Verhandlungen über Euro-Fiskalunion Ein Anfang oder nur Absichtserklärungen?
In Brüssel sind erneut EU-Beamte zusammengekommen, um den Vertrag für einen Fiskalpakt in der Eurozone voranzubringen. Beobachter erwarten, dass sich die Verhandlungspartner bis Ende Januar einigen werden. Doch viele Fachleute meinen, die Maßnahmen seien unzureichend.
Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Klar ist eigentlich nur die grundsätzliche Richtung, in die es gehen soll: ein Vertrag für mehr Stabilität in der Europäischen Union. Bereits vor dem Treffen der Experten kursierten Vertragsentwürfe in Brüssel. Daraus wird deutlich: In den Details müssen die Scherpas, wie die Verhandlungsführer genannt werden, noch einiges klären.
Eine bedeutende Frage derzeit ist, wie lange der Vertrag gelten soll. Die Kommission würde den Vertrag gerne zeitlich begrenzen - auf fünf Jahre etwa. In der Zeit soll der Vertrag dann doch in den Lissabonner Vertrag eingearbeitet werden. Das geht derzeit nicht, weil Großbritannien sich weigert. Deswegen wollen alle anderen 26 Mitgliedsländer erst einmal alleine eine zusätzliche Vereinbarung aushandeln.
"Ein Anfang"
Das Bemühen der 26 EU-Staaten gehe in die richtige Richtung, sagt Fabian Zuleeg vom Think-Tank European Policy Center in Brüssel. Es sei ein Anfang, meint er. "Viele Dinge in dem Vertrag sind wichtig und müssen jetzt behandelt werden." Auch die Märkte achteten nun darauf, dass etwas passiere, aber es reiche nicht, kritisiert Zuleeg
Der Vertrag sieht vor, dass alle beteiligten Staaten in ihren Verfassungen Schuldenbremsen einführen müssen. Außerdem soll die Kommission die Haushalte kontrollieren und im Notfall auch eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof anstrengen können. Die Bestrafung soll automatisch erfolgen.
Zuleeg fordert darüber hinaus eine Diskussion darüber, wie "wir Wachstum gerade in den Ländern, die von der Krise am Stärksten betroffen sind, wecken können". Griechenland, Italien, Spanien, Portugal und Irland müssten alle wachsen, denn "ohne Wachstum werden sich die Probleme nicht lösen lassen". Die Mitgliedsländer argumentieren, das geschehe, aber eben an anderer Stelle. Der Vertrag für eine Fiskalunion solle erst einmal die Ursachen der Finanzkrise bekämpfen.
"Nur Absichtserklärungen"
Nur die Schuldenbremsen seien gut, sagt hingegen der Direktor vom Institut Center for European Policy Studies, Daniel Gros. Das ganze Drumherum seien wiederum nur Absichtserklärungen, kritisiert er. "Absichtserklärungen, die wir so schon mindestens zehn Mal gesehen haben."
In der Tat: längst hat das EU-Parlament 2011 ein umfassendes Paket für mehr Haushaltsdisziplin verabschiedet - gemeinsam mit dem Rat und der Kommission.
Offen ist auch noch die Frage, wie groß das Hintertürchen bei den Schuldenbremsen sein soll. Zuleeg meint, man müsse "eben auch überlegen, dass solche Schuldenbremsen immer ein Element von Flexibilität haben müssen. Und da kommt dann sofort die Frage, wer entscheidet dann, unter welchen Umständen es erlaubt ist, die Schuldenbremse auszusetzen oder nicht."
Ratspräsidentschaft und Mitgliedsstaaten wollen die Verhandlungen noch im Januar abschließen. Am 30. Januar treffen sich die Staats- und Regierungschefs und könnten abschließend über das Papier abstimmen - im März soll es dann unterschrieben werden.