Treffen der Euro-Finanzminister Schäuble mahnt zur Eile
Bis Anfang Juli braucht Griechenland frisches Geld - andernfalls droht die Zahlungsunfähigkeit. Die Finanzminister der Euro-Länder beraten deshalb über die Zahlung von zwölf Milliarden Euro an Athen. Bundesfinanzminister Schäuble nannte die Lage "zeitkritisch" und warnte in der ARD vor Gefahren, die größer sein könnten als bei der Lehman-Pleite.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat in der Bewältigung der Griechenland-Krise zur Eile gemahnt. "Griechenland braucht die Auszahlung der nächsten Tranche Anfang Juli." Wenn die nicht ausgezahlt werden könne, weil Voraussetzungen nicht erfüllt seien, "dann hätte Griechenland in der Tat ein größeres Problem und deswegen ist die Sache zeitkritisch", sagte er im Bericht aus Berlin.
Die Finanzminister der Euro-Gruppe beraten heute und morgen in Luxemburg die Lage und wollen den Weg für die nächste Tranche des ersten Notkredits an Athen in Höhe von zwölf Milliarden Euro frei machen. Sollte das Geld bis Anfang Juli nicht fließen, wäre Griechenland pleite. Bevor tatsächlich Geld überwiesen werden kann, muss das griechische Parlament aber noch den zusätzlichen Sparmaßnahmen zustimmen. Die Entscheidung über die Auszahlung der Tranche fällen aber nicht die Finanzminister, sondern die Staats- und Regierungschefs, die sich am Donnerstag treffen. Dann geht es auch um einen zweiten Notkredit an Griechenland in Höhe von bis zu 120 Milliarden Euro.
Griechenland müsse Zeit verschafft werden, damit es sich wieder selber Geld am Finanzmarkt verschaffen könne, so Schäuble weiter. Die Voraussetzung dafür seien weitere Sparanstrengungen der Regierung in Athen und an Anspringen der griechischen Wirtschaft. Sollten jetzt Fehler gemacht werden und das Land schlimmstenfalls zahlungsunfähig werden, dann könnten die wirtschaftlichen Gefahren größer sein als bei der Lehman-Pleite im Jahr 2008, so der deutsche Finanzminister.
Schäuble dennoch zuversichtlich
Schäuble zeigte sich trotzdem auch zuversichtlich, dass es eine Verständigung innerhalb der Euro-Gruppe geben werde: "Aber wir sind nicht so weit auseinander, im Prinzip ist klar, worum es geht." Zugleich appellierte er an private Gläubiger, sich an der Rettung zu beteiligen: "Es ist im gemeinsamen Interesse, dass wir die gemeinsame europäische Währung stabil halten und das Risiko kann nicht allein die Gemeinschaft der europäischen Steuerzahler tragen." Bei dem Treffen in Luxemburg wollen die Minister auch Vorschläge erarbeiten, wie private Gläubiger für die Kosten der Rettung in die Pflicht genommen werden können. Auf Details wollte Schäuble nicht eingehen.
Griechenland bemüht sich derweil um das Vertrauen der anderen Euro-Länder. Am Rande des Treffens in Luxemburg sicherte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos zu, dass sein Land die versprochenen Maßnahmen zur Reduzierung des Haushaltsdefizits einhalten werde. Der erst am Freitag zum Finanzminister ernannte Venizelos kam in Luxemburg erstmals mit den Kollegen aus den anderen Euro-Ländern zusammen. Das Treffen in Luxemburg sei für ihn "eine sehr gute Gelegenheit, die große Entschlossenheit der griechischen Regierung zu bekräftigen sowie den starken Willen des griechischen Volkes", das von der EU und dem Internationalen Währungsfonds auferlegte Sparprogramm umzusetzen, sagte Venizelos.
Belgische Warnung vor Dominoeffekt
Der belgische Finanzminister Didier Reynders schlug am Rande des Treffens in Luxemburg zudem vor, die anstehende Tranche an Griechenland auf sechs Milliarden Euro zu halbieren. In einem Interview mit der französischen Wirtschaftszeitung "La Tribune" warnte er zugleich: "Wenn Griechenland als erstes Land zahlungsunfähig wird, werden sich die Blicke auf andere Länder wie Irland, Portugal, Spanien, Italien und vielleicht auch Belgien und Frankreich richten." Diplomaten nannten es am Rande des Euro-Finanzministertreffens in Luxemburg ungewöhnlich, dass Reynders, einer der dienstältesten Kassenhüter in Europa, auch Frankreich nannte, das bisher nicht im Fokus der europäischen Schuldenkrise stand.
Ex-Minister Steinbrück ist skeptisch
Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück war indes skeptisch, dass die griechische Finanzkrise mit einer sogenannten sanften Umschuldung zu bewältigen sei. "Ich glaube, dass wir nicht mehr über das Ob, sondern nur noch über das Wie eines richtigen Schuldenschnitts für Griechenland reden müssen", sagte der SPD-Politiker im Bericht aus Berlin. Vermutlich müssten zeitgleich einige Bank eine Konsolidierung durchführen. Ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro hielt Steinbrück für eine "Katastrophe". Es dürfe aber auch kein Schrecken ohne Ende fabriziert werden. Es dürfe nicht ein Kreditpaket nach dem anderen geben, ohne dass sich die wirtschaftliche Lage Griechenland grundlegend ändere.
Steinbrück machte die Zustimmung der SPD im Bundestag zu weiteren Griechenland-Hilfen von Bedingungen abhängig: "Wir werden am kurzen Ende einer Stabilisierung Griechenlands die Hand reichen und auch die Hand reichen müssen, aber ich denke, wir werden stärker Bedingungen formulieren müssen, wie es denn weitergeht, damit wir nicht in immer kürzeren Halbwertszeiten von einem Kreditpaket zu dem anderen stolpern, ohne dass sich etwas fundamental ändert."
Auch Gabriel will Schuldenschnitt
SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte die von der Bundesregierung angestrebte freiwillige Beteiligung von Banken und Versicherungen an einer Lösung der Griechenland-Krise. Wie in jeder Insolvenz müssten erst einmal die Gläubiger "eigene Beiträge bringen", sagte Gabriel im ZDF. Was jetzt angestrebt werde, sei nichts anderes als eine Verlängerung der Kredite mit niedrigeren Zinsen. Immer neue Darlehen dienten nur dazu, alte Darlehen zu finanzieren, sagte der SPD-Vorsitzende. Notwendig sei aber ein echter Schuldenschnitt. "Je länger wir mit der Gläubigerbeteiligung warten, desto mehr werden die Steuerzahler bluten müssen."