Umgang der Banken mit Daten Finanzberater auf elektronischem Kundenfang
Computerprobleme von Banken können für Kunden schnell zum Ärgernis werden. Wie sehr Institute und Finanzierer IT-Systeme bereits bei der Beratung einsetzen, bekommen sie meist gar nicht mit.
Für Kundinnen und Kunden sind Bankcomputer in drei Fällen problematisch: erstens, wenn sie bei Fragen mit stupiden Computerstimmen telefonieren müssen. Weit drastischer ist die Lage, wenn wegen Computerproblemen der Zugang zum eigenen Konto gestört ist. Der dritte Fall ist der schlimmste - doch den bekommen Kunden meistens gar nicht mit: wenn der Computer persönliche, statistische und Marktdaten so kombiniert, dass man einen Vertrag gern abschließt, auch wenn es nicht ein wirklich gutes Angebot sein muss. Es ist dann jedenfalls ein gutes Geschäft für die Bank.
Harte Verkaufsrealität
Wie das funktioniert, wurde diese Woche bei der "Handelsblatt"-Tagung "BankenTech" in Frankfurt deutlich. "Wir sorgen dafür, dass mehr Menschen sich den Traum vom Eigenheim erfüllen können", sagte Marcus Fienhold, Computer-Vorstand des Geldvermittlers Interhyp. Was Fienhold berichtete, hatte nichts mit Träumen zu tun, sondern mit harter Verkaufsrealität. Das Interhyp-Computersystem sorge für eine optimale "Kundenreise" (wörtlich: "Customer Journey"). In jeder wesentlichen Situation des Kontakts zu Kunden werde intern abgewogen: "Was führt zu Abschlüssen?"
Analysiert wird laut Vorstand Fienholt: "Wie konvertiert ein Kunde am Telefon, per Video oder vor Ort im Gespräch?" "Konvertieren" bezeichnet in der Sprache der Verkaufsprofis den Wechsel von einem Interesse zum Geschäftsabschluss. Seit drei Jahren sei bei Interhyp eine Künstliche Intelligenz mit Namen Roberta im Einsatz. Die beurteilt den Kunden, das zu kaufende Haus und die Gegend, um dann den passenden Berater für den persönlichen Geschäftsabschluss zu vermitteln. Auch die Frage "Welche Berater haben in solchen Fällen gut konvertiert?" werde elektronisch beantwortet. Das habe bereits zu "signifikanten Verbesserungen" geführt, sagte Fienhold.
Vorbehalte bei Banken
Vertreter konservativer Banken äußerten sich am Rand der Veranstaltung weit zurückhaltender als die Fraktion der Verkäufer und Vermittler. Der hemmungslose Gebrauch von Daten, die Kunden in anderem Zusammenhang preisgegeben hätten, sei problematisch. "Wir dürfen die Daten nicht auswerten", sagte ein Banker.
Doch Banken arbeiten mit externen Computer-Dienstleistern zusammen. Melanie Kehr, im Vorstand der staatlichen Förderbank KfW für Informationstechnologie zuständig, sagte, es sei oft ein "schwarzes Loch", was Dienstleister von Banken bekämen und wie sie es verarbeiteten. "Da habe ich den größten Bauchschmerz", sagte Kehr, die eine Selbstverpflichtung der Branche zum Vermeiden von rein provisionsgetriebener Datenverarbeitung anregte.
Eine Frage der Datensicherheit
Es geht nicht nur um das, was aus Kundendaten gemacht wird. Es geht auch um die Sicherheit der Kundendaten an sich. Das "Handelsblatt" berichtete vor drei Wochen über Diebstahl von 144.000 Datensätzen beim Dienstleister Majorel. Besonders betroffen waren Postbank, ING, Deutsche Bank und Norisbank.
Die Deutsche und die Postbank kämpfen seit einem halben Jahr mit massiven Computerproblemen. Nach jahrelangem Hin und Her sollten die Postbank-Kunden auf die Rechner der Konzernmutter Deutsche Bank umgestellt werden. Danach waren und sind - mit sinkender Tendenz - viele Konten für die Eigentümer unerreichbar.
Manche Rechner uralt
Für die Deutsche Bank, die die Postbank seit 2009 nach und nach übernahm, sind Computerprobleme Alltag. Der damalige Bankchef John Cryan nannte die Systeme vor acht Jahren "lousy", zwei Jahre später war von "antiquiert" die Rede.
Alte Systeme sind branchentypisch. "Wir haben teilweise 30 Jahre alte Codezeilen", sagte Boris Brandwirth von Atruvia, der Rechenzentrale der Genossenschaftsbanken bei der "Handelsblatt"- Tagung.
Was bei Kunden ankommt
Einerseits wollen alte Systeme im laufenden Betrieb saniert werden. Gleichzeitig gilt es, neue Anwendungen und moderne Dienstleistungen in die Rechensysteme ein- und anzubauen. Nicht immer gelingt das zur Freude der Kunden. Zwei Manager von Google stellten bei der "BankenTech" einen künstlichen Computermenschen vor, der selbständig Kundenfragen beantwortet. Die versammelten Ingenieure waren vom Stand der Technik begeistert. Die Nicht-Ingenieure fanden es hölzern, albern und anspruchslos.
Hoffnung für Kunden kam von Robert Pineker von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Genossenschaftsbanken. In Zukunft sollen Anrufer in Callcentern nicht mehr eine Vielzahl persönlicher Informationen mit einer Computerstimme austauschen müssen: "Das kann alles ein Bot". Bots sind Computerprogramme, die selbständig arbeiten.