Goldbarren
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Goldpreis auf Rekordhoch Das steckt hinter der Gold-Euphorie

Stand: 06.03.2024 14:41 Uhr

Der Goldpreis ist auf einen historischen Höchststand gestiegen. Einen direkten Auslöser für den Preissprung gab es nicht. Warum aber ist Gold dann so teuer wie noch nie?

Von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Gold ist so teuer wie noch nie in seiner Geschichte. Gestern sprang der Preis für eine Feinunze des gelben Edelmetalls an der Börse in London auf 2.141 Dollar und übertrumpfte damit das alte Rekordhoch vom Dezember. Auch in Euro erreichte der Goldpreis mit 1.974 ein Allzeithoch.

Es ist die Krönung einer bemerkenswerten Rally. So hatte es Gold in den vergangenen drei Jahren stets nur kurzfristig geschafft, über die 2.000 Dollar zu lugen. Doch seit Mitte Dezember unterschritt das gelbe Edelmetall die psychologisch wichtige Marke fast gar nicht mehr.

Zinshoffnungen als Kurstreiber bei Gold?

Besonders bemerkenswert: Für den jüngsten Preissprung gab es keinen offensichtlichen, direkten Auslöser. Marktbeobachter wie Anleger rätseln: Was sind die Gründe für das Rekordhoch? Eine Erklärung, die häufig genannt wird, ist die Spekulation auf Zinssenkungen in den USA.

Zwar dürften die Zinsen erst später und weniger stark sinken wie ursprünglich erhofft - aber sie werden sinken. So argumentiert etwa die Rohstoffexpertin der Commerzbank Thu Lan Nguyen: "Die US-Notenbank dürfte zwar erst später damit beginnen, ihre Zinsen zu senken, abgeblasen sind die Zinssenkungen aber nicht."

Warum der Goldpreis (meistens) vom Realzins abhängt

Tatsächlich hing die Gold-Entwicklung in der Vergangenheit vor allem von der Entwicklung der US-Zinsen ab, genauer gesagt: der Realzinsen. Der Realzins ist, vereinfacht gesagt, die nominale Rendite von zehnjährigen US-Staatsanleihen abzüglich der Inflationsrate.

Steigende Realzinsen machen Gold, das selbst keine Zinsen abwirft und auch nicht wie eine Aktienanlage Dividenden oder wie ein Immobilieninvestment Mieten zahlt, weniger attraktiv. Die Logik dahinter: Wer heute ein Gramm Gold erwirbt, wird auch in 100 Jahren nur ein Gramm Gold besitzen. Das spricht grundsätzlich erst einmal gegen Gold als Anlageform. Umgekehrt wird eine Hausse des Goldpreises typischerweise von einem Rückgang der Realzinsen begleitet.

Emal Atif, HR Börsenstudio, über das Rekordhoch des Goldpreises

tagesschau, 06.03.2024 17:00 Uhr

Umso verwunderlicher, dass die jüngste Gold-Rally seit Herbst vergangenen Jahres zu weiten Teilen bei steigenden und deutlich positiven Realzinsen stattfand. Aktuell notiert der US-Realzins bei knapp zwei Prozent und damit in etwa auf dem Niveau des Sommers 2023 - von seinem Rekordtief von über minus einem Prozent ist er weit entfernt.

Zentralbanken kaufen verstärkt Gold

Hinter der Goldpreis-Rally muss also mehr stecken als die Spekulation auf sinkende Zinsen. Die Branchenorganisation World Gold Council (WGC) verweist auf das große Interesse der Notenbanken an dem Edelmetall. Zuletzt habe sich die Kaufserie der Zentralbanken auf höchstem Niveau fortgesetzt.

"Im vergangenen Jahr erreichte die Nachfrage mit 1.037 Tonnen den zweithöchsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen und lag damit nur 45 Tonnen unter dem Vorjahreswert", so der WGC. Ungewöhnlich hohe Goldkäufe verzeichnete die Organisation von Seiten Chinas, gefolgt von Polen, Singapur, Libyen, Tschechien und Indien.

Gold als sicherer Hafen?

Experten zufolge sind nicht zuletzt die geopolitischen Risiken im Nahen Osten und der Ukraine sowie neuerdings im Roten Meer wichtige Treiber der Goldnachfrage. Sie verweisen auf das Image von Gold als "sicherer Hafen" für Anleger. Der steigende Goldpreis ist in dieser Perspektive auch ein Anzeichen für eine immer unsicherere Welt.

Folgt man dieser Sichtweise, so könnte auch der jüngste Erfolg von Donald Trump bei den Vorwahlen der Republikaner in den USA zum Goldpreis-Rekordhoch sein Scherflein beigetragen haben. Schließlich rechnen nicht wenige Ökonomen mit einer Wiederauflage des Handelskrieges zwischen den USA und China, sollte der Ex-Präsident von den US-Wählern eine zweite Chance bekommen.

Auch Bitcoin mit Rekordhoch

Für die Argumentation pro Gold als "sicherer Hafen" spricht dabei auch der gestern Nachmittag nahezu zeitgleich erfolgte Anstieg des Bitcoin auf ein Allzeithoch von über 69.000 Dollar. Viele Anleger sehen in der Kryptowährung eine Anlagemöglichkeit, um sich gegen Krisen in der Welt und auf den Finanzmärkten abzusichern.

Hat Gold noch Aufwärtspotenzial?

Was die weiteren Aussichten für das gelbe Edelmetall anbelangt, verweisen Experten auf die vielen Unsicherheiten bezüglich der künftigen Zinspolitik der Fed. So ist noch nicht einmal die angepeilte erste Zinssenkung im Juni in trockenen Tüchern. Auch vor diesem Hintergrund ist Rohstoff-Analystin Nguyen überzeugt: "Eine leichte Abwärtskorrektur in den kommenden Tagen aufgrund von Gewinnmitnahmen wäre nicht verwunderlich."

Ist die Gold-Stärke also schon bald wieder passé? Davon ist nicht zwingend auszugehen. Seit den Sanktionen des Westens gegen Russland versuchen die Notenbanken vieler Schwellenländer, sich unabhängiger aufzustellen. Länder wie etwa Polen und Tschechien, die nicht dem Euro-Raum angehören, können durch Gold-Käufe zudem ihre eigene Währung stärken. Das dürfte das Interesse an Gold seitens der Notenbanken weiter hochhalten.

Viel wird aber auch davon abhängen, wie sich die großen Konfliktherde Ukraine und Naher Osten entwickeln werden. Vor dem Hintergrund eines womöglich neu aufflammenden Handelskrieges zwischen den USA und China dürfte auch der Ausgang der US-Präsidentschaftswahl die Zukunft des Goldpreises mit beeinflussen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. Dezember 2022 um 23:38 Uhr.