Ergebnisse werden gegen 20 Uhr deutscher Zeit erwartet. Erste Folgen des Urnengangs werden spätestens am Montag erwartet.