Ein Straßenschild der Wall Street in New York.
marktbericht

DAX kurz über 16.000 Unsicherheit regiert

Stand: 02.05.2023 22:13 Uhr

Angesichts wichtiger Termine in dieser Woche zogen sich viele Anleger an der Wall Street vom Markt zurück. Mit einem besonders kuriosen Handelsverlauf konnte der DAX aufwarten.

Unmittelbar vor gewichtigen Terminen sind die Aktienmärkte deutlich unter Druck geraten. Nach der Notübernahme der First Republic Bank durch JP Morgan ist die Nervosität ohnehin hoch. Nun stehen mit den Zinsentscheidungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) am Mittwoch und der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag wichtige Weichenstellungen an. Am Freitag folgt der ebenfalls meist kursbewegende US-Arbeitsmarktbericht. Der Dow Jones büßte nach einem wechselhaften Verlauf 1,1 Prozent ein.

Besonders nach Veröffentlichung der Industrieaufträge für März ging es abwärts. Mit einem Zuwachs von 0,9 Prozent zum Vormonat blieben die Bestellungen hinter den Erwartungen zurück. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Plus von 1,1 Prozent gerechnet, nach einem abwärts revidierten Rückgang von 1,1 Prozent im Februar.

Auch Technologiewerte schnitten schwach ab. Der Nasdaq 100 schloss 0,9 Prozent tiefer.

"Die Investoren wollen in dieser Woche endlich Klarheit darüber bekommen, wie es mit den Zinsen weitergeht und die Notenbanker die aktuelle und zukünftige Lage der Wirtschaft einschätzen", sagte Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets. Die meisten Beobachter erwarten, dass beide Notenbanken ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte anheben, um der hohen Inflation endlich Herr zu werden. Für die USA erhoffen sich die Investoren mehr Klarheit darüber, ob die Fed bereits in diesem Jahr über erste Lockerungen nachdenkt.

Bei der EZB ist noch länger kein Ende der Straffungen absehbar. Nach Monaten mit nachlassendem Preisschub hat sich die Inflation im Euroraum im April wieder leicht verstärkt, was den Druck auf die Zentralbank erhöht. Rückenwind für die Tauben im EZB-Rat, also die Anhänger einer lockereren Geldpolitik, kam dagegen von frischen Daten zur Kreditvergabe im Euroraum. Laut einer EZB-Umfrage haben die Banken in der Eurozone ihre Kreditvergabestandards im ersten Quartal erneut spürbar verschärft, das Wachstum der Darlehen an Unternehmen und private Haushalte schwächte sich weiter ab.

Der deutsche Markt zeigte einen bemerkenswerten Verlauf. In den ersten Handelsminuten sprang der DAX kurz über die Marke von 16.000 Punkten, was ihm erstmals seit Januar 2022 wieder gelang. Doch diese dynamische Bewegung erwies sich als "Bullenfalle", also einen Fehlausbruch auf der Oberseite. Getreu einer alten Börsenweisheit folgen auf solche Fehlausbrüche häufig dynamische Abwärtsbewegungen. Das deutsche Börsenbarometer fiel denn auch um 1,2 Prozent unter seinen Schlusskurs vom Freitag.

Update Wirtschaft vom 02.05.2023

Anne-Catherine Beck, HR, tagesschau24, 02.05.2023 09:58 Uhr

Der Euro war nach Veröffentlichung der Euro-Inflationsdaten unter Druck geraten. Am späten Abend wurden für einen Euro aber wieder 1,1004 Dollar gezahlt. Vergangene Woche war die europäische Gemeinschaftswährung noch bis auf 1,1094 Dollar und damit den höchsten Stand seit über einem Jahr gestiegen. Die Feinunze Gold kostete am späten Abend 2016 Dollar.

