Athen und Eurogruppe einigen sich im Schuldenstreit Mehr Zeit und harte Auflagen für Athen

Stand: 21.02.2015 12:43 Uhr

Am Ende musste der griechische Finanzminister Varoufakis dem Druck der europäischen Kollegen nachgeben. Damit das Hilfsprogramm für sein Land verlängert wird, musste er sich zum Sparkurs bekennen. Doch einige Hürden gibt es noch: Bereits am Montag soll Athen konkrete Reformziele vorlegen.

An neuen Brüsseler Krisentreffen der Europäischen Finanzminister zum Thema Griechenland hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hörbar wenig Lust. Und auch nicht auf die darauf folgenden Pressekonferenzen am späten Abend. "Gute Nacht. Ich will hoffen, ich sehe Sie nicht so schnell wieder", verabschiedete sich Schäuble am späten Abend von den Journalisten in Brüssel.

Dabei kann der Bundesfinanzminister mit dem vor allem von ihm Erstrittenen durchaus zufrieden sein. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis müssen ausnahmslos alle von der Vorgängerregierung unterzeichneten Spar- und Reformverpflichtungen einhalten. Zudem dürfen eingeleitete Reformen wie zum Beispiel die Privatisierung staatlicher Betriebe nicht zurückgenommen werden.

Vier statt sechs Monate Verlängerung

Das Spar-und Reformprogramm, das sie zu 30 Prozent ablehnten, muss jetzt von ihnen in den nächsten vier Monaten zu 100 Prozent umgesetzt werden. Denn nur solange wird das Programm verlängert. Und nicht wie von Griechenland gewünscht ein halbes Jahr.

Griechenland ist in der Eurogruppe isoliert und gab in allen entscheidenden Punkten nach. "Deswegen haben wir jetzt ok gesagt", betont Schäuble, dem die jetzige Einigung im Schuldenstreit mit Athen keine Kopfschmerzen mehr macht. "Ich jedenfalls kann sie gut verantworten."

Verbindliche Richtlinie für das Handeln der griechischen Regierung in den nächsten Monaten ist das Hilfsprogramm der internationalen Kreditgeber. "Darauf beruhend sollen sie nun ihre Vorschläge machen", unterstreicht der Bundesfinanzminister an die Adresse Athens.

Nun prüfen die "Institutionen"

Ihre Reformvorschläge muss die griechische Regierung bereits am Montag vorlegen - und zwar den EU-Finanzministern und den sogenannten Institutionen, die auf Wunsch Athens nicht mehr Troika heißen dürfen. Bereits wenige Stunden später, am Dienstagmorgen, sollen dann die Finanzbeamten des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission das Ergebnis ihres Schnell-Checks vorlegen.

Passen die neuen Athener Reformvorschläge zum Sparprofil des alten Hilfsprogramms? Erst wenn diese Frage am Dienstag mit "Ja" beantwortet wird, wird das Hilfsprogramm anschließend den zustimmungspflichtigen Parlamenten Finnlands, der Niederlande, Estlands und Deutschlands vorgelegt.

Griechenland-Hilfe: Die nächsten Schritte
Heute: EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds wollen bis heute Abend die von Griechenland vorgelegte Liste endgültig bewerten. Wenn die drei das Papier billigen, kann eine viermonatige Verlängerung des aktuellen Hilfsprogramms der Europäer offiziell beschlossen werden - voraussichtlich in einer Telefonkonferenz der Finanzminister. In Ländern wie Deutschland muss auch das Parlament zustimmen.

Freitag, 27. Februar: In einigen Ländern müssen die nationalen Parlamente zustimmen. Die Abstimmung im Bundestag könnte am Freitagvormittag stattfinden.

Samstag, 28. Februar: Eigentlich wäre das schon einmal verlängerte Programm ausgelaufen. Wenn alles bewilligt wird, soll das aktuelle Hilfsprogramm um vier Monate bis Ende Juni verlängert werden.

Bis Ende April: Die griechische Regierung muss bis dahin eine endgültige Aufstellung ihrer Reformpläne vorlegen.

Auch der Bundestag wird gefragt

"Glauben sie nicht, dass dies ein Spaß ist", betonte Schäuble in Brüssel, der erkennbar begrenzte Lust hat, im Bundestag erneut um die Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland zu werben. Athen unterwirft sich dem nur zähneknirschend, weil es dringend die rund 7,2 Milliarden Euro aus dem Hilfstopf braucht, um der Zahlungsunfähigkeit zu entgehen.

"Die Griechen müssen im Kopf haben, dass es anderen in der Eurozone schlechter geht als ihnen", betonte Schäuble. Dennoch wird der Bundesfinanzminister im Bundestag sein Standardargument vortragen. "Da muss ich dem Bundestag sagen - wie ich es seit 2010 fast in jeder Debatte gesagt habe - dass ich finde, dass man in Deutschland über die Sorgen der Menschen in Griechenland nicht so hinweggehen sollte."

Lässt Athen den Versprechen Taten folgen?

Ob dieses eher lustlos vorgetragene Argument den deutschen Bundestag überzeugen wird, ist noch offen. Doch selbst wenn das von Griechenland jetzt nach langem Ringen akzeptierte Hilfsprogramm bis Freitag kommender Woche von den Parlamenten bestätigt wird, fließen erst Ende April die von Griechenland benötigten Milliarden. Vorher prüfen die Kreditgeber noch einmal, ob die Athener Regierung den Reformversprechen auch Taten folgen lässt.

Für Griechenland gehe es jetzt darum, das Vertrauen der anderen 18 Eurostaaten wiederzugewinnen, betont EU-Währungskommissar Pierre Moscovici. Die Verhandlungen in Brüssel seien deshalb so heftig gewesen, weil das verlorene Vertrauen wieder gewonnen werden muss, sagt auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem.

Varoufakis wirkte nachdenklich

Doch wie die griechische Regierung das Vertrauen der Eurogruppe gewinnen soll, ohne das ihrer Wähler zu verspielen, bleibt eine offene Frage. Griechenlands Finanzminister Varoufakis verließ Brüssel mit dem nachdenklichen Satz: "Wenn unsere Reformen nicht funktionieren, dann müssen wir unseren Bürgern und den Euroländern sagen: 'Wir haben versagt.' Und wir müssen dann die Konsequenzen tragen."

Ralph Sina, Ralph Sina, WDR-Hörfunkstudio Brüssel, 21.02.2015 04:33 Uhr