EU-Lateinamerika-Gipfel Europa umgarnt Lateinamerika
Kanzlerin Merkel hat am zweiten Tag des EU-Lateinamerika-Gipfels in Santiago de Chile eine positive Bilanz gezogen. Die Beziehungen seien "eng, aufgeschlossen und dynamisch". Beide Seiten bemühen sich, Handelsschranken abzubauen - auch um den wachsenden wirtschaftlichen Einfluss Chinas auszugleichen.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel, zzt. Santiago de Chile
Die chilenischen Gastgeber haben den Abgesandten aus 60 europäischen, lateinamerikanischen und karibischen Staaten einiges geboten. Am Abend des ersten Gipfeltages gab es eine spektakuläre Reitershow und ein ebenso spektakuläres Dinner. Aber gewiss nicht nur deshalb zieht die Bundeskanzlerin eine positive Bilanz des Mammutgipfels von Santiago.
"Es ist der 4. Gipfel, den ich besuche und ich habe noch keinen Gipfel erlebt, an dem die Beziehungen so eng, so aufgeschlossen und so dynamisch sind. Deshalb glaube ich, dass wir nach diesem Gipfel eine gute Periode haben werden, um voran zu kommen", erklärte Merkel. Auch von lateinamerikanischer Seite werde dies inzwischen sehr stark gewollt, auch um den stark gewachsenen chinesischen Einfluss auszubalancieren.
Europa müsse da nun seine Stärken ausspielen. "Dazu gehört Know-how in Wissenschaft und Technologie, unsere guten und klaren Investitionsbedingungen und unsere Erfahrungen, die wir gerne weitergeben, zum Beispiel bei der Berufsausbildung für Facharbeiter", sagt Merkel.
Kampf gegen Eurokrise wird positiv gewertet
Natürlich ist auch die Eurokrise ein Thema in Santiago. Auf dem Höhepunkt dieser Krise hatten große lateinamerikanische Staaten wie Brasilien und Mexiko die Europäer immer wieder dringend aufgefordert, ihr Haus in Ordnung zu bringen. Nun konnten die Eurostaaten von großen Fortschritten bei der Bewältigung der Schuldenkrise berichten. "Dieses Signal ist angekommen und das wird hier sehr positiv bewertet", so Merkel.
Besorgt äußerte sich die Bundeskanzlerin allerdings über protektionistische Tendenzen in einigen südamerikanischen Ländern. Damit meint sie vor allem Argentinien. Dort werden europäische Einfuhren systematisch behindert. Letztes Jahr wurde auch ein spanisches Unternehmen verstaatlicht.
Verhandlungen über Freihandelszonen stocken
Und auch bei den Freihandels-Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten, dazu gehören Argentinien und Brasilien, komme man nicht wie gewünscht voran. "Wir verhandeln nun schon 13 Jahre und sind noch nicht zum Ende gekommen. Von europäischer Seite wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass wir da vorankommen. Und ich habe das gestern in meinem Gespräch mit der brasilianischen Präsidentin auch noch einmal unterstrichen", sagte Merkel.
Zumindest haben sich nun die Mercosur-Staaten dazu verpflichtet, bis Ende des Jahres ein Angebot über die Marktöffnung bei Waren, Dienstleistungen und landwirtschaftlichen Produkten vorzulegen, so EU-Handelskommissar Karel de Gucht. Ein solches Abkommen dürfe Argentinien aber nicht schaden, schränkte Staatschefin Christina Fernandez de Kirchner allerdings umgehend ein.
Insgesamt sieht Merkel aber die Länder, die in Lateinamerika auf Freihandel setzen, stark in der Überzahl. "Wenn sie sich Abschlussdokument anschauen, dann sind viele Positionen, die für uns wichtig sind, in diesem Dokument enthalten. In diesem wird der Abbau von Handelsbarrieren gefordert. Protektionismus in welcher Form auch immer wird abgelehnt. Ebenso wie Zwangsmaßnahmen, die den internationalen Handelsregeln widersprechen.