Neues Schwarzbuch Die größten Fehltritte börsennotierter Konzerne
Im "Schwarzbuch Börse" fasst die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger die größten Pleiten und Skandale am Aktienmarkt zusammen. Welche Unternehmen im vergangenen Jahr negativ aufgefallen sind.
Mal wieder eine Bank, mal wieder die Banker, das Management und die Aufsicht: Die Aktie der Schweizer Bank Credit Suisse hat 2007 bei über 90 Schweizer Franken notiert, am Ende wurden die Aktionäre mit 76 Rappen abgespeist - bei der Übernahme durch die Großbank UBS. Marc Liebscher Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sagt dazu: "Es wurden nicht die notwendigen Konsequenzen aus dem Fall Credit Suisse gezogen."
Windkraft Desaster bei Siemens Energy
Doch auch aus dem deutschen Aktienleitindex DAX hat es mal wieder ein Unternehmen in das Schwarzbuch der SdK geschafft: Siemens-Energy mit dem Windkraft-Desaster. Die Aktie hat 2023 für einen DAX-Wert ein seltenes Kunststück gleich zweimal hinbekommen: einen Tagesverlust von rund einem Drittel. Siemens Energy ist weiter im deutschen Leitindex. Gibt es da nun Hoffnung?
"Ob es Hoffnung gibt bei Siemens Energy, das kann leider im Moment nur der Vorstand von Siemens Energy beantworten, weil allein die - so hoffen wir - Einsicht haben in das, was bei ihrer Tochter Gamesa schiefläuft", sagt Liebscher.
Und auch ein ehemaliger DAX-Konzern, der frühere bayerische Zahlungsdienstleister Wirecard, hat es nach 2020 nochmals ins Schwarzbuch geschafft. "Am meisten überrascht hat uns die schleppende Aufarbeitung des Wirecard-Skandals", so der SdK-Vorstand. Skandale, Missstände und Pleiten - Wirecard ist der bislang größte Wirtschaftsskandal der Bundesrepublik. Auf allen Ebenen komme die Aufarbeitung nicht schnell genug voran, kritisiert das neue Schwarzbuch.
"Geringe Kapitalmarktkompetenz bei Behörden"
Auch auf weitere Enttäuschungen am Aktien- und am Anleihemarkt weist die SdK hin - insbesondere bei Anleihen von mittelständischen Unternehmen. So prangert die Schutzgemeinschaft Behördenversagen an. "Allgemein haben wir bei den deutschen Behörden ganz geringe Kapitalmarktkompetenz. Sei es bei Gerichten, sei es bei Staatsanwaltschaften", sagt Liebscher. "Wann immer wir Verwerfungen am Kapitalmarkt haben, sind Gerichte, Staatsanwaltschaften, aber auch die Aufsichtsbehörden wie die BaFin dem nicht gewachsen."
Wobei neue Gesetze nicht immer helfen. So findet sich das "StaRug" im Schwarzbuch - das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen. Für Privatanleger bringt es aus Sicht der SdK auf Druck der Finanzlobby Risiken. "Das StaRug gibt sinnvolle Möglichkeiten Unternehmen zu restrukturieren, aber es kann auch missbraucht werden, um Aktionäre intransparent und gegen ihren Willen aus dem Unternehmen zu drängen. Und wir befürchten, dass das 2024 noch massiv zunehmen wird."
Geldanlage in ETFs mindert Risiken
Dennoch lautet das wichtige positive Fazit von SdK-Vorstandsmitglied Marc Liebscher. "Man darf nicht anhand dieser Einzelkatastrophen auf die Aktie und den Aktienmarkt insgesamt schließen. Das ist auch ein Fehler, den die Deutschen sehr gerne machen."
Von daher rät die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger auch dazu, das eigene Geld breit gestreut in Fonds oder ETFs (Exchange Traded Funds) anzulegen - gerade am Anfang, bevor man dann in gewissem Rahmen auch Einzelaktien oder Anleihen ins Depot nimmt. Der Tipp: Anleger sollten sich immer Informieren und bei den eigenen Investments am Ball bleiben.