Die Ölpreise beschleunigten ihre Kursverluste vom Wochenauftakt. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli 75,45 Dollar und damit 5,1 Prozent weniger. Marktbeobachter erklärten den Preisrückgang unter anderem mit Sorgen über eine schwächere konjunkturelle Entwicklung in China. Zuletzt hat sich die Stimmung in Industriebetrieben der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt deutlich eingetrübt. Verglichen mit Jahresbeginn hat sich Erdöl deutlich verbilligt, obwohl das Ölkartell OPEC+ eine Senkung der Fördermenge beschlossen hat.

Die Aktie von Uber konnte von überraschend guten Zahlen profitieren. Der Fahrdienst-Vermittler und Essenslieferant setzte im ersten Quartal mit 8,73 Milliarden Dollar 29 Prozent mehr um. Das Betriebsergebnis erreichte mit 761 Millionen Dollar ein Rekordhoch. Für das laufende Quartal stellte das Unternehmen nun ein Betriebsergebnis von 800 bis 850 Millionen Dollar in Aussicht. "Ubers führende Marktposition und Diversifikation verhelfen zu einem stabilen und zunehmend profitablen Handelsgeschäft", lobte Analyst Tom White vom Research-Haus D.A. Davidson.

Mit Abstand größter Kursgewinner im DAX war die Infineon-Aktie. Sie profitierte von guten Branchendaten: Unternehmen wie ON Semiconductor und NXP Semiconductors hatten mit ihren Quartalszahlen die Erwartungen am Markt übertroffen.

Der Energiekonzern RWE setzt beim Ausbau der Windenergie an Land auf Siemens Gamesa. Bis 2027 will RWE in Europa Onshore-Windparks mit einer Gesamtleistung von 1000 Megawatt mit Anlagen von der Siemens-Energy-Tochter errichten. Finanzielle Details wurden nicht genannt.

Der Autobauer BMW und der Stromversorger E.ON wollen die Elektroautos ihrer Kunden künftig so mit deren Haus und mit dem Stromnetz verbinden, dass sie solar- und lastoptimiert laden. Ein neues System lade das Auto mit möglichst viel Strom aus der heimeigenen Photovoltaik-Anlage und balanciere die im Haus verfügbare Strommenge optimal aus, teilten die beiden Konzerne mit.

Mit der Erholung der Lufthansa von der Corona-Krise rückt nach Einschätzung von Vorstandschef Carsten Spohr der Aufstieg in den DAX näher. "Die Kapitalmärkte haben wieder großes Vertrauen in den Kranich", so Spohr laut Redetext zur Hauptversammlung am 9. Mai. Die Marktkapitalisierung sei mit mehr als elf Milliarden Euro nur 2017 höher gewesen.

Im MDAX sackte die Aktie von ProSiebenSat.1 auf einen weiteren Tiefststand seit Dezember. Nach der fast gänzlichen Streichung der Dividende für 2022, die am Freitag einen Kurssturz verursacht hatte, brach sie damit in zwei Handelstagen um fast 22 Prozent ein. Analysten von Exane BNP Paribas und Societe Generale senkten ihre Einstufungen, letztere drehten dabei gar von "Buy" auf "Sell".

Die Quartalsergebnisse von Stabilus kamen bei Anlegern nicht gut an. Das MDAX-Unternehmen hatte im zweiten Geschäftsquartal von einer anziehenden Autoproduktion in Europa und einem guten Industriegeschäft in Nordamerika profitiert. Einige Analysten hatten aber mit einem noch besseren Abschneiden gerechnet.

Die Rüstungsunternehmen Rheinmetall und Krauss Maffei Wegmann (KMW) haben ihren Rechtsstreit um die Urheberrechte am "Leopard 2"-Panzer beigelegt. Das Landgericht München I setzte die für den Vormittag geplante mündliche Verhandlung kurzfristig wieder ab. "Die Parteien haben sich verglichen", hieß es. Zum Inhalt der Einigung machte das Gericht keine Angaben.

Die VW-Nutzfahrzeugholding Traton (MAN, Scania, Navistar, Volkswagen Truck & Bus) hat nach dem guten Abschneiden im ersten Quartal - wie bereits in Aussicht gestellt - ihr Renditeziel für das Gesamtjahr angehoben. Der Konzern rechnet nun mit einer operativen Umsatzrendite vor Sonderposten von sieben bis acht Prozent.

