Abschaffung der Roaming-Gebühren 90 Tage müssen reichen
Beim Urlaub im europäischen Ausland unbeschwert telefonieren und surfen - seit Jahren ist in der EU die Abschaffung der Roaming-Gebühren geplant. Nächsten Juni soll es endlich so weit sein. Aber wohl doch mit Einschränkungen: 90 Tage sollen reichen.
Eigentlich sollten EU-Bürger schon längst im europäischen Ausland ohne Zusatzkosten telefonieren, SMS schreiben und mobil im Internet surfen können. Die sogenannten Roaming-Gebühren, die die Mobilfunkbetreiber bei einer Nutzung im Ausland aufschlagen, sollten bereits vor Jahren abgeschafft werden. Doch immer wieder wurde das Aus verschoben, nicht zuletzt auf Druck der Länder mit großen Mobilfunkanbietern: Spanien, Italien, Großbritannien - und eben auch Deutschland.
Immerhin sorgte die EU-Kommission aber dafür, dass die Roaming-Kosten über die Jahre immer weiter sanken. Zuletzt war das Ende April der Fall. Und am 15. Juni 2017 soll es dann endlich so weit sein: Dann, so lautete vor einem guten Jahr die Ansage aus Brüssel, fielen die Gebühren wirklich weg.
Nur 30 Tage am Stück
Für den durchschnittlichen Touristen eine gute Nachricht. Viel reisende Mobilfunkkunden sollten sich allerdings nicht zu früh freuen. In einem Entwurf für die Regelung ab Juni 2017 sieht die EU-Kommission vor, dass Handynutzer im EU-Ausland nur einen begrenzten Zeitraum lang ohne Zusatzkosten telefonieren und im Internet surfen können. 90 Tage pro Jahr sind in der sogenannten "Fair Use Policy" (etwa: Regel zur angemessenen Verwendung) vorgesehen. Ein solches Kontingent dürfe praktisch jeden Bedarf von Privat- und Geschäftsreisenden decken, heißt es in dem Entwurf. Grenzpendler sollen zudem über eine Sonderregelung ausgenommen sein.
Allerdings gibt es noch einen wichtigen Zusatz: Nach 30 Tagen Aufenthalt im Ausland sollen Betreiber ein Einwählen im Heimatnetz verlangen können. Ein längerer Aufenthalt im EU-Ausland, zum Beispiel während eines Praktikums, würde damit schon zu Problemen führen.
In Brüssel sieht man in der Begrenzung keinen Widerspruch zu den bisherigen Aussagen: Die Einzelstaaten und das EU-Parlament hätten von Anfang an zur Bedingung gemacht, dass Missbrauch ausgeschlossen werden müsste. Das stelle man so sicher, erklärte Kommissions-Sprecherin Nathalie Vandystadt.
Mit den Einschränkungen will die Kommission verhindern, dass Kunden bei einem billigeren ausländischen Anbieter einen Vertrag abschließen, ihn aber nur im Heimatland nutzen. "Wenn Sie sich in einem anderen EU-Land eine günstigere SIM-Karte besorgen und die dann dauerhaft zu Hause benutzen, dann 'roamen' Sie ja nicht mehr", so Vandystadt. Ein solches Verhalten schädige die nationalen Anbieter und könne längerfristig zu steigenden Preisen führen. Der Entwurf soll noch mit der EU-Telekom-Regulierungsbehörde Berec und den einzelnen EU-Staaten besprochen werden.
Als Grund für die Roaming-Gebühren nennen die Mobilfunkanbieter unter anderem die sogenannten Terminierungsentgelte bzw. Interkonnektionsentgelte. Diese berechnen sich die Netzbetreiber untereinander, wenn ihre Kunden ein fremdes Netz mitbenutzen. Da viele große Konzerne wie Vodafone oder Telefonica länderübergreifend Netze betreiben, waren die Entgelte immer wieder heftig kritisiert worden.
Der europäische Verbraucherschutz-Verband BEUC bemängelt, das lange versprochene Ende des Roamings werde für die meisten nun doch keine Realität. Und die Grünen im EU-Parlament halten das 90-Tage-Roaming für eine Farce. "Ein gemeinsames Europa darf nicht bei der Telefonrechnung enden", mahnt der netzpolitische Sprecher Michel Reimon.
Vorauseilender Gehorsam einiger Anbieter
Einige Anbieter verzichten inzwischen auch schon ganz auf Roaming-Gebühren und ermöglichen es ihren Kunden, ihre monatlichen Datenpakete auch im EU-Ausland zu nutzen. Oft gilt dies aber nur für neuere Verträge und geht mit einer Erhöhung der monatlichen Vertragskosten einher. Es heißt also für reisende Mobilfunkkunden weiterhin: Augen auf! Denn spätestens, wenn man die EU verlässt, fallen weiterhin hohe Roaming-Gebühren an.
Mit Informationen von Kai Küstner, ARD-Studio Brüssel