Emissionsfreies Fliegen Airbus forscht am grünen Flugzeug
Schon in gut zehn Jahren will Airbus das vollelektrische Fliegen anbieten. Wie der Konzern dieses Ziel erreichen will - und wie weit die Flugzeugbauer damit sind.
Airbus-Chef Guillaume Faury spürt den Druck. Keine Klimadebatte dieser Tage kommt ohne den kritischen Blick auf die Luftfahrt aus. Fliegen wird immer lauter als Klimakiller angeprangert. Kein Verkehrsträger belastet das Klima mehr. Airbus steuert gegen: Am Rande der "Airbus Innovation Days 2019" in Toulouse verkündet der neue Vorstandsvorsitzende seine Prioritätenliste. Ganz oben steht, den Ausstoß von CO2 zu verringern. Aber Guillaume Faury weiß auch, dass das Projekt noch Zeit braucht.
Erst einmal wird es darum gehen, alte durch moderne Flugzeuge zu ersetzen. Darüber hinaus könnten durch verbessertes Luftverkehrsmanagement bis zu 15 Prozent des Treibstoffverbrauchs und entsprechend auch CO2-Emissionen eingespart werden. Dazu müsse der Einsatz von nachhaltigen Bio-Treibstoffen ausgebaut werden. Klar ist dem Franzosen aber auch: All das wird allein nicht ausreichen, um das emissionsfreie Fliegen zu erreichen.
Faury will ab dem nächsten Jahrzehnt elektrische Antriebe einführen. Das Ziel soll lauten, vollkommen emissionsfrei zu fliegen. Nur: Das wird mit heutigen Batterien nicht funktionieren. Das wissen die Flugzeugbauer. Daher muss die Entwicklung in puncto Wasserstoff, Bio- und synthetische Treibstoffe gepusht werden. Airbus-Chef Faury will das Wachstum ab 2020 klimaneutral gestalten, ab 2035 sollen die CO2-Werte sinken.
Fünf bis sechs neue Flugzeuge pro Tag
Der Flugzeugbauer Airbus feiert in den nächsten Tagen seinen 50. Geburtstag. Zum Jubiläum wurde gerade das zwölftausendste Flugzeug ausgeliefert - eine A220 für Delta Air Lines. Volle Auftragsbücher, die Produktion ist für die kommenden Jahre völlig ausgelastet. Und die Nachfrage lässt nicht nach. "Wir sind in einem Wachstumsmarkt. Mehr als 37.000 Flugzeuge werden in den kommenden 20 Jahren produziert", sagt Chefverkäufer Christian Scherer. Konkurrent Boeing rechnet sogar mit einem Marktvolumen von fast 43.000 Flugzeugen.
Das wären weltweit fünf bis sechs neue Flugzeuge, die Tag für Tag ausgeliefert werden. Denn das Fliegen boomt. Günstige Ticketpreise lassen die Passagierzahlen kräftig steigen. Damit steigt aber auch der CO2-Ausstoß. Durch die zuletzt mehr als robusten Wachstumsraten (zwischen fünf und acht Prozent jährlich) werden die CO2-Einsparungen durch effizientere Antriebe bisher jedoch aufgefressen.
Damit das Wachstum nicht zum Albtraum für die Umwelt wird, hat auch die Politik sich ehrgeizige Ziele vorgenommen. Das EU-Programm "Flightpath 2050" sieht vor: Neue Flugzeuge sollen je Personenkilometer 75 Prozent weniger CO2 emittieren als im Jahr 2000. Und die Emission von Stickoxiden (NOx) soll sogar um 90 Prozent sinken. Auch das ist bei den Flugzeugbauern angekommen. Dieses Ziel hat auch Airbus übernommen.
Eine Simulation des Airbus-Modells "Vahana", das sich derzeit in der Entwicklung befindet.
Die nahe Zukunft für Airbus heißt E-Fan
Mit dem sogenannten E-Fan hat Airbus vor fünf Jahren einen elektrischen Prototypen an den Start gebracht. Ein Zweisitzer, der leer gerade mal 500 Kilogramm wiegt. Gebaut mit Karbon, das macht den Flieger so leicht. Der E-Fan kann 45 Minuten in der Luft bleiben. Reisegeschwindigkeit: 160 Kilometer pro Stunde. Den Strom liefern Lithium-Polymer-Batterien. Die Weiterentwicklung dieses Projekts lautet E-Fan X.
"Emissionsfrei fliegen, das wird nicht nur mit einer Technik funktionieren", erläutert die Technologiechefin Grazia Vittadini. Es gebe noch keinen einheitlichen Standard für elektrisches Fliegen. Airbus setzt unter anderem auf hybrid-elektrische Antriebe. Gedacht seien sie für Kurzstreckenjets - also Flugzeuge, in denen bis zu 100 Passagiere Platz finden. Die Technik fußt auf einem ausgeklügelten System, Gasturbine, Energiespeicher und Elektromotoren arbeiten zusammen.
Flugtaxis sollen Mobilitätsprobleme lösen
Und dann sind da noch die Flugtaxis, um die Mobilitätsprobleme samt Verkehrschaos elektrisch zu überfliegen. Die Projekte stecken noch in den Kinderschuhen. Vahana (der Name bedeutet Zugtier) ist das eine Flugkonzept, das in den USA von Airbus vorangetrieben wird. City Airbus heißt das andere. Die Entwicklung dieses Projekts wurde bei den Experten der Airbus-Helikoptersparte im schwäbischen Donauwörth angesiedelt. Erste umfängliche Flugtests wird es dort frühestens ab Herbst geben.
"Das alles ist keine Modeerscheinung", versichert Vittadini. Die Technologiechefin weiß ebenso gut wie Airbus-Boss Faury: Die Ingenieure müssen jetzt liefern. Schnellstmöglich. Aber das heißt für den City Airbus: wohl frühestens 2025 - und dann längst noch nicht für den Massenmarkt. Bis zum ersten vollelektrischen emissionsfreien Wochenendtrip nach Barcelona werden sich Passagiere wohl noch gedulden müssen.
Das Modell "City Airbus", von vielen Medien auch "Flugtaxi" genannt, soll Mobilitätsengpässe in der Stadt lösen.