Der Shop Apotheke ist im Tagesgeschäft die Rückkehr in die schwarzen Zahlen gelungen: Das bereinigte Quartalsergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) stieg auf 8,8 Millionen Euro, nachdem ein Jahr zuvor wegen hoher Kosten noch ein Minus von 4,3 Millionen Euro angefallen war.

Der bayerische Flugtaxi-Pionier Lilium will mit Hilfe einer 250 Millionen Dollar schweren Kapitalspritze sein Luftfahrzeug weiterentwickeln. Das Geld decke den größten Teil der Entwicklungskosten bis zum ersten bemannten Flug des "Lilium Jet" ab, der für das zweite Halbjahr 2024 geplant ist, teilte das Unternehmen mit. Mindestens 100 Millionen Dollar will der Großaktionär Tencent beisteuern. Laut Zahlen des Datenanbieters Refinitiv hält der chinesische Technologiekonzern bereits 23,4 Prozent an Lilium. Seit dem Börsendebüt im September 2021 hatten Sorgen, dass dem Start-up vor dem Marktstart das Geld ausgehen könnte, die Aktie um mehr als 95 Prozent abstürzen lassen.

Der ehemalige DWS-Vorstandschef Asoka Wöhrmann hat beim Augsburger Immobilien-Investor Patrizia angeheuert und soll dort bald Firmengründer Wolfgang Egger an der Spitze des Unternehmens ablösen. Der 57-jährige Wöhrmann sei schon seit 1. Mai als "designierter CEO" an Bord und werde nach einer kurzen Einarbeitungszeit alleiniger Vorstandschef, teilte Patrizia mit.

Das gestiegene Interesse von Hedgefonds schürte Spekulationen auf einen Bieterwettkampf um die Software AG. Die Aktie notierte am Abend mit 33,22 Euro deutlich über der Offerte des Finanzinvestors Silver Lake von 30 Euro. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg hat Bain Capital Anteile des Darmstädter Unternehmens zusammengekauft. Auch der aktivistische Investor Elliott soll bei dem TecDAX-Unternehmen eingestiegen sein, um von einem möglichen Bieterwettstreit zu profitieren.

Mit Abstand größter Gewinner im SDAX war die Aktie der SGL Group. Der Kohlenstoffspezialist dürfte nach Einschätzung der Deutschen Bank allmählich die Früchte seiner Umstrukturierung ernten. Analyst Lars Vom Cleff stufte die Titel von "Hold" auf "Buy" hoch und erhöhte das Kursziel von 9,30 auf 13,00 Euro.

Im Ringen um eine Anpassung der Verträge mit der EU zum Kauf von Impfstoffen gegen das Coronavirus sind Pfizer und BioNTech laut "Financial Times" zu Preisnachlässen bereit. Für jede von etwa 70 Millionen stornierten Impfeinheiten könnten zehn Euro und damit rund die Hälfte des vereinbarten Preises bezahlt werden.

Der Computer-Konzern IBM will einige Tätigkeiten künftig von Software auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI) erledigen lassen. So könnten etwa in der Personalverwaltung in fünf Jahren rund ein Drittel der Stellen durch KI und Automatisierung ersetzt werden.

Die Ankündigung von BP, bei Aktienrückkäufen künftig Tempo herauszunehmen, kam am Markt nicht gut an. Der Ölkonzern hatte im ersten Quartal die niedrigeren Öl- und Gaspreise zu spüren bekommen. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn fiel um rund ein Fünftel auf knapp fünf Milliarden US-Dollar.

Mit deutlichen Gewinnen reagierte die Aktie der HSBC auf die aktuellen Quartalszahlen. Die britische Großbank hat im ersten Quartal dank zweier Sondereffekte unerwartet viel verdient. Die Analysten von Goldman Sachs sprachen von starken Zahlen. Zudem will das Geldhaus eigene Aktien für bis zu zwei Milliarden Dollar zurückkaufen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 02. Mai 2023 um 09:00 Uhr.