Studie zu Flugverkehr Immer mehr private Flüge in Europa
Greenpeace schlägt angesichts der steigenden Zahl von Flügen mit Privatjets in Europa Alarm. Auch in Deutschland werden wieder mehr Maschinen privat genutzt - dadurch werden Hunderttausende Tonnen an CO2 verursacht.
Daten einer aktuellen Studie zum Flugverkehr in Europa rufen bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace massive Kritik hervor. Hintergrund ist die den Erhebungen zufolge deutlich steigende Anzahl an Flügen in Privatjets und die damit einhergehende zunehmende Belastung für das Klima durch den erhöhten Ausstoß an Treibhausgasen.
Der von dem Forschungsinstitut CE Delft veröffentlichten Studie zufolge wurden im vergangenen Jahr in Europa knapp 572.800 Flüge in privaten Maschinen zurückgelegt. 2021 seien rund 350.000 solcher Flugverbindungen registriert worden, und 2020 waren es etwa 118.750. Dabei sei die niedrige Zahl vorrangig auf die in dem Jahr geltenden Reisebeschränkungen wegen der Corona-Pandemie zurückzuführen.
Durch die privaten Maschinen wurden laut Studienergebnissen im vergangenen Jahr fast 3,4 Millionen Tonnen an CO2 ausgestoßen. Zum Vergleich: Im Vorjahr betrug die Menge demnach rund 1,6 Millionen Tonnen. Für 2020 führt die Studie 354.690 Tonnen an klimaschädlichem CO2 an, welches durch Flüge mit privaten Jets verursacht wurde.
Die Erhebung von CE Delft basiert auf Informationen des Luftfahrtanalyseunternehmens Cirium. Diese beinhalten dem Institut zufolge Daten zu sämtlichen in europäischen Ländern ankommenden und startenden privaten Flügen. Die Datengrundlage umfasst demnach alle EU-Staaten sowie Norwegen, die Schweiz und Großbritannien. Erfasst wurden Verbindungen, bei denen Maschinen mit mindestens drei Sitzen eingesetzt wurden.
Greenpeace fordert EU-weites Verbot von Privatjets
Angesichts der starken Zunahme von Flügen in privaten Flugzeugen pocht Greenpeace erneut auf ein Verbot von Privatjets in der gesamten EU. "Klimaschädliche Privatjets sind die rücksichtsloseste Form der Mobilität", betonte Lena Donat von Greenpeace. Die Mobilitätsexpertin der Organisation mahnte:
Während Superreiche mit Privatjets fliegen, als gäbe es kein Morgen, leiden ärmere Menschen aus dem globalen Süden am stärksten unter den Konsequenzen der Klimakrise.
Mehr als 58.000 private Flugverbindungen in Deutschland
Laut Studie sind in Deutschland im vergangenen Jahr 58.424 private Maschinen gestartet oder gelandet. Damit liege die Bundesrepublik im europaweiten Vergleich auf Platz drei - nur in Großbritannien und Frankreich werden Privatjets noch häufiger genutzt. Durch den Betrieb der privaten Flugzeuge seien in Deutschland 2022 rund 208.645 Tonnen an CO2 angefallen. Im Vorjahr wurden knapp 33.250 private Flüge in Deutschland verzeichnet mit einem CO2-Ausstoß von circa 108.976 Tonnen. Und 2020 wurden bundesweit laut Studienergebnissen 12.765 private Maschinen genutzt, wodurch eine Menge von 29.725 Tonnen an CO2 produziert wurden.
Die meisten privaten Flugzeuge starteten 2022 vom Flughafen Berlin Brandenburg (BER). Am häufigsten geflogen wurde die Strecke zwischen Berlin und Köln, gefolgt von Verbindungen zwischen der Hauptstadt und London oder zwischen München und London. Laut CE Delf war die kürzeste Flugroute von einem deutschen Airport aus die Strecke von Friedrichshafen nach St. Gallen-Altenrhein - was 22 Kilometer Luftlinie sind.
Recherche von NDR und SZ: Privatflüge auf Rekordniveau
Bereits Mitte Januar hatten auch der NDR und die "Süddeutsche Zeitung" über die steigende Zahl an Privatjet-Flügen berichtet, allerdings basierend auf einer anderen Datengrundlage. Die gemeinsamen Recherchen bezogen sich auf Zahlen der Luftkontroll-Organisation Eurocontrol. Und die fielen sogar noch deutlich höher aus als die Ergebnisse der CE Delft-Studie.
Demnach starteten 2022 mehr als 94.000 Flugzeuge aus dem sogenannten Business-Segment von deutschen Flughäfen - und damit etwa 260 Flüge täglich, ein Zuwachs von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Privatjet-Flüge machten laut Eurocontrol im vergangenen Jahr etwa zwölf Prozent des gesamten Flugverkehrs in Deutschland aus.
Ausgehend von diesen Recherchen fielen allein in Deutschland 2022 durch private Flüge mehr als eine Million Tonnen an Treibhausgasen an. Europaweit seien es etwa zehn Millionen Tonnen gewesen.
Im Vergleich gehen die Erhebungen von Eurocontrol und Cirium von unterschiedlichen Kenngrößen aus. Während Cirium Maschinen mit mindestens drei Sitzen erfasst hat, beziehen sich die Daten von Eurocontrol auf Flugzeuge mit mindestens vier Sitzen.
In einer ersten Version dieses Artikels hieß es, die kürzeste Flugroute in Deutschland sei die Strecke Stuttgart-Böblingen gewesen. Tatsächlich wurde der Flugbetrieb in Böblingen bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eingestellt. Das Institut CE Delft hat diesen Fehler in seiner Studie korrigiert. Wir haben auch unseren Artikel berichtigt.