EZB-Direktorium Europaparlament lehnt Herrn Mersch ab
Er ist keine Frau - und soll deshalb nach dem Willen des Europaparlaments nicht ins EZB-Direktorium aufrücken: Die Abgeordneten votierten mehrheitlich gegen die Ernennung von Yves Mersch. Bindend ist das Votum allerdings nicht - die Euro-Finanzminister können es überstimmen.
Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Das Ergebnis der Abstimmung war knapp: 325 Abgeordnete stimmten gegen den Luxemburger Yves Mersch als Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank. 300 Parlamentarier waren für ihn, 49 Personen enthielten sich der Stimme.
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber zeigte sich enttäuscht, die Christdemokraten waren für Mersch: "Ich halte Mersch für einen der ganz wenigen Zentralbänker, der weiß, worum es beim Euro geht, die in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie sich für einen stabilen Euro einsetzen, und deswegen gehört so jemand wie Herr Mersch unbedingt ins Direktorium der EZB."
"Das ist archaisch"
Die Abgeordneten, die gegen Mersch stimmten, stimmten aber aus einem ganz anderen Grund gegen ihn: Sie hatten eine Frau für das Direktorium der EZB gefordert. In dem sechsköpfigen Gremium sitzen ausschließlich Männer. Deswegen hatte das Parlament den Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, und die Euro-Finanzminister aufgefordert, eine Frau als Kandidatin zu benennen.
Die französische Abgeordnete der Liberalen, Sylvie Goulard, kritisierte, dass die Finanzminister auf die Bitte des Parlaments noch nicht einmal eingegangen seien: "Können wir ein so wichtiges Gremium wie das Direktorium der Europäischen Zentralbank bis 2018 ohne eine Frau bestätigen? Das heißt, der Hälfte der Bevölkerung das Gefühl zu geben, dass sie keine Stimme dort hat. Das ist archaisch." Goulard unterstrich, dass immer mehr Menschen Europa kritisch wahrnehmen. Dazu führen aus ihrer Sicht auch solche Entscheidungen.
Vorgeschobene Gründe gegen Mersch?
Dem widerspricht der CSU-Politiker Markus Ferber: "Ich habe eher das Gefühl, dass hier eine Argumentation vorgeschoben wurde. Zudem ist Herr Mersch Vertreter eines stabilen Euros, nicht eines Euros, der für die Wirtschaftspolitik weich gemacht wird, und deswegen ist dieses vorgeschobene Argument auch dazu gedacht gewesen, keine Stabilitätsdiskussion führen zu müssen." Der Vorwurf ist vor allem an die Adresse der Sozialdemokraten gerichtet. Sie seien gegen Mersch, weil der Luxemburger für eine Sparpolitik steht.
Mersch machte aus seiner Position bislang kein Geheimnis. "Ich sehe nicht, in welcher Hinsicht wir mit einer höheren Inflationsrate ein Ziel erreichen könnten, das der sozialen Stabilität der Wirtschaften in Europa Genüge tun könnte", sagte er im Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments.
Der Vorsitzende der SPD-Abgeordneten im Europaparlament, Udo Bullmann, wies den Vorwurf zurück. Es gehe ausschließlich darum, Frauen in den Führungsetagen der EZB zu fördern.
Die Finanzminister können Mersch trotz der Abstimmung ins Direktorium der EZB entsenden. Das Votum des Parlaments ist nicht bindend. Doch das Signal dürfte fatal sein, wenn die Minister die Volksvertreter einfach außen vor lassen.