Verivox-Analyse Zinsrückgang bei Festgeld beschleunigt sich
Nachdem die Zinsen für längerfristige Sparanlagen schon Ende 2023 erstmals wieder gesunken waren, hat sich der Rückgang im neuen Jahr nochmals beschleunigt. Experten fordern nun Maßnahmen von der EZB.
Trotz unverändert hoher Leitzinsen im Euroraum bekommen Sparer inzwischen weniger für längerfristig angelegtes Geld als zu Jahresbeginn. In den ersten Wochen 2024 habe sich der Rückgang der Zinsen beschleunigt, hieß es in einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox von rund 800 Banken und Sparkassen.
"In allen untersuchten Laufzeiten sind die durchschnittlichen Festgeldzinsen bundesweit aktiver Banken in den ersten drei Wochen des Januars stärker gesunken als im gesamten Vormonat", sagte Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. Die Zinswende gewinne "weiter an Kontur".
Banken preisen erwartete Zinsentwicklung ein
Am stärksten war der Rückgang laut der Analyse bei Festgeld, das Sparer für fünf Jahre anlegen. Im Schnitt boten bundesweit aktive Banken dafür zum Stichtag 19. Januar 2,81 Prozent Zinsen. Zum Jahresanfang waren es noch 3,01 Prozent gewesen. Bei zweijährigem Festgeld verringerte sich der Durchschnittszins von 3,24 auf 3,09 Prozent. Die Zinsen einjähriger Anlagen sanken von 3,27 auf 3,20 Prozent.
"Bei Termingeldern preisen Banken die erwartete Zinsentwicklung wegen der festen Laufzeiten schon im Voraus ein", erklärte Maier. Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die hohe Inflation die Zinsen im gemeinsamen Währungsraum seit Juli 2022 zehn Mal in Folge erhöht hatte, wird inzwischen über erste Zinssenkungen im Sommer spekuliert. Heute steht die aktuelle geldpolitische Entscheidung der Notenbank an.
Bei einer Inflation von aktuell 3,7 Prozent "rutscht die reale Rendite sicherer Spareinlagen wieder ins Negative", teilte Verivox weiter mit. Allerdings gebe es weiterhin vereinzelt Banken mit Zinssätzen oberhalb der Teuerungsrate für Festgeld. Kaufkraftverluste seien daher auch im aktuellen Marktumfeld "kein Naturgesetz".
Bislang kein Rückgang der Tagesgeldzinsen
Bei Tagesgeld, auf das Sparer jederzeit zugreifen können, stellte Verivox bislang im Marktschnitt keine sinkenden Zinsen fest. Aktuell liege der Durchschnittszins bundesweit verfügbarer Angebote bei 1,72 Prozent. Zu Jahresbeginn waren es 1,71 Prozent.
"Ihre Konditionen für täglich verfügbare Einlagen können die Kreditinstitute jederzeit an geänderte Marktbedingungen anpassen. Darum zeigen sich Zinsumschwünge beim Tagesgeld häufig etwas später", so Maier.
Auf einem Festgeldkonto wird Erspartes dagegen für einen bestimmten Zeitraum angelegt. Sparer können in dieser Zeit nicht über das Geld verfügen, deshalb sind die Zinsen in der Regel höher als beim Tagesgeld. Am Ende der Laufzeit fließt das angelegte Geld verzinst zurück.
Banken profitieren laut Experten zu sehr von hohen Zinsen
Eine Gruppe aus Wirtschaftsexperten und Europaabgeordneten kritisierte derweil das Verhalten der Banken in der Eurozone. Die Geldhäuser profitierten zu sehr von den hohen Leitzinsen. Die EZB müsse darauf reagieren, sonst riskiere sie die Akzeptanz der Bevölkerung, hieß es einem gestern veröffentlichten offenen Brief an den EZB-Rat. Durch den Einlagenzins von 4,0 Prozent der EZB streichen die Banken danach aktuell risikofreie Gewinne in Höhe von 140 Milliarden Euro ein.
Der Zinssatz gibt an, zu welchen Konditionen die Geschäftsbanken ihr Geld über Nacht bei der EZB parken können. Unternehmen und Kunden der Banken bekämen indes oftmals deutlich weniger Zinsen - eben beispielsweise auf ihr Tages- oder Festgeldkonto. "Daher profitieren Privathaushalte nicht von den hohen Zinssätzen der EZB, während sie trotzdem die Kosten der höher bezinsten Kredite und Hypotheken tragen müssen", kritisieren die 13 Unterzeichner des Briefes.
Die EZB hatte darauf bereits im Juli reagiert und den Zinssatz von einem Prozent auf die Mindestreserve gestrichen. Dabei handelt es sich um Geld, das die Banken bei der Zentralbank hinterlegen müssen. Derzeit sind sie verpflichtet, in einem bestimmten Zeitraum ein Prozent ihrer Verbindlichkeiten auf Zentralbankkonten zu halten. Das Kollektiv forderte nun in einem weiteren Schritt, diesen verpflichtend einzulagernden Satz zu erhöhen, um die Gewinne der Banken weiter zu begrenzen.