Gipfel zum EU-Haushalt ohne Ergebnis EU-Staaten finden keine gemeinsame Richtung
Kanzlerin Merkel hat mit ihrer Vorahnung Recht behalten: Der Sondergipfel zum EU-Haushaltsrahmen für die Jahre 2014 bis 2020 ist ohne Einigung zu Ende gegangen. Die Staats- und Regierungschefs brachen ihre Suche nach einem Kompromiss ergebnislos ab - von einem "Scheitern" will aber keiner sprechen.
Der EU-Sondergipfel zum Haushaltsrahmen bis zum Jahr 2020 ist ergebnislos abgebrochen worden. Die Differenzen zwischen den verschiedenen Lagern von Nettozahlern, Empfängerstaaten und Befürwortern hoher Agrarsubventionen erwiesen sich im ersten Anlauf für eine Einigung als unüberbrückbar.
Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen nun Anfang kommenden Jahres einen neuen Anlauf unternehmen, um sich auf den Haushaltsplan für den Zeitraum von 2014 bis zum Ende des Jahrzehnts mit einem Umfang von etwa einer Billion Euro zu einigen. Ein Termin dafür steht noch nicht fest. Litauen nannte ein Treffen im Januar oder Februar als wahrscheinlich.
Nettozahler verlangen weitere Kürzungen
Die 27 EU-Regierungen sowie Kroatien, das 2013 beitreten soll, hatten zusammen mit dem EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso seit Donnerstag beraten, wie der siebenjährige Finanzrahmen aussehen soll. Van Rompuy hatte dazu einen Kompromissentwurf vorgelegt, der ein Volumen von rund 1008 Milliarden Euro vorsah. Das war aber etwa von Großbritannien, Schweden, den Niederlanden und Deutschland als zu viel kritisiert worden.
Die großen Nettozahler pochen auf weitere Kürzungen in der Größenordnung von rund 30 Milliarden Euro gegenüber dem Kompromissvorschlag Van Rompuys. Ärmere Staaten vor allem im Osten und Süden des Kontinents wehrten sich jedoch gegen weitere Streichungen. Aus den Brüsseler Geldtöpfen werden Bauern, strukturschwache Regionen und Verkehrs- und Energievorhaben finanziert.
Merkel: "Ein ausreichendes Maß an Potenzial für eine Einigung"
Politiker aus verschiedenen Ländern wiesen aber den Eindruck völliger Zerstrittenheit zurück. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, "die bilateralen Gespräche und die konstruktive Diskussion heute Mittag haben ein ausreichendes Maß an Potenzial für eine Einigung erbracht." Sie hatte schon am ersten Gipfeltag betont, dass sie nicht mit einer Einigung bei diesem Gipfel rechne. Dies sei aber auch nicht dramatisch, hatte sie hinzugefügt. Denn auch Anfang 2013 sei noch Zeit für eine Einigung.
Großbritanniens Premierminister David Cameron, dessen harte Haltung lange Zeit als Haupthindernis für eine Einigung angesehen wurde, sagte, eine Einigung sei "absolut machbar". Die Mitgliedstaaten verstünden einander jetzt besser.
Van Rompuy verweist auf Erfahrungen früherer Gipfel
Es gebe keinen Anlass für eine Dramatisierung, betonte Van Rompuy. Bereits vor sieben Jahren sei ein Gipfel zu den langfristigen EU-Finanzen gescheitert. Damals hatte es schließlich einen Kompromiss nach einer Wartezeit von sechs Monaten gegeben.
Sollten sich die Regierungen tatsächlich gar nicht einigen können, wird es in der EU ab 2014 automatisch nur noch jährliche Haushalte statt des siebenjährigen Finanzrahmens geben. Eine solche Entwicklung wird als schwere Belastung vor allem für die ärmeren EU-Staaten gesehen, die Planbarkeit bei den für sie wichtigen EU-Strukturhilfemitteln brauchen, mit denen sie wichtige Infrastrukturprojekte finanzieren.
Mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) legt die EU Obergrenzen und Schwerpunkte ihrer Haushalte fest. Für einen Zeitraum von sieben Jahren werden unter anderem die maximalen Gesamtausgaben und die Verteilung auf wichtige Aufgabenbereiche vereinbart. Innerhalb dieser Vorgaben müssen sich später die jährlichen Etats bewegen.
Wie der MFR zustande kommt, ist im Vertrag von Lissabon festgelegt. Es handelt sich im Kern um eine Verordnung. Den Vorschlag dafür legt die EU-Kommission vor. Im nächsten Schritt verhandeln die Regierungen der EU-Staaten über einen Kompromiss, sie können die MFR-Verordnung nur einstimmig beschließen. Zuvor muss aber auch das Europaparlament zustimmen. Wegen des drohenden Vetos beeinflussen die Änderungswünsche der Parlamentarier die Beratungen der Regierungen der EU-Staaten. Kommt es nicht rechtzeitig zu einer Einigung, gelten die Obergrenzen des letzten Jahres aus dem vorangegangenen MFR zunächst weiter.