EU-Gipfel in Brüssel Fiskalpakt ohne London und Prag
Die Euroländer und fast alle anderen EU-Staaten haben sich selbst strengere Haushaltsdisziplin verordnet - zwei Staaten blieben beim in Brüssel vereinbarten Fiskalpakt allerdings außen vor: Großbritannien und Tschechien. "Ein wichtiger Schritt zu einer Stabilitätsunion", sagte Kanzlerin Merkel dennoch.
Von Martin Bohne, ARD-Hörfunkstudio Brüssel
Der Fiskalpakt für eine strenge Haushaltsdisziplin ist beschlossene Sache. Die Staats- und Regierungschefs der EU einigten sich auf einen Vertragstext, der nun auf dem nächsten Gipfel im März unterzeichnet werden soll. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist das ein sehr erfolgreiches Ergebnis und angesichts der Tatsache, dass der Pakt erst im Dezember angeschoben wurde, auch zeitlich eine Meisterleistung.
"Ich glaube, dass das ein wichtiger Schritt zu einer Stabilitätsunion ist", sagte Merkel. "Und das dies auch gerade für die, die Europa und die Eurozone von außen betrachten ganz wichtig ist, dass wir uns zu diesen zusätzlichen Verpflichtungen bekannt haben."
Zwei sind nicht dabei
Allerdings gibt es einen Wermutstropfen: Nicht nur Großbritannien bleibt außen vor, auch die Tschechen machten einen Rückzieher. "Der tschechische Ministerpräsident", so Frankreichs Staatschef Nicholas Sarkozy, "hat uns informiert, dass er aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht teilnehmen will."
Also wird es ein Vertrag der 25 sein. Das sind die 17 Euroländer und acht Nicht-Euro-Staaten. Das wichtigste Element des Pakts ist für Bundeskanzlerin Merkel, dass Schuldenbremsen in jede nationale Verfassung festgeschrieben würden und bindend für die Verabschiedung von Budgets seien.
Schuldenbremse bedeutet: Das Haushaltsdefizit eines Staats darf künftig nicht höher als 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sein. Staaten die nach Ansicht der EU-Kommission die Schuldenbremse nicht verbindlich genug verankern, können vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt werden. Am Ende droht sogar eine saftige Geldstrafe.
Außerdem verpflichten sich die Teilnehmerstaaten bei Strafverfahren wegen eines zu hohen Haushaltsdefizits über den EU-Vertrag hinauszugehen: Empfiehlt die EU-Kommission die Einleitung eines solchen Strafverfahrens soll das von den Euro-Finanzministern nur noch mit qualifizierter Mehrheit verhindert werden können.
Merkel bleibt beim "Sparkommissar" im Ungefähren
Die dramatische Lage in Griechenland spielte nur am Rande eine Rolle. Der griechische Regierungschef Lukas Papademos berichtete über die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt. Diskutiert wurde darüber nicht.
Allerdings hatte im Vorfeld ein deutsches Positionspapier für Aufregung gesorgt. Darin wird die Einsetzung eines EU-Sparkommissars vorgeschlagen, der ein Vetorecht gegen Ausgabenentscheidungen der griechischen Regierung bekommen soll.
Frankreichs Staatschef Sarkozy zog nun einen Schlussstrich unter die Debatte: "Es kommt überhaupt nicht in Frage, ein Land unter Kuratel zu stellen. Das ist nicht vernünftig, das ist nicht demokratisch und das ist nicht effektiv." Und im übrigen habe ihm die Kanzlerin versichert, dass sie genauso darüber denke.
Die derart Zitierte selbst wollte sich jedoch nicht so eindeutig äußern. Man habe sich im Oktober auf ein neues Hilfspaket für Griechenland geeinigt und da sei schon eine Überwachung des griechischen Anpassungsprogramm durch die EU-Kommission und die Troika vereinbart worden. "Das war damals schon eine Überwachungsvereinbarung, von der wir jetzt überlegen, wie man sie noch wirksamer machen kann", sagte Merkel. "Deshalb ist das in der Qualität nichts Neues." Und das geschehe auch in dem Geist, Griechenland zu helfen, aus eigener Kraft seiner Aufgaben wieder erfüllen zu können.
Investieren ja, aber kein Konjunkturprogramm
Die Staats- und Regierungschefs haben außerdem ein Programm für die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums vereinbart - damit soll ein Gegengewicht zu den harten Sparprogrammen zur Bekämpfung der Schuldenkrise geschaffen werden. Gipfelchef Herman Van Rompuy sagte, dass die Verringerung der Defizite mit der Schaffung von Arbeitsplätzen Hand in Hand gehen müssen: "Wir müssen die Defizite reduzieren, aber nicht unsere Investitionen in die Zukunft, in die Bildung und in Umweltprojekte. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen muss gesteigert werden, die Anreize zur Einstellung von Mitarbeitern müssen größer werden."
Dabei handele es sich jedoch nicht um ein neues Konjunkturprogramm, machte Van Rompuy klar. Vielmehr soll in den EU-Fördertöpfen bereits vorhandenes Geld besser eingesetzt werden. Besonders zur Senkung der vor allen in südeuropäischen Ländern erschreckend hohen Jugendarbeitslosigkeit und zur Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen.