US-Reaktionen auf Griechenland-Krise Sorge, Kritik und wohlfeile Ratschläge
In den USA schaut man mit Sorge auf das Desaster um Griechenland. Der schwache Euro schadet schon jetzt der US-Wirtschaft. Ratschläge und Kritik auch an Kanzlerin Merkel gibt es zuhauf.
Von Sabrina Fritz, ARD-Hörfunkstudio Washington
Die extreme Position vertritt Paul Krugman: Er rät den Griechen, am Sonntag mit Nein zu stimmen. Nein zu Sparplänen und Steuererhöhungen, diktiert aus Brüssel und Washington, notfalls auch Nein zum Euro.
Krugman schreibt in der "New York Times": "Der Ursprung dieses Desasters liegt in Brüssel, Frankfurt und Berlin, die ein fehlerhaftes Währungssystem geschaffen haben. Nur von dort kann die Lösung kommen." Immerhin hat der Mann 2008 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten. Er gilt aber auch als Schuldenmacher oder Keynesianer, wie es elegant heißt, der sagt, Geldausgeben ist für eine Wirtschaft besser als sparen.
Krugman räumt ein, dass es in Griechenland Korruption, riesige Steuerlöcher und lausige Produktivität gibt. Diese sei aber nicht schlimmer als in Mississippi. Käme jemand auf die Idee, Mississippi aus den USA zu werfen? Genau das ist Problem, sagt Andrea Montanino vom "Atlantic Council" in Washington: "In diesem Land verstehen die Menschen nicht, warum Europa ein so kleines Problem nicht lösen kann. Die USA versuchen Druck zu machen, denn Griechenland kann sich sonst Hilfe in China oder Russland holen. Es gibt große Sorge über die Situation."
Schwacher Euro schadet den USA
Die Griechenland-Krise hat es jedenfalls in die US-Nachrichtensendungen geschafft, die sonst nur bei einer Katastrophe nach Europa schalten. Man sorgt sich in Amerika, dass Europa wieder einen Rückschlag erleidet und in die Rezession zurückfällt.
Immerhin verkaufen die Amerikaner iPhones und Autos nach Übersee. Sie wollen ein Freihandelsabkommen abschließen. Der schwache Euro und damit starke Dollar schadet der US-Wirtschaft schon jetzt. Noch mehr Nachfrage nach Dollar können die USA nicht gebrauchen. Präsident Barack Obama fordert deshalb eine Rückkehr an den Verhandlungstisch: "Wir ermutigen die griechische Regierung und unsere europäischen Partner, wieder zu verhandeln und eine Lösung zu finden. Die Krise trifft uns und kann der gesamten Weltwirtschaft einen Dämpfer versetzen", so der US-Präsident.
Die meisten Ökonomen in den USA sehen die Schuld in Brüssel und Berlin. Matthias Matthijs von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore vergleicht die Situation mit einer Bar. Jahrelang hätten Deutschland und Frankreich die Griechen mit billigem Schnaps, sprich billigem Geld abgefüllt. "Wenn sie dann ins Koma fallen, wer ist dann schuld? Doch auch der Barkeeper!"
"Merkel gescheitert"
Die Vereinigten Staaten, die Großmeister im Schuldenmachen, sind jedenfalls näher an Griechenland als an Deutschland. "Es geht nicht um's Geld", schreibt Joseph Stiglitz, ebenfalls ein Nobelpreisträger und IWF-Kritiker: "Es geht darum, rote Linien zu ziehen und Griechenland in die Knie zu zwingen, damit es das Unmögliche akzeptiert: Sparen und andere bestrafende Politik."
Viele Kommentatoren sehen Bundeskanzlerin Angela Merkel als Verliererin der Krise. Die Tagesszeitung "USA Today" schreibt: "Angela Merkel hätte die Macht, die öffentliche Meinung in Deutschland zu ändern und die andern europäischen Führern davon zu überzeugen, Griechenland den Raum zu geben, den es braucht, um die notwendigen Rettungspakete und Chancen zu bekommen. Sie scheiterte."